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John

„Die behördlichen Gänge und Genehmigungen für die Zulassung sind so weit durch. Ich denke, dass wir ab nächsten Monat die Produktion starten können. Gab es bei den Patiententests irgendwelche Auffälligkeiten?" Ich sah von meinen Dokumenten auf und blickte meinem Vater in die Augen. Doch er schien mit seinen Gedanken vollkommen woanders zu sein. „Dad?" Ich gab ihm einen Moment Zeit, oder er hörte mir nicht zu. „Dad?", rief ich energischer und er schreckte auf.

„Was?"

„Ob es bei den Patiententests irgendwelche Auffälligkeiten gab, von denen wir noch nichts wissen, habe ich gefragt."

Er durchwühlte die Dokumente vor sich regelrecht, aber schien nichts zu finden. „Nicht dass ich wüsste", murmelte er währenddessen.

„Was ist los?", fragte ich irgendwann, weil ich mir das Elend, das sich vor mir anspielte, nicht mehr mit ansehen konnte. „Irgendwas ist doch."

Dad lehnte sich zurück und starte nach oben zur Decke. „Ich mache mir Sorgen um Brooke und das Baby", sprach er nach einiger Zeit. „Ben scheint dem Department immer einen Schritt voraus zu sein und in mir kam bereits vor einiger Zeit der Gedanke auf, dass er vielleicht einen Informanten hat."

Kaum hatte er ausgesprochen, setzte mein Herz einen Moment aus. Nur um gleich darauf mit einer solchen Intensität zu schlagen, dass ich das Gefühl bekam, es wollte mir jeden Moment aus der Brust springen. Auch mein Magen fühlte sich an, als hätte man mir mit voller Wucht hineingeschlagen. „Du meinst, dass einer der Officer mit ihm zusammenarbeitet?" Ich dachte über seine Anschuldigung nach, aber es machte tatsächlich Sinn. Kein normaler Mensch konnte so oft seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, wie Ben es bereits getan hatte. „Aber wie willst du beweisen?"

„Das muss ich nicht mehr, denn es ist bereits passiert."

Dad offenbarte mir daraufhin Abgründe, von welchen ich nichts geahnt hatte. Er hatte einen alten Freund, der zufällig ein ziemlich hohes Tier im Stadtrat war. Dieser hatte ebenfalls einen Freund und über viele weitere Verzweigungen wurde eine interne Untersuchung beim zuständigen Department eingeleitet. Einer der leitenden Officer, der bereits mit Thalias Fall betraut war und nun mit Brookes hatte scheinbar über Jahre hinweg Kontakt zu Ben. Die Überprüfung seiner Handydaten überführte ihn. Doch dieser Abschaum, der eigentlich Menschen schützen und nicht zu deren Schaden beitragen sollte, wusste noch nichts von alledem.

„Ihr lasst ihn weiter ermitteln?" Wütend schlug ich mit meiner Faust auf den Tisch. „Kein Wunder, dass du dir Sorgen um Brooke machst! Du präsentierst sie regelrecht auf einem Silbertablett!"

„Meinst du, ich bin glücklich damit?" Inzwischen war Dad derjenige, der die Fassung verlor. „Natürlich könnten sie ihn unehrenhaft entlassen und vor Gericht stellen. Gott weiß, er hätte es verdient! Aber um an Ben heranzukommen, brauchen wir diesen Mann!" Mit einer Handbewegung fegte er sämtliche Unterlagen von seinem Schreibtisch. „Sie hoffen, dass sie bei irgendeinem Gespräch am Handy den Aufenthaltsort von Ben erfahren. Sie hören ihn ab, ohne dass er etwas davon mitbekommt."

Ich musste kein Genie sein, um zu wissen, dass es ihn belastete. Natürlich wollte er genauso wenig wie ich, dass dieser Officer weiterhin mit Brookes Fall betraut war.

„Wir sagen Brooke nichts davon", beschloss ich. Sie sagte zwar nichts, aber ich wusste bereits, dass sie die Schwangerschaft nicht so einfach wegsteckte, wie sie immer vorgab. „Ich will ihr eigentlich nichts vorenthalten, aber diese Art von Stress wäre vermutlich zu viel für sie."

Gerade als er das Wort ergreifen wollte, wurde die Tür zu seinem Büro aufgerissen und Dads Sekretärin hielt sich beinahe panisch am Türgriff fest. „Es gibt ein Problem im neunten Stock. Bitte, Sie sollten schnell kommen." Kaum hatte sie ausgesprochen, machte sie kehrt und eilte den Flur entlang auf den Aufzug zu.

Es reichte ein kurzer Augenkontakt und wir beide erhoben uns, um ihr zu folgen. Mit schnellen Schritten liefen wir zu ihr und in den Aufzug, welchen sie uns mit ihrer Hand offen hielt. Brooke arbeitete im neunten Stock, und wenn ich nicht gewusst hätte, dass dies der schnellste Weg war, hätte ich vermutlich die Treppe genommen.

Es dauerte nur Sekunden, welche mir wie Stunden vorkamen, bis wir im gewünschten Stockwerk ankamen und bereits bevor sich die Türen öffneten, konnten wir den Tumult hören. Ich stürmte beinahe den Flur entlang in die Richtung des Büros, welches mir sehr vertraut war. Die Tür stand offen und ich konnte sehen, wie Miles Bridget am Arm hielt und sie anschrie, sie solle verschwinden. Das nächste, was ich wahrnahm, war ein Wimmern, welches eindeutig von Brooke kam.

Danach passierte alles wie durch einen Schleier. Dad trennte Miles und Bridget, während er zeitgleich alle Schaulustigen dazu aufrief, zu verschwinden. Er wirkte zwar nicht so, aber mit ihm wollte man sich nicht anlegen. Seine Autorität würde niemand anzweifeln, besonders in einem solchen Moment nicht. Doch all das interessierte mich nicht. Mein Ziel, Brooke, saß zusammengekauert hinter ihrem Schreibtisch.

„Was ist passiert?" Ich hockte mich zu ihr auf den Boden und als ich sie an den Schultern berührte, bemerkte ich, dass ihre Kleidung nass war. Schützend hielt sie ihre Hände vor ihr Gesicht und deren hochrote Farbe ließen mich nichts Gutes erahnen. „Was ist passiert?", donnerte ich erneut. Dieses Mal aber an Miles und Bridget gerichtet, welche erfolgreich von Dad getrennt worden waren.

„Sie kam hier rein", begann Miles und zeigte auf Bridget. Er war eindeutig sauer. „Es ging alles so schnell. Sie warf Brooke irgendwelche Beleidigungen an den Kopf, welche sie erwiderte und dann ..." Miles stoppte und sah mich unsicher an.

„Was dann?" Ich hockte bei Brooke auf dem Boden und drückte ihren Kopf, welchen sie noch immer hinter ihren Händen versteckte, vorsichtig an meine Brust.

Unsicher sah er auf den Boden. „Sie nahm den Becher mit Tee, welchen ich für Brooke geholt hatte und schüttete ihr diesen ins Gesicht."

Kaum hatte er ausgesprochen, flippte Dad komplett aus, während ich meine Aufmerksamkeit uneingeschränkt auf die Frau in meinen Armen legte.

„Lass mich dein Gesicht sehen." Vorsichtig nahm ich ihre Hände in meine und sah ihr in das tränenüberströmte Gesicht. Es war keine verheerende Verbrennung, aber äußerst schmerzhaft. „Miles. Geh und hole etwas zum Kühlen aus dem Labor. Frag nach Paul und erkläre ihm, was vorgefallen ist. Er wird dir alles geben, was du brauchst."

Kaum hatte er das Büro verlassen, widmete ich mich wieder Brooke. „Alles wird gut", versprach ich ihr. „Ich lasse sie nicht damit durchkommen."

Ich erhob mich vorsichtig und sah zu Bridget, welche noch immer neben Dad stand. „Sie hat es verdient!", fauchte sie mir entgegen. „Dieses Flittchen macht die Beine doch für jeden breit. Wer weiß, ob die Missgeburt, welche in ihr wächst, überhaupt von dir ist."

„Du bist gefeuert", sprach ich hart. „Nimm dein Zeug und verschwinde. Wenn Brooke auch nur eine Narbe davonträgt oder meinem Kind etwas passiert ist, werde ich dich zerschmettern."

Unsicher sah sie zu meinem Dad, der kühl wie ein Eisberg neben ihr stand und sie ansah. „Wir geben dir fünf Minuten. Wenn du bis dahin nicht verschwunden bist, wird sich die Security um dich kümmern."

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt