R E G E L N

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P E Y T O N

„Kaffee?"

Schmunzelnd wandte sich Evelyn der Kaffeemaschine zu und öffnete die Tür eines Hängeschranks, aus dem sie eine Kaffeetasse herausnahm. Ich musste ihr Angebot nicht einmal annehmen, damit sie mir eine Tasse zubereitete. Vermutlich weil sie wusste, dass ich nach so einer langen, schlaflosen Nacht Koffein ebenso bitter nötig hatte wie sie. Bei dem Gedanken an die vergangenen Stunden biss ich mir unwillkürlich auf die Unterlippe, denn was ich im Bett mit meiner Lehrerin erlebt hatte, übertraf selbst meine heißesten Sexträume. Noch immer hallte ihr erotisches Stöhnen in meinen Ohren. Noch immer glaubte ich, sie auf meinen Lippen zu schmecken, ihre Haut auf meiner zu spüren. Es war unglaublich. Sie war unglaublich. Natürlich war mir das vorher längst klar gewesen – Evelyn Langley war eine Frau von Format. Intelligent, anmutig, wunderschön und – heilige Scheiße! – eine echte Sexgöttin. Während sie in der Schule Disziplin und Strenge meisterhaft verkörperte, war sie beim Sex ein vollkommen anderer Mensch und ließ sich hemmungslos gehen. Beinahe war es so, als übernahm eine zweite Persönlichkeit die Kontrolle über ihr Wesen, was sie nur noch reizvoller machte als sie es ohnehin schon war. Eines stand für mich an diesem Morgen fest: Ich war ihr restlos verfallen. Eigentlich schon vom ersten Moment an, als ich sie gesehen hatte. Doch jetzt, nach dieser sagenhaften Nacht, hatte ich daran keinen Zweifel mehr. In meinen Augen war sie perfekt, eine absolute Traumfrau. Ich verzehrte mich nach ihr und wollte sie mit niemandem teilen müssen. Sie sollte mir allein gehören. In diesem Augenblick beschloss ich, Evelyn Langley für mich zu gewinnen.

Ich mache das nicht, rief mir mein Unterbewusstsein plötzlich Evelyns Worte ins Gedächtnis zurück. Diesen Dating-Kram. Sich regelmäßig sehen, Zeit miteinander verbringen, miteinander ausgehen... Ich bin nicht der Typ für diesen Quatsch. Damit hatte sie eigentlich deutlich gemacht, dass sie nicht an einer Beziehung interessiert war und felsenfest daran glaubte, dafür auch gar nicht gemacht zu sein. Ich hielt das für Quatsch, absoluten Unsinn. Aber es stimmte mich nachdenklich. Wie kam sie zu dieser Überzeugung? Was hatte sie erlebt, dass sie sich gänzlich vor der Liebe verschloss?

Mit verschränkten Armen lehnte ich mich gegen die Küchenzeile und betrachtete meine Lehrerin. Sie sah nie schöner aus als an diesem Sonntagmorgen: Ungeschminkt, das Haar offen und wellig, ihr Körper umhüllt von einem leichten, kurzen Morgenmantel. Ein Anblick zum Verlieben. Während sie die Kaffeemaschine mit Bohnen befüllte, musterte sie mich immer wieder verstohlen aus dem Augenwinkel heraus. Ihre vollen Lippen formten dabei ein leichtes Schmunzeln und ich fragte mich, was das hervorrief. Hatte ich mich mit Zahnpasta bekleckert? Trug ich mein Oberteil falsch herum? Find's heraus, ermutigte mich meine innere Stimme. Und ich folgte ihr.

„Was?", platzte es aus mir heraus und ich runzelte irritiert die Stirn.

Evelyn drückte auf einen Knopf und sah mich an. Belustigt, aber irgendwie auch hingerissen, zumindest kam es mir so vor. Im Hintergrund begann ihre Kaffeemaschine geräuschvoll die Bohnen zu mahlen und ließ kurz darauf das schwarze Gebräu in die Tasse laufen, die mir meine Lehrerin geradewegs reichte.

„Dein Outfit", antwortete sie und fixierte mich mit einem tiefen Blick.

Ah, das ist es also. Da ich die Nacht bei ihr verbracht hatte, blieb mir nichts anderes übrig als in meine Klamotten vom Abend zu schlüpfen, die zugegebenermaßen ein wenig freizügig waren. Eine Tasche mit Wechselsachen hatte ich dummerweise nicht ins Platinum mitgenommen – ich Dummerchen. Hätte ich auch nur ahnen können, was passieren würde, hätte ich vermutlich einen ganzen Koffer voller Outfits mit mir geführt. Evelyn schien das jedoch nicht zu stören, ganz im Gegenteil: Ihre hellgrünen Augen wanderten unentwegt über meinen Körper, dabei strich ihre Zunge immer wieder über ihren verführerischen Mund. Ihr gefiel, was sie sah. Und mir gefiel, was ich sah – ich konnte nicht aufhören, sie anzuschauen. Gott, sie ist so schön, so sexy! Um nicht tiefer in Verlegenheit zu geraten, räusperte ich mich zur Besinnung und versuchte, ein lockeres Gespräch aufzubauen. Das sollte ich doch hinbekommen, oder?

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