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4 Wochen später
Brooke

Es nervte mehr als alles andere, dass ich immer noch nicht das Geschlecht unseres Kindes kannte. Dafür, dass es jede Nacht sportliche Übungen auf Olympianiveau in mir veranstaltete, war es absolut regungslos, sobald ich das Wartezimmer meiner Ärztin betrat. Nun hätte ich von einem sich immer wiederholenden Zufall ausgehen können, aber bei dem Vater war es wohl doch Absicht. Mein Baby und John hatten sich gegen mich verschworen und ich konnte nichts dagegen tun.

Eine kleine Genugtuung war mir jedoch vergönnt. Jo hatte uns bei einer Bekannten angemeldet, die Schwangerschaftskurse gab, und John fühlte sich bei jedem der Kurse mehr als unwohl. Absagen oder nicht mit mir hingehen konnte er aber anscheinend nicht. Er begleitete mich tatsächlich zu jedem Kurs und jammerte erst im Anschluss, wenn wir im Auto saßen. Die anderen Schwangeren machten ihm wohl Angst.

„Lass mich das machen."

John ließ es momentan nicht einmal zu, dass ich irgendetwas alleine im Haushalt tat. Ständig war er um mich herum und klebte wie ein Schatten an mir. Es nervte und wirklich entspannen konnte ich nur, wenn er arbeiten war. Es waren die schönsten Stunden am Tag, abgesehen von den wenigen Stunden, die ich mit Schlafen verbringen konnte. Langsam setzte sie Schwangerschaft mir zu und ich wollte nichts sehnlicher, als endlich mal wieder mehr als vier Stunden am Stück zu schlafen. Am meisten fieberte ich jedoch dem Moment entgegen, wenn ich den Bauch endlich los war. Es kostete mich einiges an Kraft, diesen ständig vor mir herzutragen und mein Rücken schmerzte dauerhaft.

Während John mir den Wäschekorb abnahm und alles ungesehen in die Waschmaschine warf, konnte ich innerlich nur die Augen verdrehen. Zumindest war nichts dabei, was abfärben oder einlaufen konnte. Aber ein richtiger Hausmann würde nie aus ihm werden. Das wurde mir jedes Mal aufs Neue bewusst, wenn er mir helfen wollte und es nicht so tat, wie ich es wollte. Zwar richtete er keinen Schaden an, aber es konnte auch an meinem eigenen Anspruch liegen, dass ich nie mit dem zufrieden war, was er tat. Trotzdem versuchte ich ihm seine Versuche hoch anzurechnen, auch wenn er es falsch machte.

Grundsätzlich war es momentan seltsam. Thalia und Matthew würden mit den Kindern in zwei Wochen kommen. Das hieß für John und mich, dass wir dann heiraten würden und es war ein komisches Gefühl. Nicht, dass ich jemals von einer riesigen Hochzeit, üppigen Blumenbouquets und einer meterlangen Schleppe an meinem Brautkleid geträumt hätte. Aber so ganz ohne alles war es schon seltsam.

„Du starrst mich schon wieder an." John riss mich aus meinen Gedanken und ich musste ihn angesehen haben, als hätte er mir einen riesigen Schrecken eingejagt. „Was ist los?"

„Nichts." Mit einer Handbewegung tat ich seine Frage ab und ließ ihn alleine mit der Wäsche, während ich zurück ins Wohnzimmer ging, um das zu tun, was ich seit Wochen tat. Auf dem Sofa sitzen und Filme sehen. Dabei brach ich öfters spontan in Tränen aus, weil die Hormone einfach taten, was sie wollten.

Er folgte mir. So, wie er es seit Neustem immer tat. „Du meinst immer, dass es nichts wäre. Aber irgendwas hast du doch."

Ich bettete meinen Kopf auf den Berg von Kissen und rollte mich in die Decke ein, die mir aufgrund ihres Gewichts ein Gefühl der Sicherheit gab. Keine Ahnung, wo sie herkam, doch eines Tages war sie hier und seitdem schien ich regelrecht mit ihr verwachsen zu sein. „Ich bin müde", gab ich von mir und hoffte, dass er nicht weiter nachfragen und mich in Ruhe lassen würde.

Doch John wäre nicht John, wenn er nicht bemerkt hätte, dass etwas meine Gedanken beherrschte. „Ich nehme dir die Decke wieder weg, wenn du nicht verrätst, was dich beschäftigt."

„Das würdest du nicht wagen!"

Er beugte sich zu mir hinab und griff an den Saum der Decke. „Willst du es herausfinden?", neckte er mich und zog vorsichtig daran.

Wie eine Besessene riss ich ihm den Saum aus den Händen und hielt diesen im eisernen Griff. „Es geht um die Hochzeit", nuschelte ich nach einigen Sekunden und ließ mich wieder in die Kissen sinken.

„Worum genau? Ist es wegen des Namens? Ich dachte, wir wären uns einig, dass du meinen Familiennamen annimmst."

Oh ja. Wir hatten viele Diskussionen alleine wegen des Namens geführt. Ich hatte zwar keine Familie mehr, dennoch war ich stolz auf meinen Namen und hatte es John immer wieder gesagt. Am Ende hatte ich trotzdem nachgegeben und er stolzierte als strahlender Sieger wie ein Gockel durch die Wohnung.

„Nein", antwortete ich beleidigt. „Es geht nicht immer nur um den Namen. Vielmehr habe ich ein Problem damit, wie diese Hochzeit stattfinden soll." Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, John zu erklären, dass eine Hochzeit trotz all des fehlenden Prunks, auf welchen wir uns geeinigt hatten, sich trotzdem wie eine Hochzeit anfühlen sollte und dies beinhaltete für mich nicht nur in Jeans und Bluse vor dem Standesbeamten zu stehen.

„Du willst also das volle Programm?", fragte er mich und zog eine Augenbraue skeptisch nach oben. „Mit Kleid, Blumenmädchen und dem ganzen Schnickschnack? Wir haben doch Ringe gekauft, reicht das nicht?"

Da war es wieder. Anscheinend fehlte John tatsächlich jegliches Gefühl von Romantik. Aber ich machte mir nichts vor, denn er war halt schon eher der praktisch veranlagte Typ. Ihm wäre es wirklich am liebsten, wenn wir einfach hereingingen, die Urkunde unterschrieben und sofort wieder verschwinden würden.

„Ich will ja kein Kleid", machte ich meinem Unmut Luft. Ehrlich gesagt hätte ich mich mit meinem mittlerweile doch recht großen Bauch ziemlich unwohl in einem Kleid gefühlt. „Ich würde mir einfach wünschen, dass wir im Anschluss alle gemeinsam noch einen schönen Abend verbringen. Vielleicht ein gemeinsames Essen, aber nur, wenn es dich nicht allzu sehr stört."

Sein daraufhin folgender Gesichtsausdruck zählte zu den wenigen, die ich nie richtig deuten konnte. War er mit meinem Vorschlag eines gemeinsamen Essens zufrieden oder störte ihn daran irgendetwas. Es war durchaus denkbar, dass er unsere Ehe nicht an die große Glocke hängen wollte. So war John einfach. Aber dennoch hatte ich in mir diesen kleinen Funken Hoffnung, dass er zumindest vor seiner Familie den Schein wahren würde.

„Mittlerweile ist mir bekannt, dass deine Hormone dich manchmal etwas unleidlich machen." Er lachte plötzlich. „Warum sagst du nicht einfach, was du willst? Was könnte ich schon großartig ausrichten, außer Nein zu sagen? Aber dein Vorschlag gefällt mir. Lass uns alle zusammen essen gehen. Vermutlich wird es das letzte Mal sein, dass wir alle so zusammenkommen."

Kurz dachte ich über seine Worte nach und ein ungutes Gefühl überkam mich. Aber ich tat es ab, denn vermutlich waren es wieder einmal die Hormone, die mich so fühlen ließen. Viel mehr ging ich davon aus, dass seine Worte sich auf die Geburt unseres gemeinsamen Kindes bezogen. Es waren nur noch knapp zwei Monate, dann würde sich unser Leben noch einmal komplett verändern.

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt