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2 Monate später
Brooke

„Geht es dir nicht gut? Du siehst aus, als ob du geweint hättest." Miles stand vor meinem Schreibtisch und sah mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

Ihn einzustellen war die beste Entscheidung seit Langem. Er war nicht nur auf beruflicher Ebene ein Glücksgriff, auch menschlich konnte er hervorragend zwischen den Zeilen lesen. Wir verstanden uns perfekt und Miles wusste immer, was er sagen musste, aber an diesem Morgen wollte ich ihn nicht mit meinen Problemen belästigen.

John war vor drei Wochen zu Thalia gereist und hatte sich seitdem nicht bei mir gemeldet. Wir waren kein Paar und daher hatte er keinerlei Verpflichtung dazu, mich ständig auf dem Laufenden zu halten, aber er hätte sich doch zumindest einmal melden können. Nur mein Stolz hinderte mich daran, die Erste zu sein, die sich meldete und somit saß ich die Sache einfach aus.

„Alles ist gut. Es ist einfach nicht mein Tag."

Miles sah mich noch immer so an, als würde er sich Sorgen machen und vermutlich glaubte er mir keines meiner Worte. Doch er entschied sich dafür nicht weiter nachzufragen und nahm die Papiere, welche er überarbeiten sollte, aus der Ablage. Beim Verlassen meines Büros blieb er noch einmal stehen und drehte sich zu mir um. „Wenn es wegen des Bosses ist, dann nimm dir das nicht zu Herzen. Ihr versteht euch doch sonst immer so gut und er ist heute einfach schlecht gelaunt. Bevor du hier warst, hat er schon so einige zusammengestaucht."

„Danke Miles. Aber es ist nicht wegen Norman."

„Ich meinte nicht ihn. John ist doch wieder zurück und hat üble Laune mitgebracht", offenbarte er mir. „Ich dachte, dass es vielleicht an ihm liegt."

Seine Worte trafen mich. Ich wusste nicht, dass John wieder da war. Woher denn? Er meldete sich nicht bei mir. Zwar hatte ich weiterhin meinen Fahrer, welcher mich zwischen Wohnung und Arbeitsstelle hin und her fuhr, aber sonst wirkte es so, als wäre nie etwas gewesen.

Der für meinen Fall zuständige Officer meldete sich regelmäßig und bei jedem seiner Anrufe war es dasselbe. Ben war nicht auffindbar und es machte mich beinahe wahnsinnig. Ich würde es zwar niemals zugeben, aber ich hatte Angst davor, dass er mich noch einmal in seine Hände bekäme. John hatte mir eines Abends genauestens erzählt, was er mit Thalia getan hatte. Ben war ein Monster und sollte für seine Taten eingesperrt werden.

Ausnahmsweise waren Ben oder John aber mal nicht mein größtes Problem. Zumindest nicht direkt. Seit mehreren Tagen hatte ich bereits eine Vorahnung und heute Morgen saß ich zwischen sechs Schwangerschaftstests auf dem Boden des Badezimmers. Alle positiv. Ich brauchte mich nicht einmal selbst fragen, wie es dazu kommen konnte. Immerhin wusste ich, wie Kinder entstanden. Aber mit John?

Nachdem ich meinen Nervenzusammenbruch hinter mich gebracht hatte, rief ich bei meiner Frauenärztin an und hatte für morgen Vormittag einen Termin vereinbart. Bis dahin musste ich mich entschieden haben, was mit dem kleinen Wurm in mir passieren sollte.

Auf meine Arbeit konnte ich mich eh nicht konzentrieren, also würde ich einfach meine Zeit absitzen. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, denn Miles würde den Großteil meiner Aufgaben erledigen müssen. Doch heute war ich dazu nicht in der Lage und ich würde auch nichts Brauchbares zustande bringen.

Mein Herz rutschte mir auch noch in die Hose, als Normans Sekretärin mich anrief und in seinem Namen fragte, ob bei der Standardprüfung der Heizkörper in meiner Wohnung alles in Ordnung war. Diesen Termin hatte ich komplett vergessen und somit konnte ich den Techniker der Hausverwaltung nicht in die Wohnung lassen. Wohl oder übel müsste ich ihm die Wahrheit sagen. Also was den verpassten Termin anging. Alles andere würde ich für mich behalten.

Ich beschloss es ihm persönlich zu sagen und meldete mich bei Miles ab, der im Gegensatz zu mir in seiner Arbeit versunken schien und mich nur nach mehrmaligen Rufen wahrnahm. Er wünschte mir viel Spaß und ich machte mich auf direkten Weg zum Fahrstuhl, um schnellstmöglich zu Norman zu kommen. Hoffentlich war er nicht allzu sauer, wenn ich ihm von dem versäumten Termin berichte. Es war schon großzügig genug, dass ich die Wohnung überhaupt nutzen durfte, um mich vor Ben zu verstecken.

Meine Gedanken fuhren Achterbahn, während ich auf den Fahrstuhl wartete und ich versuchte mich wirklich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Norman von dem vergessenen Termin erzählen. John und das Würmchen schob ich erst einmal weg. Doch auch dem konnte ich nicht ewig aus dem Weg gehen.

In dem Moment, in welchem sich die Tür öffnete, blieb mir beinahe das Herz stehen. Von der Idee, dass der Tag nicht noch schlimmer werden konnte, musste ich mich wohl verabschieden. John stand mit verschränkten Armen vor mir und seine Augen sprühten regelrecht vor Zorn.

Ich gab meinem inneren Drang zur Flucht nach und machte auf meinem Absatz kehrt. Weglaufen schien mir die beste Lösung zu sein und als ich John hörte, wie er nach mir rief, wurde mein Schritt noch schneller. Er war eindeutig wütend.

„Bleib stehen!", donnerte er hinter mir.

So schnell ich konnte, bog ich in den Gang rechts von mir ab und öffnete die Tür zur Damentoilette. Hier hatte er nichts verloren und wenn es sein müsste, würde ich den ganzen Tag hier ausharren.

Ich versteckte mich in der letzten Kabine und es wirkte wirklich so, als würde ich an diesem Ort vor ihm in Sicherheit sein. Zwar hatte ich weder mein Handy noch eine Uhr dabei, aber es waren bestimmt zehn Minuten, in denen niemand die Toilette betrat oder verließ. Ich beschloss zumindest die Kabine zu verlassen, und als ich die Tür öffnete, knallte ich diese schwungvoll wieder zu.

„Soweit ich weiß, ist eure Toilette einen Raum weiter. Hast du dich in der Tür geirrt?", fuhr ich ihn durch die Tür an. „Wie bist du überhaupt hier hereingekommen?"

„Komm raus. Wir haben etwas zu klären." Er bemühte sich ruhig zu bleiben, aber seine Stimme verriet ihn. John war sauer.

„Wenn es um den Termin geht", begann ich, „dann tut es mir wirklich leid. Ich habe es vergessen."

„Scheinbar ist es nicht das Einzige, dass du vergessen hast. Ich war in der Wohnung, nachdem die Verwaltung mich angerufen hatte. Wie erklärst du mir die Dinger, die ich im Badezimmer fand?"

Mist! Ich habe die Schwangerschaftstests einfach liegen lassen. „Das sind Kosmetikstäbchen", log ich.

„Ich weiß, wie ein Schwangerschaftstest aussieht. Was willst du? Geld?"

War das sein Ernst? Ich öffnete die Tür und sah ihn an. „Was?"

John stand einfach da und sah mich an. „Ob du Geld willst? Irgendeinen Grund wird es geben. Schon viele haben versucht mir ein Kind anzuhängen, aber so weit wie du ist noch keine gekommen."

„Steck dir dein Geld sonst wohin. Ich will es nicht", zischte ich. „Ich bin nicht alleine daran schuld. Es gehören immer zwei dazu. Du und dein riesen..."

„Schwanz?", gab er von sich und klang beinahe stolz.

„Ego" verbesserte ich ihn. „Wenn du jedes Mal ein Kondom verwendet hättest, als ich dich darum gebeten habe, wäre es nicht passiert."

Angewidert verzog John sein Gesicht. „Als ob es dich gestört hätte. Lass uns zusehen, dass wir das Problem loswerden. Die ganze Sache mit uns war eh ein riesiger Fehler und deine Unfähigkeit, was die Verhütung angeht, beweist es."

Er hatte kaum ausgesprochen und schon bekam er eine Ohrfeige, wie ich sie noch nie in meinem Leben ausgeteilt hatte. Sein Kopf flog regelrecht zu Seite. „Ersticke an deinem Geld. Weder brauche ich dich noch Thalias Wohnung. Ich kündige."

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt