1

2.6K 146 61
                                    

John

„Ich habe meinem Doktor nicht gemacht, um mich von einem zweitklassigen Abklatsch meiner Schwester durch die Gegend scheuchen zu lassen!"

Ich befand mich im Büro meines Dads und war außer mir vor Zorn. Brooke hatte es tatsächlich gewagt, erneut Studien anzuordnen, da das neue Medikament wohl noch nicht zur Genüge getestet wurde. Diese Frau hatte doch keine Ahnung.

„Brooke wird ihre Gründe dafür gehabt haben." Dad war die Ruhe in Person. Seitdem er und Mom regelmäßig in D.C. zu Besuch waren und Thalia in wenigen Monaten die Zwillinge auf die Welt bringen würde, konnte ihn nichts mehr aus der Haut fahren lassen. Er war bereits voll im Grandpa- Modus.

„Das Medikament muss auf den Markt", forderte ich mit Nachdruck. „Zeit ist Geld."

„Du wirst nicht nachgeben, oder?"

„Natürlich nicht. Ich bin im Recht. Ich habe keine Ahnung, warum sie das Erscheinungsdatum weiter hinauszögert." Wie ein wild gewordenes Tier lief ich im Büro auf und ab.

Gerade in dem Moment, als ich der Meinung war, er würde meinem Willen nachgeben, klingelte sein Telefon. Er blickte kurz auf das Display und der plötzlich strahlende Ausdruck in seinem Gesicht konnte nur bedeuten, dass Thalia anrief. Ich war also vorerst abgeschrieben.

Dad nahm den Hörer ab und ich setzte mich auf einen der Stühle, welcher vor seinem Schreibtisch stand.

„Motte", rief er freudig und die nächsten zehn Minuten verbrachte er damit, alles zu bestätigen, was sie sagte. Was auch immer es war.

„Das sind hervorragende Neuigkeiten. Ich werde deiner Mom natürlich sofort davon berichten. John ist ebenfalls hier." Thalia sprach weiter und Dad bestätigte wieder einmal alles, was aus ihrem Mund kam.

„Ich hab dich auch lieb. Grüß Matthew von uns." Dann legte Dad auf und sah wieder zu mir. „Thalia lässt dich grüßen. Sie hat dir wohl eine Email geschickt und du hast noch nicht geantwortet. Warum antwortest du deiner Schwester nicht?"

Als wären wir wieder kleine Kinder, die sich gegenseitig ärgerten und Daddy muss zur Hilfe eilen und zwischen uns vermitteln. „Ich habe versucht, ein neues Medikament auf den Markt zu bringen, falls du dich erinnerst."

„Ach ja", er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich werde mir von Brooke die Unterlagen zu dem Medikamententest zeigen lassen. Dann entscheide ich."

Er grinste noch immer von einem Ohr zum anderen und allmählich wollte ich wissen, was Thalia zu ihm sagte. „Nun rück schon raus mit der Sprache. Was hat Thalia gesagt."

Meine Schwester lebte nun schon seit einigen Monaten am anderen Ende des Landes und es war seltsam, sie nicht mehr jeden Tag um mich zu haben. Thalia hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Schulen und Brunnen in Afrika bauen zu lassen, aber Matthew würde sie vorerst, ganz abgesehen von ihrer Schwangerschaft, wohl nicht mehr dorthin reisen lassen.

„Die Zwillinge lagen heute sehr günstig und der Arzt konnte die Geschlechter erkennen." Das erklärte natürlich das abnormale Grinsen in seinem Gesicht, welches mich etwas an den Joker aus Batman erinnerte. „Eure Mom wird ausrasten."

„Der einzige der ausrastet, wirst du sein, wenn du deine Kreditkartenabrechnung siehst", erwiderte ich. „Sie und Madlen warten doch nur darauf zu erfahren, was es wird. Kaufen Thalia und Matthew eigentlich irgendwas selber für die Kinder?"

Tatsächlich war das Haus der zwei gerade erst fertiggestellt worden. Die Renovierungsarbeiten hatten einige Zeit in Anspruch genommen und der Umzug würde in wenigen Tagen stattfinden. Es war nicht viel, abgesehen von dem Kater, was sie aus dem Appartement mitnahmen. Thalia war so im Nestbautrieb gefangen, dass sie alles neu kaufte. Außer die Ausstattung für die Kinderzimmer, denn das hatten die werdenden Großmütter schon erledigt. Ebenso unzählige Strampler und was man sonst noch so brauchte. Nun, da sie die Geschlechter der Zwillinge erfahren, würden sie dasselbe mit großer Wahrscheinlichkeit nochmal kaufen, nur eben auf das jeweilige Geschlecht angepasst.

„Meinen Enkeln soll es an nichts fehlen. Solltest du mal eine Frau finden und Kinder mit ihr zeugen, wird es bei deinen Kindern nicht anders sein", redete er ruhig. „Also, soll ich es dir verraten oder nicht?"

„Natürlich will ich es wissen", antwortete ich und ich wollte es wirklich. Thalia war meine kleine Schwester und auch wenn sie nun am anderen Ende des Landes lebte, gab es keine andere Frau, welche einen solchen Stellenwert in meinem Leben besaß wie sie. Ihrem Verlobten, Matthew, stand ich Anfangs skeptisch gegenüber und vielleicht gab es eine kleine Auseinandersetzung zwischen uns, nachdem Thalia ihn verlassen hatte, aber er war ein guter Mann und trug sie regelrecht auf Händen. Anders als das Monster, mit welchem sie vorher zusammen war.

„Du bekommst einen Neffen und eine Nichte." Dad strahlte und auch mir wuchs ein großes Grinsen im Gesicht.

„Also hat Matthew mit einem Schuss dafür gesorgt, dass niemand in der Minderheit ist."

„John!", rief Dad entsetzt. „Darüber will ich nicht nachdenken!"

„Ach komm schon. Als ob du nicht wüsstest, wie die Kinder entstanden sind. Uns habt ihr auch nicht im Kohlfeld gefunden", lachte ich.

„Komm du mal in meine Situation."

„Dafür brauche ich erstmal eine Frau." Ich überschlug meine Beine und lehnte mich zurück.

„Du bringst es auf den Punkt." Dad sah mich wissend an. „Du brauchst eine Frau! Nicht mehrere, immer wechselnde Partnerinnen, sondern eine. Ich ging all die Jahre davon aus, dass das erste Enkelkind von dir kommt."

„Ich habe weder die Ambitionen, noch die Zeit dafür. Thalia und Matthew haben doch nun für den Fortbestand der Familien gesorgt. Also ist doch alles in Ordnung. Mein aktuelles Interesse liegt voll und ganz auf dem neuen Medikament, welches durch Brooke und deren verfluchten Sturkopf nicht auf den Markt gebracht werden kann."

„Ich kümmere mich darum und werde sie nachher zu mir bestellen", sprach er ruhig.

„Warum nicht jetzt?" Wie konnte er nur so ruhig sein?

„Weil es zu keinem ruhigen Gespräch kommen wird, solltest du noch hier im Büro sein. Ich verstehe nicht, warum du dich so auf sie eingeschossen hast. Als Thalia noch hier war, hattet ihr zwei keinerlei Probleme miteinander."

„Sie macht ihren Job mittelmäßig."

„Brooke macht ihren Job hervorragend!" Dad schlug mit seiner flachen Hand auf den Tisch. „Du benimmst dich wie ein kleiner, bockiger Junge, dem sein Spielzeug weggenommen wurde. Ich denke, dass dein Problem mit Brooke darin liegt, dass sie Thalias Job macht."

„Was weißt du denn schon?" Ich stand auf und verließ das Büro. Dabei fühlte ich mich tatsächlich wie ein kleiner Junge, welcher beleidigt war. Mein Dad hatte Recht und das ärgerte maßlos.

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt