24

2.1K 145 22
                                    

1 Monat später
Brooke

„Mein Bruder ist ein Idiot." Thalia machte kein Geheimnis daraus, dass sie von Johns Verhalten mehr als enttäuscht war. „Wenn ich das nächste Mal mit Mom spreche, werde ich sie fragen, ob er als Baby vielleicht vom Wickeltisch gefallen ist. Anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären."

In einem Monat hatte sich viel verändert. Meine Wohnung war gekündigt und John hatte ein Appartement gefunden, welches uns beiden gefiel. Vier Zimmer und drei Bäder. Seine Eltern gingen davon aus, dass die vielen Zimmer für mehr Enkel bestimmt waren. Doch die Wahrheit sah anders aus. Es gab ein Büro für ihn, ein Zimmer für das Baby, welches in weniger als sieben Monaten das Licht der Welt erblicken würde und jeweils ein Schlafzimmer für John und mich.

Seit der Baby-Bombe war jegliche Interaktion zwischen uns auf das Nötigste beschränkt. Wir waren höflich, aber dennoch distanziert zueinander. Thalia und Nora wussten natürlich darüber Bescheid. Norman und Jo, seine und Thalias Eltern, gingen davon aus, dass wir das glücklichste Paar auf Erden waren.

„Er will dich wirklich heiraten?" Nora konnte es noch immer nicht glauben.

„Ich kann es selbst nicht glauben. John ist wie besessen davon. Wir heiraten und alle sind glücklich." Mein loses Mundwerk hatte mir dieses Dilemma selbst eingebrockt.

„Er will vermutlich, dass euer Kind seinen Namen hat." Matthew, welcher sich in der angrenzenden Küche etwas aus dem Kühlschrank nahm, hatte unser Gespräch wahrscheinlich belauscht. Aber so wie ich ihn kannte, hatte er es nicht absichtlich getan. Nachdem er sich eine Flasche Wasser genommen hatte, verließ er den Raum und ging vermutlich wieder in sein Büro. Seitdem die Zwillinge auf der Welt waren, arbeitete er die meiste Zeit von zu Hause aus.

Von diesem machte ich mir momentan ein genaues Bild. Nora, natürlich mit Jona, und ich verbrachten ein verlängertes Wochenende am anderen Ende des Landes. Es war auch ganz gut, denn an diesem Wochenende würde John den Umzug in das neue Appartement beaufsichtigen. Dabei war ich ihm vermutlich eh nur im Weg und er stimmte meinem Vorschlag ohne Diskussion zu. Ich sollte mir ein schönes Wochenende machen und entspannt zurückkommen.

Ich mochte es, mit den Mädels zusammen zu sein und einfach unbefangen über alles reden zu können. Nora hatte mir mittlerweile auch verziehen, dass ich Jona ein Geburtstagsgeschenk gemacht hatte, welches sie regelmäßig an den Rand der Verzweiflung trieb.

Natürlich waren wir nicht alleine. Matthew wohnte auch hier, ließ uns aber unseren Freiraum, welchen besonders ich dringend nötig hatte. Jeff hingegen, Noras Partner, blieb in L.A. und genoss dort seinerseits die Ruhe. Alle profitierten von diesem Wochenende. Besonders Thalia betonte öfters, dass sie froh war ihre Zeit auch mal mit Erwachsenen zu verbringen.

Sie liebte Tate und Maddison abgöttisch, aber etwas Abwechslung tat ihr gut. Sie hatte uns gebeichtet, dass sie sich ein paarmal mit anderen Müttern aus dem Schwangerenkurs getroffen hatte, aber diese Frauen nervten sie nur. Die Kinder waren erst wenige Monate alt und schon jetzt herrschte bei einigen Müttern ein Wetteifern darüber, welches Kind am weitesten entwickelt war. Ich konnte sie da gut verstehen, darauf hätte ich auch keine Lust.

„Ich versteh ihn nicht", gab ich zu. „Er will nichts von dem Baby wissen. Warum soll es dann seinen Nachnamen tragen? Es würde mich nicht wundern, wenn er es dieses Wochenende noch einmal richtig krachen lässt. Vermutlich fickt er irgendein Flittchen, während ich hier sitze."

„Bist du etwa eifersüchtig?" Nora versuchte nicht einmal den Unterton in ihrer Stimme zu verbergen.

„Natürlich nicht. Solange es nicht Bridget ist." Noch immer konnte ich nicht glauben, dass sie und Nora Schwestern waren. Ihre Charaktere waren grundverschieden.

Während ich genervt schnaubte und Nora sich ein Lachen nicht verkneifen konnte, war es Thalia, die einwarf, dass ihr Bruder definitiv keine andere haben würde. Das machte nicht nur mich hellhörig und somit wurde sie von zwei Augenpaaren regelrecht angestarrt.

„Wir wollen alles wissen, was du weißt", ergriff Nora das Wort, während ich mich nicht einmal traute zu blinzeln aus Angst, ich könnte etwas verpassen.

„Viel kann und darf ich nicht dazu sagen." Das darf betonte sie besonders. „Aber ich weiß sicher, dass es keine andere Frau gibt. Wir telefonieren viel miteinander und es gibt wirklich nichts, was er mir nicht sagt. Ich weiß auch, dass Mom ihn momentan in den Wahnsinn treibt, weil sie bei euch genau dasselbe macht wie bei Matthew und mir."

Wieder war es Nora, die ihr Lachen nicht zurückhalten konnte. „Oh ja. Baby-Gate", lachte sie. Thalia hingegen schien einfach nur genervt zu sein.

Ich verstand nur Bahnhof. „Was ist Baby-Gate?".

„Ein anderer Begriff dafür, dass du nichts für dein Kind kaufen musst. Jo wird sich um alles kümmern." Matthew erschien im Wohnzimmer. War er ein Geist oder warum hörte man ihn nie? „Die Kinder sind wach", informierte er uns. „Alle drei."

„Das war unser Stichwort." Nora war die Erste, die sich erhob und nach oben ging.

Thalia folgte ihr, nachdem sie mir gesagt hatte, dass ich ruhig sitzen bleiben könnte. „Die Zwillinge haben beinahe vier Stunden geschlafen. Das ist gut, aber meine Brüste fühlen sich an, als ob sie jeden Moment platzen würden."

Ich musste lachen und auch Matthew konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Lacht nur weiter. Du wirst die Mädels so schnell nicht mehr zu Gesicht bekommen", drohte sie Matthew. Danach wandte sie sich mir zu. „Und du wirst auch bald verstehen, was für Schmerzen das sind."

Ich sah ihr nach und wandte meine Aufmerksamkeit dann Matthew zu. „Wenn er möchte, dass das Kind seinen Namen hat, dann könnte er mich doch einfach fragen."

„So einfach ist das nicht", gab er von sich und setzte sich mir gegenüber auf einen der gemütlichen Sessel. „Zumindest nicht für uns Männer."

„Er meinte, dass er nichts von dem Babykram wissen möchte." John nannte es tatsächlich so. Babykram. „Deswegen verwirrt deine Aussage mich etwas. Du und Thalia seid auch nicht verheiratet und trotzdem tragen eure Kinder deinen Nachnamen."

„Die Ausgangssituation zwischen uns ist auch eine andere. Es war zwar nicht immer alles einfach, aber wir waren und sind ein Paar. Soweit ich weiß, ist das bei John und dir nicht der Fall. Aber ich kann dir versichern, dass er spätestens, wenn euer Kind auf der Welt ist, alles dafür tun wird. Es braucht bei uns einfach länger, bis wir die Situation richtig verstanden haben. Ich habe es auch erst richtig wahrgenommen, als ich Tate und Maddie das erste Mal in meinen Armen hielt. Bis dahin war alles nur in meinem Kopf. Für jede Wahrscheinlichkeit hatte ich einen Plan, aber als sie dann da waren, war alles wie weggeblasen."

Matthew hatte wahrscheinlich recht. Was wusste ich schon davon, was in den Köpfen der Männer vor sich ging? Es mangelte mir an nichts und trotzdem wünschte ich mir, dass John nicht alles so kühl angehen würde. Er vermied es sogar, mich zu den Kontrollterminen zu begleiten.

„Wenn es für dich in Ordnung ist, würde ich heute Abend gerne mit Thalia über alles reden", offenbarte er und ich wusste sofort, was er mit alles meinte.

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt