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Brooke

Nora war die Beste. Sie blieb so lange bei mir, bis ich eingeschlafen war. Unter Tränen hatte ich sie angerufen und ihr, als sie in der Wohnung eintraf, gestanden, was zwischen John und mir passiert war. Auch die Konsequenz, welche ich in mir trug, verheimlichte ich nicht. Sie streichelte mir über den Kopf und wo jeder andere gesagt hätte, dass alles gut werden würde, sagte sie immer wieder gemeine Sachen über John und schlug irgendwann vor, einfach für ein paar Tage wegzufahren.

Sie unterbrach mich auch nicht während meines kleinen Nervenzusammenbruchs, bei welchem ich über eine Abtreibung sprach. Ich ließ alles raus, bis ich nicht einmal mehr weinen konnte und die Müdigkeit einsetzte.

Es tat gut, dass jemand da war, der ehrlich um mich besorgt war und sich meine Sorgen und Probleme anhörte. Auch wenn es mir seltsam vorkam, über einen möglichen Abbruch zu reden, während Jona neben mir im Bett lag und schlief. Er war so ein süßes Baby und seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Bald würde er seinen ersten Geburtstag feiern und ich hatte auch schon ein kleines Geschenk für ihn gekauft.

Musikalische Erziehung kann nicht früh genug beginnen und welche Eltern würden sich nicht darüber freuen, wenn es für den Nachwuchs ein Xylofon gab? Es machte so herrlich Krach und ich wusste bereits jetzt, dass man so etwas eigentlich nur verschenkte, um die Eltern zu bestrafen. Die Sadistin in mir freute sich über diesen Spaß.

Aber Jona brachte mich zum Nachdenken und scheinbar ließ mich das Thema auch im Schlaf nicht los. Ich mochte sein niedliches Brabbeln und Glucksen. Dazu noch dieser typische Babygeruch und es war um mich geschehen. Vermutlich ein ausgeklügelter Plan der Natur, damit man sich in diese kleinen Wesen verliebte.

War es bei meinem Wurm auch so? Obwohl die Umstände nicht schlimmer hätten sein können und John mich nun vermutlich abgrundtief verabscheute, brannte sich die Frage in mein Unterbewusstsein, wie es bei meinem eigenen Kind wäre.

Irgendwann schlief ich ein, träumte von Babys und John und in einem Dämmerzustand konnte ich Nora hören, die scheinbar mit jemanden stritt. Doch schnell war es wieder ruhig und ich schlief erneut ein.

Stunden später erwachte ich und es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, dass John neben mir keine Einbildung war. Er saß auf der freien Seite des Bettes und sah sich irgendwelche Zettel an.

„Warum bist du hier?" Meine Stimme klang sicher und ich musste den Drang unterdrücken ihm gleich wieder an die Kehle zu springen.

Er schien die Ruhe selbst zu sein und schob einige Blätter zu meiner Seite herüber. „Mein Dad weiß Bescheid. Meine Mom mit Sicherheit auch. Er wird es ihr wohl schon gesagt haben."

Mein Herz schien mir aus der Brust zu springen und Panik stieg in mir auf. Ich setzte mich auf und lehnte mich an das Kopfteil. „Worüber wissen sie Bescheid?" Eine dumme Frage, denn die Antwort konnte ich mir schon denken.

„Darüber, dass ich Weltraumpräsident werden will", gab er sarkastisch von sich.

„Verarschen kann ich mich alleine." Beleidigt verschränkte ich die Arme vor meiner Brust.

„Du hast mit deiner Frage einfach eine perfekte Vorlage geliefert. Sie wissen über dich, mich und den ...", kurz stockte er und schien nach dem passenden Wort zu suchen, „unser Missgeschick Bescheid", verbesserte er sich.

Mit seiner Aussage hatte er mich wirklich überrascht. „Ich dachte, du würdest Unfall sagen", gab ich zu.

