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Brooke

Es war schon seltsam, wie unterschiedlich Begrüßungen abliefen. Während Nora überschwänglich von Jeff empfangen wurde, der sie und Jona sichtlich vermisst hatte, erschien John eher wie ein Eisberg.

Ich war natürlich überrascht, dass er mich persönlich vom Flughafen abgeholt hatte. Eigentlich ging ich davon aus, dass er einen Fahrer schicken oder ich mit Nora, Baby Jona und Jeff fahren würde. Ich war beinahe erleichtert, ihn zu sehen, denn die letzten Tage hatte er sich nicht einmal bei mir gemeldet. Es war typisch für ihn, also sollte es mich nicht aufregen. Dennoch machte es mich beinahe wahnsinnig, nicht zu wissen, woran ich und unser Wurm bei ihm waren. Er konnte doch nicht nur aus Pflichtgefühl so handeln.

Es versetzte mir einen Stich, dass meine Rückkehr anders aufgenommen wurde als die von Nora. John wechselte sogar mehr Worte mit ihr wie mit mir.

Zumindest schien er mich nicht dauerhaft anschweigen zu wollen. Nachdem wir uns von den anderen verabschiedet hatten und John meine kleine Tasche in den Kofferraum seines Wagens verstaut hatte, begann er ein Gespräch mit mir. Zwar nur Belangloses, wie der Umzug in meiner Abwesenheit verlief oder ein riesiger Stapel Kataloge, den Jo für uns besorgt hatte und welcher nur darauf wartete, dass ich mich für eine Kinderzimmereinrichtung entschied. Ich sah Baby-Gate schon vor meinem geistigen Auge.

Er vermied es aber, mich auf meinen Aufenthalt bei Thalia und Matthew anzusprechen, und ich musste kein Genie sein, um zu wissen, dass er bereits eingeweiht war. Seine Schwester hatte ihn vermutlich bereits kurz nach dem Gespräch, in welchem Matthew sie über Ben aufgeklärt hatte, angerufen.

Es tat mir leid, sie so weinen zu sehen und dennoch war ich verwundert darüber, dass sie nicht mitbekommen hatte, dass ihr zu Hause vermutlich besser gesichert war als Fort Knox. Matthew gab zu, dass er, kurz nachdem er vom Auftauchen ihres verrückten Ex hörte, angefangen hatte, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und diese auf dem neusten Stand der Technik waren. Er würde seine Familie schützen, ohne Rücksicht auf denjenigen, der es wagen würde, sich dieser unerlaubt zu nähern.

John redete die meiste Zeit, während wir in unsere neue Wohnung fuhren und ich nickte ab und zu oder gab kurze Antworten. Ich war noch immer eifersüchtig, weil er mir gegenüber so unterkühlt war. Erschwerend kam dazu, dass ich hungrig war und ich hatte wirklich oft Hunger. Wenn ich nicht gerade Hunger hatte, dann war ich müde und wenn nichts von dem zutraf, hatte ich meist ein anderes Problem.

Mein Rücken tat weh, dabei hatte ich noch nicht einmal einen Bauch, welchen ich vor mir her trug. Meine Brüste waren auch empfindlicher als gewöhnlich und sobald ich im Appartement war, würde ich mir diesen BH vom Körper reißen. Alles in allem war mein Nervenkostüm also eine hervorragende Kombination, um mit John und seinem Ego zusammenzuleben. Nicht lange und ich würde ihn im Schlaf ersticken.

Zumal meine Laune nicht unbedingt besser wurde, als er mir sagte, dass wir uns noch über die Aufteilung der Zimmer einig werden mussten. Alles stand im Wohnzimmer oder in der Küche, in Kisten und Boxen verstaut.

„Wenn du willst, bringe ich dich in Thalias Wohnung und wir kümmern uns morgen um das Appartement", schlug er vor, während er den Wagen geschickt durch den Verkehr lenkte.

Ich hatte diese Woche noch Urlaub und dementsprechend ausreichend Zeit. Dennoch entschied ich mich dafür, dass wir zur neuen Wohnung fahren würden. Je schneller wir damit fertig waren, desto schneller konnte ich mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren. Miles musste mich nur diese eine Woche vertreten, aber vermutlich hatte er alles voll im Griff. Der Junge war ein Genie und selbst John war mit seiner Arbeit äußerst zufrieden.

Die letzten Minuten der Fahrt verliefen schweigend, bis wir auf dem Parkplatz der Tiefgarage standen, welcher exklusiv zu unserer Wohnung gehörte. Genauso wie drei Weitere, die alle in einer Reihe lagen und nahe am Fahrstuhl waren. Seltsamerweise war einer unserer Plätze bereits belegt. Nicht mit meinem Wagen, denn diesen hatte John verkauft. Laut seiner Aussage brauchte ich ihn nicht und er verursachte nur unnötige Kosten. Natürlich hatte er recht und trotzdem fiel es mir schwer, mich von meinem alten, treuen Begleiter zu trennen.

„Verflucht!", schimpfte John und schaltete den Motor ab. „Was will sie denn hier?"

Ich verstand nicht so recht, über wen er sich beschwerte. Doch dann erkannte ich den Wagen, welcher links von uns stand. „Deine Eltern haben einen Schlüssel?" Nicht nur, dass man einen Schlüssel für das Appartement brauchte. Man benötigte außerdem eine codierte Karte für die Tiefgarage und eine spezielle Zahlenkombination für den Fahrstuhl. Von den Sicherheitsvorkehrungen am Haupteingang mal abgesehen, denn diese ähnelten denen in einem Hochsicherheitsgefängnis. Man konnte nicht einmal vor dem Gebäude stehen, ohne das es jemand vom Sicherheitsdienst bemerkte und es waren immer vier Männer, welche zeitgleich das Gebäude bewachten.

„Dad ist im Besitz von allem einschließlich eines Ersatzschlüssels. Vermutlich hat Mom alles genommen, ohne dass er es bemerkte. Dabei sollte er es in seinen Tresor legen und nur für einen Notfall aufbewahren ", sprach John und sah überaus genervt aus. „Ich ahne schlimmes."

Ich sah gedankenverloren aus dem Fenster und träumte vor mich hin. „Meinst du, sie hat Pizza dabei?" Warum sollte ich mich jetzt noch aufregen? Jo war da und ich konnte nichts daran ändern. Auch, wenn ich momentan nichts anderes als meine Ruhe haben wollte.

„Hast du Hunger? Warum sagst du nichts? Wir hätten unterwegs irgendwo anhalten können."

Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich dafür zu schämen, diesen Gedanken laut ausgesprochen zu haben, und somit war ich mir nicht ganz sicher, ob das, was ich in seinem Gesichtsausdruck sah, tatsächlich Besorgnis war. Einen kurzen Moment dachte ich, dass er sich vielleicht doch für den Wurm interessieren könnte.

„Ich würde noch mal losfahren und dir etwas holen. Du musst mir nur sagen, was du möchtest."

Schon schwand meine Vermutung. Es ging ihm nicht darum, dass ich Hunger hatte. Er wollte nur noch etwas Zeit schinden und seiner Mom nicht in die Arme laufen. „Du kommst mit mir nach oben", sprach ich ruhig, auch wenn ich innerlich kochte und er es sicherlich bemerkt hatte. Ich öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen, dessen Tür ich daraufhin mit etwas zu viel Schwung zuschlug. „Du meintest, dass dieses Gebäude gesichert ist", meckerte ich daraufhin vor mich hin, nachdem auch er ausgestiegen war. „Aber wenn deine Mutter es schafft, hier ein und auszugehen, wie es ihr gefällt, sollten wir uns vielleicht doch nach etwas anderem umsehen."

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt