„Noch ist sie es nicht.", antwortete mein Vater.
„Sie bleibt hier.", sagte er mit zusammengebissenen Zähnen.
„Unser Vertrag wurde noch nicht unterschrieben."
„Sie bleibt hier als Versicherung. Du kennst das Spiel, Vladimir."Mein Vater tat etwas, was ich selten bis gar nicht zu Gesicht bekam, er gab nach.
Boris nahm mein Handgelenk und steuerte mit mir Richtung Haus zurück.„Was haben die Sanitäter gesagt?", fragte ich und wollte mich losreißen, doch sein Griff ließ nicht nach.
„Athena. Du gehörst jetzt zu mir. Du gehst nicht ohne mein Einverständnis und ohne mein Wissen einfach weg. Verstanden?"
Er schrie zwar nicht, aber seine Rage konnte ich spüren.„Ich wurde nur von einem Monster zum anderen gereicht."
Seine Augen wurden noch dunkler, sofern das möglich war.
Er kam mir näher und hielt mein Kinn mit seinen Fingern so, dass ich ihn ansehen musste.
Er roch nach einer Mischung aus Whiskey, Zigaretten und Parfüm.
Ich atmete tief ein.„Teste meine Geduld nicht, kisa."
Ich hasste diesen Spitznamen, den er mir kurzerhand gegeben hatte.„Ob es dir gefällt oder nicht, so wird es bei uns gemacht. Allianzen und Bündnisse durch Heirat. Das weißt du genauso wie ich."
Ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren und meine Hand griff nach seinen Fingern, die mein Kinn griffen.Ich schob die Finger langsam weg.
„Nicht anfassen.", flüsterte ich, denn er war so nah, dass er es ganz sicher hörte.
Mein Herz schlug schneller und ich stellte meine Beine enger zusammen. Was war das?Ihm lief Schweiß an den Schläfen entlang. Ihn hatte es sicher erschrocken, seinen Vater so zu sehen.
Ich hob meine Hand und er dachte, dass ich für einen Schlag ausholte.
„Versuch' es ja nicht."Ich machte weiter und er schnaufte, als ich mit meinen Fingern den Schweiß wegwischte. Meine Finger glitten an seinem kantigen Gesicht entlang und jetzt war ich bei seinem Kinn angelangt.
Um uns herum wurde es noch wärmer, obwohl wir beinahe November hatten. Ich war schon seit Monaten hier, fiel mir gerade auf.
Seine große Hand griff nach meinen Haaren und er wickelte seine Faust zwei Mal um meine Haare.Boris zog leicht dran und mein Kopf drehte sich automatisch zur Seite.
„Was machst du?"Keine Antwort.
Ich atmete schneller als vorhin. Er bemerkte das und kam meinem Ohr ganz nah. Sein Atem prallte an meinem Hals ab und ich überkreuzte meine Beine. Wieso zog sich mein Bauch zusammen?
Er kam näher und ich spürte etwas an meinem Oberschenkel.Ein Blick nach unten verriet mir, dass er hart war.
Verdammt, wieso drückte ich mein Oberschenkel jetzt mehr dagegen.
Ich schaute rauf zu ihm und sah, dass er mich schon ansah.„Soll ich aufhören?", fragte er, während er meine Haare noch immer in seiner Faust hielt.
„Boris..."
„Herr Aleksandrow! Ihr Schlafzimmer ist fertig.", sagte eine der Bediensteten und sofort befreite ich mich aus seinem Griff.
Er befand sich noch immer in dergleichen Position.Was war passiert?
„Ich lege mich auch hin.", sagte ich und verschwand.Mit schnellen Schritten suchte ich das Zimmer, welches für mich vorbereitet wurde.
Als ich es endlich fand, hüpfte ich sofort unter die Dusche und ließ kaltes Wasser über meinen Körper rieseln.Ich liebte kalte Duschen. Und die brauchte ich jetzt mehr als alles andere. Mein Vater hatte mich an einen Mann verheiratet, verkauft, wie man sagen wollte.
Ich wusste schon immer, dass ich nie aus Liebe heiraten würde. In meinem Leben gab es sowas nicht.
Aber ausgerechnet er? Boris?Dieser Bastard.
Mittlerweile lag ich auf dem Bett und war hellwach. Wieso reagierte mein Körper so auf ihn? Ich hasste es von Männern angefasst zu werden, seitdem ich damals vergewaltigt wurde.
Deswegen konnte ich auch gewissenlos morden. Mitleid hatte ich bei keinem, trotzdem empfand ich es, wenn jemand unschuldiges starb.
Seit diesem Tag weinte ich auch nie wieder.
Ich schwor mir, dass sowas nie wieder passieren würde. Von da an schoss ich jedem, der auch nur versuchte, in meine Nähe zu kommen, in den Kopf.Das ist auch der Grund, weswegen ich so verwirrt bei Boris war.
Ich schloss meine Augen und schlief irgendwann ein.🔫
Schweißgebadet wachte ich auf und sah, wie Boris ins Zimmer stürmte.
„Was ist passiert?! Du hast geschrien."
Ich konnte nicht reden. Meine Haut war ganz kalt und nass. Mein Blick auf einen Punkt hinter Boris fokussiert.„Athena."
Boris schüttelte mich leicht.
Ich blinzelte ein paar Mal schnell.
„Ja, alles gut."
„Lüg' mich nicht an."
Ich sah ihm in die Augen. Er kniete vor meinem Bett und hielt mich fest.„Alles gut. Albtraum."
Ich hatte einen von damals. Das war mir schon lange nicht mehr passiert. Normalerweise träumte ich nichts.„Du zitterst noch immer. Soll ich bleiben? Bis du einschläfst nur."
„Nein, mir geht es gut. Also, wenn du mich entschuldigen würdest."
Ich schaute ihn an und er ließ meine Schultern langsam los.War es Einbildung, oder brannten die Stellen, an denen er mich berührte.
Er bewegte sich nicht von der Stelle und sofort schoss eine Wut in mich. Er respektierte mein Wort nicht.
„Raus hier!", schrie ich und versuchte, meine zitternde Stimme in den Griff zu kriegen.Er stand langsam auf und bewegte sich Richtung Tür.
„Gute Nacht, kisa."
🔫
Alle Stellen, die er berührt hatte, fuhr ich nach.
Meine Schultern, meine Hände, Kinn, Hals.
Alle Stellen.
Ich wusste nicht, wieso.
Er war schon seit zwei Stunden weg.Ich stand auf und wusste, wohin ich gehen sollte.
Die Flure waren dunkel und leer.
Ich fand meinen Weg zur Bücherei und machte die Türen langsam auf. Nur einen kleinen Spalt, damit sie nicht so viel quietschten.
Ich nahm mir einen Roman und setzte mich auf einen der beiden Stühle.Sie waren gut gepolstert und elegant. In der Mitte stand ein kleiner Tisch, der mit verwelkten Rosen geschmückt war.
Ich wollte die Rosenblätter berühren und streckte meine Hand aus.
Zwei Blüten fielen auf den Tisch.
Ich zog meine Hand schnell zurück und machte die kleine Lampe, die in der Ecke auf dem Boden stand, an.Sie leuchtete schwach, aber sie leuchtete.
Stolz und Vorurteil.
Ich schlug die erste Seite auf und begann, in Jane Austens Welt einzutauchen.
💀
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Assassin you
RomanceAthena Georgieva, die wahrscheinlich gefährlichste Frau Russlands. Sie schreckt vor nichts zurück, vor allem, wenn es um Mord geht. Es wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Bei ihrem neuen Auftrag muss Athena den Sohn des verfeindeten Clans umbri...