„Wie nennst du es denn?"

„Bis jetzt, Wurm", meinte ich und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es ja gerade mal ein paar Stunden länger als du und hatte noch nicht die Gelegenheit mich wirklich damit auseinanderzusetzen. Was siehst du dir da an?" Ich wollte unser Gespräch auf ein anderes Thema lenken, aber es wurde nicht wirklich besser.

„Dad sagt, du brauchst eine größere Wohnung." Erneut schob er die Zettel weiter in meine Richtung. „Außerdem steht es dir frei zu arbeiten. Seiner Meinung nach solltest du dich schonen."

„Ich darf nicht mehr arbeiten?"

Obwohl wir den Augenkontakt bisher vermieden hatten, sah John mir nun direkt in die Augen. „Davon war nicht die Rede. Er will dich nur keinem unnötigen Stress aussetzten."

„Also dir." Ein keines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. So schlimm wie heute hatten wir noch nie gestritten und dabei hatten wir noch nicht einmal wirklich über das Kind gesprochen oder gestritten. Ab irgendeinem Zeitpunkt haben wir nur noch geschrien, und zwar so lange bis Norman kam und uns trennte. Zurückblickend war es einfach nur peinlich.

„Alle diese Wohnungen haben einen bewachten Eingang und ein Sicherheitssystem auf dem neusten Stand", überging er meine letzte Aussage. „Es wäre also wie hier, nur größer."

„Und wie soll ich mir das leisten? Außerdem habe ich noch meine eigene Wohnung."

„Welche auch zu klein ist. Am besten du kündigst sie."

Warum gingen John und seine Eltern eigentlich davon aus, dass ich das Kind behalten würde? Ich wusste ja selbst nicht, was ich machen würde. „Was wäre, wenn wir dieses Kind nicht bekommen?"

„Wir werden dieses Kind bekommen." Ich wollte ihm gerade über den Mund fahren, als er mich unterbrach. „Nachdem Nora mir vorhin die Hölle heißgemacht hat und sie hier hereinging, um Jona zu holen, hast du dich regelrecht an den Kleinen geklammert. Auch wenn du es noch nicht zugeben willst, aber eine Abtreibung kommt für dich nicht infrage. Außerdem brauchst du dir um Geld für eine neue Wohnung keine Sorgen zu machen."

„Ich möchte nicht, dass deine Eltern mich finanzieren." Ich war kein kleines Kind mehr und verdiente mein eigenes Geld. Ich würde mich selbst um eine neue Wohnung kümmern können. „Ich kann mir auch alleine eine größere Wohnung leisten. Es muss kein bewachtes Gebäude sein."

„Dass du dir eine größere Wohnung leisten kannst, bezweifle ich nicht. Aber ich bestehe auf ein bewachtes Objekt, denn du darfst nicht vergessen, dass da draußen ein Irrer durch die Straßen läuft. Was meinst du passiert, wenn er von dem Kind erfährt?"

John hatte recht. Ich hatte Ben bei all dem beinahe vergessen und ich ging stark davon aus, dass John und die Officer mehr wussten, als sie mir sagten.

„Außerdem werden es nicht meine Eltern sein, die dafür aufkommen", ließ er die Bombe platzen. „Machen wir uns nichts vor. Das mit uns wird niemals auf eine Beziehung hinauslaufen, aber ich werde dich mit dem Kind unterstützen. Damit meine Eltern nicht denken, dass ich nur als Geldgeber fungiere, werde ich mit dir in der Wohnung leben. Hauptsache, du verlangst nicht von mir irgendwann Windeln zu wechseln oder den sonstigen Kram, den man bei Babys macht."

Dass ich entsetzt über seine Idee war, war gar kein Ausdruck. „Natürlich. Lass uns doch gleich heiraten, damit deine Eltern Ruhe geben", meinte ich beleidigt. Das Ganze war für ihn nichts anderes als eine Verpflichtung.

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt