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John

„Euren Streit hat man wahrscheinlich noch drei Straßen weiter gehört. Was zum Teufel ist in dich gefahren?" Dad schlug mit seiner Faust auf den Tisch und alles, was sich auf diesem befand, verlor für einen kurzen Augenblick den Kontakt zur Tischplatte. Noch nie hatte ich ihn so wütend erlebt und in meinen Teenagerjahren hatte ich ihn so einige Male an seine Grenzen geführt. Doch so wie in diesem Moment war es nie.

Meine Wange schmerzte und ich musste zugeben, dass Brooke einen Volltreffer gelandet hatte, welchen ich vermutlich noch die nächsten Tage spüren würde. Doch schlimmer als der körperliche Schmerz war es, dass mein Dad mit mir sprach, als wäre ich ein verzogener Bengel. Dabei war sie an dieser Situation nicht unschuldig.

Nachdem sie mir ihre Kündigung an den Kopf geworfen hatte, ging unser Streit erst so richtig los und wir wurden erst getrennt, als Dad in der Toilette auftauchte. Als Brooke dann auch ihm sagte, dass sie hier nicht mehr arbeiten würde, hatte er es einfach nicht akzeptiert. Ihre Kündigung war nichtig und stand für ihn nicht zur Debatte. Sie sollte nach Hause gehen und zur Ruhe kommen. Ich hingegen musste hier sitzen und mir seine Standpauke anhören.

„Hörst du mir überhaupt zu?", donnerte er von der anderen Tischseite und ich brachte nur ein Nicken zustande. „Was ist zwischen euch vorgefallen? Schlimm genug, dass ihr euren Streit auf der Damentoilette hattet. Nicht auszudenken, was die Angestellten denken."

„Ich weiß nicht mehr, womit es anfing", log ich. Ich wollte ihm nicht sagen, dass wir es geschafft hatten ein Kind zu zeugen, auf das ich keine Lust hatte. Dazu noch mit einer Frau, die mich in den Wahnsinn trieb.

Erneut landete seine Faust auf dem Tisch. „Letzte Chance und lüg mich bloß nicht an." Er deutete mit seinem Zeigefinger auf mich. „Was ist passiert? Sie hat geweint und stand regelrecht neben sich. So was kommt nicht von nichts. Deine Laune ist schrecklich, seitdem du wieder zurück bist."

Er hatte recht. Meine Laune war schlecht und schuld daran war Thalia. An einem Abend nahm ich meinen Mut zusammen und beschloss, ihr von meiner Nicht-Beziehung-Beziehung zu erzählen. Natürlich ohne Brookes Namen zu erwähnen. Doch meine Schwester lachte nur, meinte, dass nur Brooke diese Frau sein könnte und dass ich in einer Beziehung war, ohne es zu merken. Man schlief nicht bei jemanden oder verbrachte Zeit mit dieser Person, ohne Sex miteinander zu haben.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, erzählte sie Matthew davon und dessen Blick war mehr als eindeutig. Ich war gefangen in einer Beziehung, ohne es zu merken, und es machte mich unglaublich wütend. Noch wütender wurde ich, als ich merkte, dass ich Brooke wirklich vermisste. Meine Gedanken waren oft bei ihr, wenn ich etwas tat oder sah, von dem ich wusste, dass es ihr ebenfalls gefallen würde.

„Du bringst mich um, wenn ich dir die Wahrheit sage", gab ich leise von mir. Im Grunde wollte ich es nur noch hinter mich bringen.

„Du hast ihr doch nicht nachgestellt?", fragte er.

Entsetzt sah ich ihn an. „Denkst du so von mir?"

„Sag mir, was ich denken soll! Ihr hattet auf einer Toilette Streit."

Ich beschloss, dass es wohl das Beste war, ihm die Wahrheit zu sagen. „Brooke ist schwanger." Noch immer hatte ich den Anblick der vielen Schwangerschaftstests vor mir, als ich einen Blick in ihr Badezimmer warf.

Er saß da und sah mich einfach nur an. Sein Zorn schien wie verflogen und kurz dachte ich, er hätte vielleicht einen Schlaganfall. „Oh Gott", rief er dann. „Hat das Schwein sie etwa doch in seine Finger bekommen?"

„Was?" Er ging wohl davon aus, dass Ben der Vater war und dieses Missverständnis wollte ich schnellstmöglich aus der Welt räumen. „Das Kind ist nicht von Ben."

„Gott sei Dank." Er atmete geräuschvoll aus und für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Doch dann hatte er eins und eins zusammengezählt. „Das hast du nicht getan." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung und in seinem Gesicht spiegelten sich Entsetzen und Enttäuschung.

„Ich war das nicht allein. Es gehören immer zwei dazu", versuchte ich mich zu verteidigen. Aber es war nicht mehr als ein jämmerlicher Versuch. „Ich habe es heute Morgen herausgefunden, und als ich sie darauf angesprochen habe, ist es irgendwie eskaliert."

„Irgendwie eskaliert? Sie hat gekündigt und so wie ich dich kenne, wolltest du vermutlich mit dem Kopf durch die Wand", schlussfolgerte Dad und hatte damit nicht unrecht. „Du solltest versuchen, in Ruhe mit ihr zu reden. Ein One-Night-Stand mit solchen Folgen ist wohl nur schwer zu verkraften."

„Wir hatten keinen One-Night-Stand", erklärte ich weiter. „Es lief schon etwas länger."

Von dem Mann, der mich bis vor wenigen Augenblicken noch in Grund und Boden gestampft hatte, war nicht mehr viel zu spüren. Er wirkte wie ausgewechselt und schien beinahe fröhlich. „Sie hat dich also gezähmt?"

„Pfft." Keine Frau würde mich jemals zähmen. Besonders nicht diese brünette Zicke mit ihrem perfekten Hintern.

„Wir bekommen also noch ein Enkelkind", flötete er ausgelassen vor sich hin und wirkte regelrecht beschwingt.

Was hatte er gerade gesagt? Ging er etwa davon aus, dass wir dieses Kind bekommen würden? Gemeinsam? Wo war der Mann, der mir vor zwei Minuten noch den Kopf abreißen wollte? Kann ich ihn wiederhaben? Ich wollte keine Kinder, aber seitdem Tate und Maddison auf der Welt waren, gab es für meine Eltern fast nichts anderes mehr. Sie beteten die Kleinen regelrecht an und ich wusste, dass es sie schmerzte, dass sie so weit entfernt von ihnen aufwuchsen.

„In diesem Fall steht es Brooke frei, ob sie arbeiten möchte. Sie sollte sich schonen und natürlich wird der Lohn auch weiterhin gezahlt", begann er mit seiner Planung und mir blieb der Mund offen stehen. „Außerdem braucht sie eine größere Wohnung. Am besten in einem bewachten Wohnkomplex. Niemand, der nicht erwünscht ist, sollte Zugang zu ihr und dem Baby haben."

Nach unseren Streit heute würde ich wohl zu denen gehören, die keinen Zutritt hätten. Doch dieser Gedanke war nur kurz und wurde von einem anderen abgelöst. Was wäre, wenn sie das Kind behielte und Ben die beiden in seine Hände bekam? Ich wollte zwar dieses Kind nicht, aber noch weniger wollte ich, dass dieses Monster in dessen Nähe käme oder in die von Brooke.

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt