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Brooke

John überraschte Nora und mich bei seiner Rückkehr mit einer riesigen Auswahl an Köstlichkeiten von einer der angesagtesten Confiserien der Stadt. Es waren wirklich eine Menge Pralinen, Schokoladen, Nüsse und andere Süßigkeiten. Auch für Jona hatte er eine Kleinigkeit besorgt, damit er keinen Zuckerschock bekam. Doch die eigentliche Überraschung war der Strauß Blumen und seine gute Laune, mit welcher er unsere Wohnung betrat.

Selbst Jona nahm er auf seine Arme und störte sich nicht an den Süßigkeitenresten, welche der Kleine überall auf seinem Sakko verteilte. Irgendwas war während des Gesprächs mit seinem Vater vorgefallen, doch ich wollte nicht fragen, solange Nora noch da war. Außerdem hatte ich Angst, dass seine Laune umschlug und er nicht mehr ganz so liebenswert war, wie es in diesem Moment der Fall war.

Zum Abendessen hatte er etwas von meinem Lieblingsitaliener liefern lassen. Jeff wurde ebenfalls zum Essen eingeladen und bei seiner Ankunft brachte er eine Flasche Rotwein mit, an der ich leider nur riechen konnte, nachdem John sie geöffnet hatte. Somit verbrachten wir einen gemütlichen und teils sogar lustigen Abend zusammen. Mein Gesicht schmerzte vom vielen Lachen, aber es wäre vermutlich weniger schmerzhaft ohne meine Verbrühungen gewesen. Es war zum Niederknien, John dabei zu beobachten, wie er sich mit Jona beschäftigte und dabei völlig nach der Nase des Einjährigen tanzte. Vielleicht wäre er wirklich ein guter Vater, nicht nur auf dem Papier. Doch vorerst konnte ich nichts anders tun, als abzuwarten, denn es würde noch einige Monate dauern, bis wir Eltern wurden.

Es war schon spät, als unsere Gäste sich verabschiedeten. Jona schlief bereits einige Stunden und ließ sich auch nicht davon stören, dass er hochgenommen und angezogen wurde. Wir sollten so was öfters machen, aber wer wusste schon, wann John erneut so gute Laune haben würde. Ich stand alleine in der Küche und verräumte die letzten Reste unseres Abends, während John kurz in seinem Büro war, um einige Dinge zu holen, wie er es nannte. Dementsprechend groß war der Schreck, den ich bekam, als er mich plötzlich ansprach. Beinahe ließ ich einen der Teller fallen, die ich in die Spülmaschine stellen wollte.

„Hast du vor, Bridget zu verklagen?"

Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich war die meiste Zeit abgelenkt und somit fehlte mir die nötige Zeit, um mich mit dieser Person und deren schrecklichem Handeln zu beschäftigen. „Was würdest du tun?", fragte ich ihn und widmete mich wieder der Spülmaschine.

Scheinbar konnte er sich ein leises Lachen nicht verkneifen, und nachdem er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte, kam er weiter auf mich zu. „Wenn ich mit ihr fertig wäre, würde alles, was ihr Eigentum ist, mir gehören."

Ich zweifelte nicht eine Sekunde an seiner Aussage und traute ihm sogar zu, dass er mir das Kind wegnahm, wenn ich ihn auf irgendeine Weise kränken oder verletzen würde. Man erkannte es nicht immer, schon gar nicht als außenstehende Person, aber tatsächlich begegneten wir uns inzwischen stets mit Respekt und ich konnte nicht leugnen, dass ich ihn als Menschen mochte.

„Vielleicht reicht eine einstweilige Verfügung. Damit sie sich mir nicht mehr nähern darf."

John murmelte etwas vor sich hin, was ich nicht verstand und zückte sein Handy. Vermutlich stand der Anwalt schon in den Startlöchern und wartete nur auf eine Anweisung. Bei dem Vermögen, welches seine Familie besaß, könnte es aber auch eine Armee von Anwälten sein, die sich um Bridgets Fehlverhalten kümmerten.

„Darf ich dich fragen, warum du heute Abend so gut gelaunt bist?" Ich wollte wirklich wissen, was im Gespräch mit seinem Vater passiert war und hoffte inständig darauf, dass er mir eine Antwort gab und nicht wieder so tat, als ginge mich das alles nichts an.

„Personelle Umstrukturierung", gab er von sich, während er auf den Bildschirm seines Smartphones drückte und es scheinbar nicht für nötig hielt, mich anzusehen.

Diese Aussage und sein Verhalten sorgten wieder einmal dafür, dass meine Laune sank und ich mit mehr Schwung als beabsichtigt die Spülmaschine schloss, während das Geschirr in ihrem Inneren gefährlich klapperte. Er musste doch mittlerweile wissen, dass ich es nicht vertrug, wenn er mit mir sprach und mich dabei nicht ansah, sondern seine Aufmerksamkeit anderen Dingen widmete. „Etwas genauer bitte", forderte ich und ging auf ihn zu. „Und würdest du mich bitte ansehen, wenn du mit mir sprichst?" Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Arm und drückte diesen langsam nach unten. „Der Anwalt kann warten."

Natürlich passte es ihm nicht wirklich, dass ich sein Handeln unterbrach. Aber es hatte den gewünschten Effekt und er legte sein Smartphone auf die Arbeitsplatte neben einer Akte. Vermutlich hatte er diese aus seinem Büro geholt. „Ich möchte, dass du dir die Bewerberin ansiehst."

„Was habe ich denn damit zu tun?", fragte ich ihn und griff unsicher danach. Ich schlug die Akte auf und sah mir die Bewerbung an. Renee Nunez, mexikanische Abstammung und hervorragende Referenzen. „Exzellenter Collegeabschluss, mehrere Jahre Berufserfahrung", murmelte ich vor mich hin und verstand noch immer nicht, warum ich mir das ansehen sollte. „Ist sie nicht etwas überqualifiziert für den Empfang?"

„Sie soll nicht am Empfang arbeiten", gab John von sich.

„Nicht?"

Er schüttelte den Kopf und lächelte mich an. „Sie hat sich auf deine Stelle beworben."

Warum zur Hölle lachte er? Mir fiel beinahe alles aus dem Gesicht. „Mein Job? Sie soll meinen Job machen?"

„Du musst doch einsehen, dass du nicht mehr lange arbeiten kannst. Du solltest dich auf das Baby konzentrieren", versuchte John mich zu beschwichtigen. Er bemerkte, dass ich keinesfalls glücklich war.

„Natürlich. Tausch mich einfach aus", fuhr ich ihn an. „Als würdest du dir einen Zacken aus deiner Krone brechen, wenn du mich vorher fragen würdest. Ich dachte, wir hätten einen Punkt erreicht, in dem wir uns auf Augenhöhe befinden, aber scheinbar brauche ich deine Erlaubnis, um arbeiten zu gehen." Ich feuerte John die Akte vor die Füße und verließ die Küche.

„Wo willst du hin?"

„Ich nehme ein Bad!", schrie ich. „Oder brauche ich dafür auch deine Zustimmung?" Im Badezimmer angekommen knallte ich die Tür hinter mir zu und ließ Wasser in die Wanne laufen, während mir die ersten Tränen kamen. Warum musste ich wegen eines dummen Fehlers an diesen Mann gebunden sein? Ich stieg in die luxuriöse Wanne, in welche mit mir noch mindestens zwei weitere Personen gepasst hätten und kauerte mich zusammen, während ich das Wasser weiter laufen ließ. Erst als sich genug Wasser darin befand, stellte ich es aus und konnte hören, dass ich nicht mehr alleine im Raum war. „Was willst du noch?", japste ich und vermied es, ihn anzusehen.

„Ich schiebe es auf die Hormone, dass du so an die Decke gegangen bist." John sprach mit mir, als wäre nichts passiert und ich wollte ihn deswegen ignorieren, bis ich bemerkte, dass er hinter mir ins Wasser stieg. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass er sich seiner Kleidung entledigt hatte und diese nun vermutlich einfach auf dem Boden vor der Badewanne lag.

„Bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich will dich nicht sehen und noch weniger, dass du mit mir hier drin bist. Kannst du nicht warten, bis ich fertig bin?"

Er legte seine Hände auf meine Schultern und zog mich nach hinten an seinen Körper. Ich wollte mich wehren, doch er ignorierte meinen Widerstand, legte seine Arme um meinen Bauch und stützte seinen Kopf auf meine linke Schulter. „Wenn du damit fertig bist, dich wie eine Furie aufzuführen, möchte ich gerne weiter reden", meinte er ruhig und ich wollte mich erneut darüber aufregen, dass er so gelassen war.

„Was noch?" Ich versuchte ruhig zu klingen, als würde es mich nicht mehr interessieren, was er vor wenigen Minuten zu mir gesagt hatte, aber ich hörte mich an wie ein bockiges kleines Kind. Er hatte mir quasi mein liebstes Spielzeug weggenommen. Meinen Job und diesen hatte ich mir mit harter Arbeit verdient.

„Du wirst mich nicht unterbrechen oder anschreien", sprach er mit einer Mischung aus Belustigung und Strenge. Als ich nicht antwortete, nahm er es als Bestätigung auf und redete ruhig weiter. „Dad möchte sich zur Ruhe setzen und mehr Zeit mit Mom und den Enkeln verbringen. Am liebsten sofort, doch das ist noch nicht möglich. Er wird noch so lange warten, bis du nach der Geburt wieder arbeiten möchtest. Dann übernehme ich die Leitung der Firma und du kleiner, hormongesteuerter Teufel wirst den Posten als Assistenz der Geschäftsleitung übernehmen."

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt