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„Athena.", sagte ich und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit füllten sich meine Augen mit Tränen.
Ich ging auf sie zu und ihre Waffe klickte. Das war die, die ich ihr geschenkt hatte. Sie war es wirklich.
„Komm mir nicht näher. Ich will dich was fragen, Aleksandrov."
Wieso klang sie so kühl?
„Erinnerst du dich nicht mehr an mich?", fragte ich und trat näher. Erst jetzt sah ich, dass sie Brandnarben auf ihren Armen hatte. Sie trug ein Turtleneck ohne Ärmel. Sie hatte sich nie versteckt. So war sie.
Sie hatte einen Cut über der Augenbraue, wahrscheinlich auch vom Brand.
„Seit fast zwei Jahren beobachte ich dich schon. Den Mann, der Blumen an mein Grab legt."

Mein Körper erstarrte komplett. Das war wirklich wahr. Sie war hier. Bei mir.
„Wieso? Wer bin ich für dich?", fragte sie und die Spannung zerfraß mich. Ich wollte sie nur umarmen.
„Du bist die Frau in meinem Kopf. Die Frau, die ich nie vergaß und die, die ich nie aufgehört habe zu lieben."
Sie schaute mich zuerst ernst an, doch dann grinste sie spöttisch.
„Ich kenne dich nicht und du mich nicht, lass die Spielchen sein."
Langsam kam sie hervor und ging in dem Zimmer herum. „Niemand kennt dich besser, als ich. Ich kenne deine Psyche, deinen Kopf und... und deinen Körper. Auswendig."
„Noch ein Wort und du hast eine Kugel im Kopf, Aleksandrov.", sagte sie drohend. Doch ich kannte sie zu gut.
„Boris für dich.", antwortete ich und fragte mich, wie sie sich nicht erinnerte. Das hatte sicher etwas mit dem Unfall zu tun. Nur das konnte es sein. Oder Trauma oder eine Gehirnerschütterung.
„Ich kenne Typen wie dich. Du mich aber nicht."
„Das warst du letztens mit dem Kind, hab ich nicht recht? Lana, oder?", fragte ich und sofort senkte sie ihre Waffe.

„Lass sie da raus."
Ich sah mich jetzt etwas um und sah erst jetzt die Spielsachen. Sie waren schön in einer Ecke geschlichtet. Sehr viele. Ich griff zu einem der Plüschtiere. Ein Teddybär.
War das mein Kind? Sie war ungefähr zwei Jahre alt. Es würde passen.

„Von wem ist Lana? Bist du ihre Mutter?"
„Das geht dich verdammt nochmal nichts an.", fauchte sie und stand mir mittlerweile gegenüber.
Den Teddy nahm sie aus meiner Hand und gab ihn zurück in die Spielzeugtruhe.
„Wieso hast du mir ein Grab machen lassen? Wer bist du überhaupt?!", platzte es aus ihr heraus. Ich ging auf sie zu und wie erwartet blieb sie stehen und weichte keinen Schritt zurück. „Ich bin dein Mann."
„Hör mit den Spielch-"

„Athena Romanova. Einst Georgieva, doch das war falsch. Aus Sibirien. Deine Eltern heißen Akim und Athena."

„Nein, ich habe meine Eltern im Feuer von vor zwei Jahren umgebracht!", schrie sie und ich kam ihr näher.

„W-was machst du hier?", fragte eine Frauenstimme hinter mir und aus Reflex richtete ich meine Waffe auf sie. Ein Schuss. Ich drehte mich um und sah zu Athena. Sie hatte mich ernsthaft angeschossen.
Die Erste, die das schaffte. Ich lachte sie an und sie sah nur verwirrt aus.
Schnell ging sie an mir vorbei und nahm die Frau in den Arm.

„Hab ich Lana geweckt?", fragte Athena und sie schüttelte ihren Kopf. Lana, das kleine Mädchen. Also doch.

Ich hielt mir meine Schulter um die leichte Blutung zu stoppen.
„Das passiert, wenn du dich mit meiner Familie anlegst.". „Athena, du gehörst zu mir. Wir sind doch eine Familie."
„Lass sie in Ruhe, du hast ihr Leben schon genug zerstört!", schrie mich die Frau an.
„Anita, ist schon gut.". Anita also.
„Sascha würde ihn rauswerfen.", sagte sie leise zu Athena.

Sascha. Moment mal.
„Du bist Saschas Frau. Lana ist also eure Tochter. Er hat von ihr erzählt."
Langsam drehte sich Athena zu mir.
„Du kanntest Sascha?", fragte Anita.
Nickend antwortete ich und sie fragte mich, woher. „Seine letzten Worte waren ‚Beschütz meine Familie'. Er hatte also das gemeint. Euch.".

Anita weinte jetzt und Athena umarmte sie.
„Ich regle das hier, okay? Geh rauf schlafen."
Jetzt erkannte ich ihr altes Wesen. Das war sie. So war sie zu mir. Als Anita nach oben ging, kam sie zu mir. „Für die Kugel entschuldige ich mich nicht. Selbst schuld.
„Hätte ich auch nicht erwartet." grinste ich und stand ihr gegenüber.

Ich lachte und es fühlte sich alles so unreal an. Wie ein Traum, den ich schon tausende Male geträumt hatte. Sie scannte mich von oben bis unten ab, doch blieb bei meinem Hals stehen.
„Du hast mein Namen auf deinem Hals tätowiert?", fragte sie und ich nickte.
„Wieso?"

Ich atmete tief ein und nahm ihr Handgelenk.
„Das war zum Jahrestag deines Todes letztes Jahr. Ich schenkte dir das, anstatt Blumen."
Eine Verewigung auf meinem Körper, denn in meinem Herzen war sie schon lange.
„Aleksandrov."
„Boris. Nenn mich Boris. Bitte."

„Boris."
Mein Name rollte über ihre Zunge und ich strich über ihre Arme.
„Tut das noch weh?", fragte ich und sie schüttelte ihren Kopf.
Als sich mein Kopf ihrem näherte und ich versuchte, sie zu küssen, räusperte sie sich.

„Du solltest gehen. Ich will Anita und Lana nicht wecken."
„Warum wecken? Es ist doch gar nichts vorgefallen.", grinste ich und sie kam mir gefährlich nah.
„Weil ich es nicht zugelassen habe.", zwinkerte sie mir zu und fuck. Sie hatte mich noch immer, wie vor zwei Jahren auch, um ihren Finger gewickelt.
„Kommst du nicht mit mir?", fragte ich und sie schüttelte ihren Kopf.

„Das mit uns.. das war mein früheres Leben. Ich habe keine Erinnerung mehr daran. Und wie es aussieht will mich Anita auch davon fern halten."
„Aber Athena ich-"
„Vielleicht im nächsten Leben wieder, Boris."

Ohne ein anderes Wort schob sie mich zur Tür hinaus und ließ mich stehen. Sie brach mir das zweite Mal mein Herz. Doch ich hatte sie jetzt wieder. So leicht würde ich nicht aufgeben.

Assassin youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt