NEUNUNDDREIßIG

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Aeryns Parfum umhüllte mich in seinen süßen Wogen

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Aeryns Parfum umhüllte mich in seinen süßen Wogen.

Es legte sich mit seinen Armen um mich. Sie roch zuckrig, aber nicht aufdringlich. Ich kannte den Geruch meiner Schwester. Das Gefühl ihrer Umarmungen fehlte mir. Die kurzen Augenblicke, in denen ich glaubte, dass alles gut war, dass ich mir um nichts Sorgen machen musste. Aeryn nahm mir meine Ängste in diesen Momenten. Sobald wir uns voneinander lösten, krochen all die negativen Gedanken zurück in meinen Kopf, nisteten sich ein und verbrachten ihre Stunden damit mich zu belästigen.

Als meine Schwester mich von sich stieß, drückte sie mir einen Kuss auf die Wange. ,,Es ist schön dich mal wieder zu sehen."

Ihr Lächeln zog sich breit über ihre Wangen, ließ ihre Augen vor Freude erstrahlen.

Sie lebte wahrhaftig das Konzept der großen Schwester aus. Aeryn tätschelte mich, wie sie es auch damals tat. Ihre Hand lag immer noch auf meiner Schulter, als müsste sie mich jeden Moment vor einer Gefahr zurückziehen.

Ich lernte sie als Kind als meine persönliche Beschützerin kennen. Wenn es Probleme gab, schob sie sich vor, verteidigte mich. Je älter ich wurde, desto mehr hasste ich ihre Angewohnheit. Sie meinte es gut mit mir und dennoch fühlte ich mich wie ein kleiner Junge in ihrer Gegenwart. Ich schnitt sie von meinem Leben ab, ließ sie nicht mehr viel daran teilhaben. Mich ihretwegen als schwach zu betiteln, wagte ich nicht. Im Vergleich zu den anderen Jungen wusste ich, dass ich nicht gebrechlich wirken durfte, dass ich es hinter einer Mauer des Schweigens versteckte. Kein Wort über meine Gefühle zu verlieren, erzog mich die Gesellschaft. Bereits früh wurde mir klar, was über meine Lippen kommen durfte und was zugemauert wurde.

,,Hast du schon Pläne für uns diesen Nachmittag gemacht?", fragte sie.

,,Ich habe für uns nichts Konkretes geplant." Ich zuckte mit den Schultern.

Schließlich entschlossen wir uns dafür, dass wir nach Arklow fuhren. Sie reiste mit dem Auto an, sodass wir nicht auf den nächsten Zug warten mussten. Ich genoss die Vorstellung nicht abhängig von einem Stundenplan zu sein. Die Flexibilität fehlte mir, wenn ich ein Zugticket buchte.

Auf dem Boden hatten sich Pfützen und die Überreste des Schnees versammelt. Das Weiß verunstaltete der Straßendreck zu dunklem Grau.

Nur die Felder, an denen wir vorbei fuhren, trugen Schneedecken, die Löcher des kommenden Frühlings trugen. Das Grün streckte sich unter dem weiten Weiß und zeigte seine ersten Knospen.

Wir nahmen in einem nur spärlich bestuhlten Café Platz. Auf der Straßenseite genau gegenüber von uns befand sich der Friedhof. Aus der Schneedecke erhoben sich Denkmäler des Todes. Die Bäume zierten kein Laub, an keinem Ast hing noch ein Blatt. Die Todesstätte sah wie eine eigene kleine Stadt aus, mit den hohen Gräbern und dem eisernen Zaun um sie.

Ich bat um einen schwarzen Kaffee. Wenige Minuten später umfasste ich das Getränk mit beiden Händen. Die Kälte von draußen kribbelte durch meine Fingerspitzen in meinen Körper.

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