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Ich wachte öfters mitten in der Nacht auf, ich nahm an, dass es Nacht war, denn in diesem Raum gab es weder eine Uhr, noch ein Fenster.
Es hing nur eine Glühbirne von der Decke, die den Raum schwach beleuchtete.
An den Wänden, dem Boden und sogar an der Decke klebte getrocknetes Blut.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, wir hätten sowas nicht zu Hause, doch ich war selten drinnen. Ich war eher für Auftragsmorde zuständig. Nicht für Folter.

Die bis dato geschlossene Tür ging mit einem Schwung auf und schon stand er drinnen. Ich rollte mit den Augen.

„Nicht erfreut, mich zu sehen? Ich bringe dir dein Essen.", grinste Boris.

Hühnersuppe und drei Scheiben Brot. Ich hatte schon Hunger, um ehrlich zu sein, doch die Suppe konnte vergiftet sein.
Skeptisch sah ich ihn an.
„Was? Du glaubst doch nicht ernsthaft ich hätte sie- was? Wirklich?", lachte er schwach und nahm selbst ein Löffel und einen Biss von der Brotscheibe.

Sicher. Wie es aussah.
„Mach mich los, wie soll ich sonst essen?", fragte ich und er setzte sich wieder gegenüber mir hin.
„Ich füttere dich."
Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass er es ernst meinte, als er das Brot in Stücke riss und es in die Suppe legte.

Der Bastard dachte doch nicht ernsthaft, er durfte mich füttern? Mich, die Mafiaprinzessin der Georgiews.

Amüsant. Kein Mann hatte und dufte seine Hand jemals wieder in meine Nähe bewegen.
Nie. Wieder.

Er kam auf meinen Mund mit dem Löffel zu und ich drehte meinen Kopf weg.
„Du scheiß verwöhnte Göre! Du isst das jetzt!", schrie er und ich schlug ihm mit meiner Schulter den Teller aus der Hand.

Er schaute jetzt den zerbrochenen Teller an und die Suppe, die sein Hemd befleckt hatte.
„Scheiß Göre.Das war ein Fehler, verdammt.", sagte er unter seinem Atem und krempelte die Ärmel des versauten Hemdes rauf.

Er kam auf mich zu und ich witterte die Chance.
Ich löste meine Hände und griff nach dem Messer auf dem Tisch neben ihm. Das geschah so schnell, ich war selbst stolz auf mich.

Ich stürzte mich auf ihn und war nun über ihm, mit dem Messer an seiner Kehle.
„Ich bring dich um.", flüsterte ich.
Plötzlich klickte eine Waffe und ich spürte den Lauf an meiner Stirn.

Er hatte sie also immer bei sich. Das hätte ich wissen sollen.
Ich war etwas neben der Spur, müde und hungrig eben.
„Wer schneller ist.", antwortete er. Wir beide verweilten so für eine Zeit und ich sah, wie ihm eine Schweißperle die Stirn runterlief. Er schluckte und ich spürte seinen Adamsapfel unter dem Messer.

Meine Hände wurden auch nass vom Schweiß. Es war eine extrem angespannte Situation.
Keiner gab nach.

Ich drückte meine Stirn gegen den Lauf und er seinen Hals ans Messer.
Wir waren beide verrückt.

Aus dem Nichts stürmten drei Männer in den Raum und hielten mir ihre Waffen entgegen.
Ich war so genervt.
Langsam nahm ich das Messer von Boris' Hals und brach den Augenkontakt mit den Männern nicht.

Ich hielt es jetzt ganz weg von ihm und er stand auf.
„Lass es fallen.", befahl er und mir schoss die Wut nur so in den Kopf. Ich hasste es, wenn mir andere Männer Befehle gaben. Und diesen hier befolgte ich auch noch.
Unfassbar.

„Boris, was ist hier los?", fragte ein vierter Mann, der gerade den Raum betrat. Ich saß auf dem Boden und war gerade dabei, das Messer wegzuwerfen.

Er war sichtlich älter als Boris und seine Hampelmänner.
Boris' Vater?
Konnte sein.

„Ist sie das?", fragte er und trat jetzt ganz ein.
Boris nickte und trat zur Seite.
„Athena?", fragte mich der Alte.

Ich hielt das Messer fester denn je in meiner Hand und er sah das auch.
„Wenn du mich umbringst, wird mein Sohn nicht gerade erfreut darüber sein."
Also doch sein Vater.

Ich seufzte und schmiss es weg.
„Also mein Kind, wieso schickt Vladimir dich? Seine eigene Tochter. Hat er gar kein Mitgefühl oder keine Angst, deine Leiche zugeschickt zu bekommen?", fragte er und meine Augen waren kühl, wie eigentlich immer.

Das Grün in ihnen strahlte schon lange nicht mehr. Seitdem nicht mehr.

„Ich bin der Assassine und als einziges Kind auch der Nachfolger meines Vaters. Mich kann man nicht so leicht umbringen. Und wenn, dann zerre ich dich mit in die Hölle.", grinste ich und er schaute auf meine Hände, er kniete sich vor mir nieder.

„Hast du dich so befreit, mein Kind?", fragte er und ich antwortete nicht.

„Bringt sie ins Krankenzimmer. Ihr Daumen ist schon blau und lila."

Als ich aufstand, hörte ich alle Waffen nochmal klicken.
„Kleine Sicherheitsvorkehrung." lächelte mir Boris' Vater zu.

„Ich bin Ivan, nebenbei.", stellte er sich vor und tat so, als ob er ein stinknormaler Mensch wäre und nicht der Kopf des gefährlichsten Clans Russlands. Ihm gehörte die Stadt. Bald auch noch mehr.
Deswegen sollte ich seinen Sohn umbringen. Damit alles in sich zusammenfällt und wir die Herrschaft kriegen.

Wortlos gingen wir durch die Stahltür und auf dem Weg analysierte ich alles.

Wir waren ganz sicher in ihrer Residenz, denn es war so persönlich eingerichtet. Es hingen Bilder von Ivan, Boris und einer blonden Frau an den Wänden. Wahrscheinlich seine Mutter.

Es war alles in weiß und schwarz gehalten. Der Boden war aus Marmor und die Wände mit Bildern oder Gemälden geschmückt. Auf den Fluren standen viele Skulpturen herum.
Als wir vor einem Zimmer standen, merkte ich sofort, dass wir uns vor dem Krankenzimmer befanden, denn überhalb der Tür war ein Kreuz.

„Setze dich rein, der Arzt kommt gleich.", sagte Ivan und legte seine Hand auf meine Schulter. Sofort versteifte ich mich.

„Nicht anfassen.", hisste ich und er gab seine Hand weg.
Boris kam mit mir rein und wir warteten auf den Arzt.

„Das ist also dein Vater.", fing ich eine Unterhaltung an.
Er nickte, seine Augen wichen nicht von mir.
Wahrscheinlich damit ich nichts anstelle.
Ich seufzte und wir warteten auf den Arzt.

Stillschweigend.

💀

Assassin youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt