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POLIZEIREVIER DERRY, MAINE
01:35 UHR
»Also, Ms Sharon Guilder, könnten Sie mir noch einmal genau die Vorfälle schildern, deren Zeuge Sie heute Abend gewesen sind?«
Die 40-jährige Frau seufzte in erschöpfter Verzweiflung, was die erschreckend tiefen Augenringe in ihrem hübschen Gesicht gut untermalte.
»Ich habe Ihnen doch alles schon erzählt. Zwei Mal!«, rief sie mit Tränen in ihren blauen, müden Augen aus und hob zwei ihrer zitternden Finger in die Höhe, um ihre bitterlichen Worte gut möglichst zu betonen.
»Ja«, stimmte der Police Officer ihr mit viel zu ruhiger Stimme zu, »aber wir brauchen Ihre Aussage noch ein weiteres Mal für das Protokoll.«
Sharon schien sich mit angestrengten Atemzügen zur Beherrschung zu zwingen, bevor sie ihre Gedanken sammeln konnte, um dem Officer ihre gesamten, schrecklichen Erlebnisse wiederholt mitzuteilen, die vor fünfeinhalb Stunden stattgefunden hatten.
Sie saß mit verheulten Augen dem scheinbar emotionslosen Polizisten im sterilen Befragungsraum an einem metallenen Tisch gegenüber, während dieser sich in aller Ruhe Notizen für das Protokoll machte und eine Tonaufnahme startete, um jedes von ihr gesagte Wort für spätere Investigationen aufzuzeichnen.
»Na gut, also...ich glaube alles ereignete sich so gegen 20:00 Uhr.«
Sie schluckte zittrig den harten Kloß in ihrem trockenen Hals herunter, ehe sie mühevoll fortfahren konnte.
»Es war da, bei dem Jahrmarkt. An der Brücke. Meine andere Tochter und ich, wir haben schon von weitem eine Gruppe Jugendlicher gesehen. Es müssten augenscheinlich Jungs gewesen sein. Sie haben ein Mädchen bedroht und wollten sie über die Brücke in den Fluss schubsen.«
Sharon hielt sich die Hand vor ihren zitternden Mund, als ihre Stimme zitternd abbrach, unterdrückte mühsam ihre Tränen und machte eine kurze Pause, um zu versuchen, die grausamen Bilder in ihrem Kopf zu verdrängen. Aber das würde ihr wohl niemals gänzlich gelingen.
»Das Mädchen fiel in den Fluss, weil das Geländer hinter ihr eingebrochen ist, als einer der Jungen sie schlug. Vor Schreck habe ich geschrien. Aber als ich dann erkannte, wer das Mädchen überhaupt gewesen ist, da- da habe ich...«
Sharon konnte zu ihrem Schrecken nicht mehr anders, als ihren Tränen freien Lauf zu lassen und so leise wie möglich in ihre zitternden Hände zu schluchzen, die sie schützend vor ihr zehn Jahre älter wirkendes Gesicht hielt, als würde sie den Albtraum, in dem sie sich glaubte zu befinden, panisch ausblenden wollen.
»Ok, Mrs. Guilder. Sehen Sie mich an«, forderte der Polizist seinen bitterlich trauernden Befragten mit sanfter Stimme auf.
Sharon hob daraufhin den Kopf langsam aus ihren Händen und wischte sich keuchend die Tränen aus den Augen, um den Polizisten sehen zu können.
»Sie müssen mir jetzt ganz genau sagen, was danach passiert ist. Was Sie danach gesehen haben. Es ist wichtig, um die Situation besser zu verstehen.«
»Das Schlimmste ist, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie die Jungs aussahen, weil die auch von der Brücke gestoßen worden sind!«, rief Sharon wütend aus, ohne die Frage zu beantworten, und schlug mit ihrer Faust zornig auf den Tisch, sodass es im Raum hallte.
Sie konnte es einfach nicht fassen, was sie heute Abend erlebt hatte. So etwas hatte man noch nie gesehen.
»Ja. Von wem wurden die Täter selbst runtergestoßen? Versuchen Sie sich bitte zu erinnern«, drängte der Polizist und lehnte sich zu Sharon über den Tisch nach vorne, behielt dabei aber trotz seines gestressten Gesichtsausdrucks den ruhigen, entspannten Unterton seiner Stimme bei.
So wie es sich für einen guten Polizisten gehört, dachte Sharon beiläufig.
Sie hatte bei den anderen beiden Befragungen nicht auf die Frage antworten können. Doch nun versuchte sie es.
»Ich...weiß es nicht mehr. Es war so dunkel und...merkwürdig«, überlegte sie verwirrt und legte die Stirn in Falten.
»Sagen Sie mir einfach, was Sie gesehen haben. Unabhängig davon, ob es nun stimmen könnte oder nicht.«
Eine kurze Pause mit einhergehender Stille beherrschte für einige Minuten den Raum.
Sharon überlegte.
Wie sollte sie denn den Officer vor sich von ihren Erlebnissen überzeugen, wenn sie es nicht mal ganz fertigbrachte, sich selbst zu überzeugen?
Aber sie hatte dafür keine Zeit. Als sie die halbwegs richtigen Worte für ihre Erklärung fand, kamen diese ihr leichter über die Lippen, als sie es für möglich gehalten hätte.
»Nachdem sie runtergefallen ist...kam plötzlich dieses Wesen aus dem Nichts und hat die Jungs schreiend von der Brücke gestoßen, bevor es selbst runtergesprungen ist. Das ist so...das war so verrückt!«
Sharon atmete tief durch und dachte darüber nach, ob sie nicht vielleicht den Verstand verloren oder an dem Abend ein Weinglas zu viel getrunken haben könnte.
Doch der Polizist schien nun verwirrt zu sein.
»Ein Wesen? Können Sie sich näher dazu äußern?«
»Ja. Nein...Vielleicht! Ich weiß es nicht, Sie würden es mir nicht glauben!«
Den Polizisten interessierte das nicht.
»Können Sie...das Wesen beschreiben?«
Sharon seufzte ergeben, da sie diese ermüdende Befragung einfach nur hinter sich bringen wollte und dachte konzentriert nach.
»Ich weiß nicht recht, was es war«, fing sie nachdenklich an und stöberte in ihren Gedanken nach weiteren abscheulichen Bildern, die ihr in Erinnerung geblieben waren. »Es sah...so menschlich aus und war sehr groß, aber es hatte die Arme einer...Spinne. Ja. Spinnenartige Arme.«
Der Polizist notierte sich diese vagen Informationen mit gerunzelter Stirn, was Sharon vermuten ließ, dass sie ihre Glaubwürdigkeit nun endgültig verloren hatte.
Wütend schnaubte sie den Polizisten an, der nun seinen Kopf, mit einem fragenden Blick in den olivgrünen Augen, aus seinen Unterlagen hob.
»Sie glauben mir nicht«, stellte Sharon verbittert fest.
»Nun ja, ein menschliches, großes Wesen mit...«, er blickte mit skeptisch gehobenen Augenbrauen auf seine Notizen, »"spinnenartigen Armen". Es fällt mir schwer, darin einen Funken Wahrheit zu erkennen.«
»Sie haben mich gefragt und da ist Ihre Antwort. Was wollen Sie denn noch?«, fauchte Sharon erzürnt mit weinerlicher Stimme.
»Na schön. Nun...konnten Sie erkennen, wie groß das Wesen war? Oder was es trug? Welche Kleidung?«
Sharon zögerte einen Moment lang, da sie fürchtete, nach ihren nächsten Worten tatsächlich als verrückt abgestempelt zu werden. Aber sie wusste, dass sie diese Dinge jemandem sagen musste, um damit nicht allein zu sein.
»Ein Kostüm«, sagte sie also mit tonloser Stimme und leerem Blick, als würde sie die Situation vor ihrem geistigen Auge noch einmal mitansehen.
»Ein...Kostüm?«
»Ja. Ich glaube...es war ein Clown.«
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𝐍𝐔𝐑 𝐄𝐈𝐍 𝐓𝐀𝐍𝐙 | Pennywise Fanfiction
FanfictionDas eigentlich normale Leben eines jungen Mädchens namens Joyce wird immer ungewöhnlicher, als sie beginnt, sich in jemanden zu verlieben, der das pure Böse verkörpert. Und es ist nur ein einziger Tanz, der ihr die Augen öffnet und ihr hilft, die un...