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Eine Woche später
Brooke

„Möchtest du etwas essen?" John steckte seinen Kopf durch meine Bürotür und wartete auf eine Antwort von mir.

Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein danke. Ich habe mir etwas mitgebracht. Außerdem muss ich das hier noch fertig machen. Aber danke, dass du fragst. Ein anderes Mal vielleicht."

„Gut", gab er leise von sich und schien sich zurückziehen zu wollen, bevor er noch einmal die Tür einen Spalt öffnete. „Heute Nachmittag sind die Vorstellungsgespräche. Wir haben drei Kandidaten eingeladen. Ich würde es bevorzugen, wenn du ebenfalls dabei wärst."

„Natürlich. Sag mir einfach Bescheid, dann bin ich anwesend." Nachdem ich gesprochen hatte, verließ er mein Büro und ließ mich mit meinen Aufgaben zurück.

Es würde mir den Job ungemein erleichtern, wenn ich endlich wieder jemanden hatte, der mir zur Hand ging. Es war die letzte Zeit sehr anstrengend, denn ich musste quasi für zwei arbeiten. Doch es würde sich nun hoffentlich ändern. Ein weiterer Schritt zurück in die Normalität.

Ich hatte einen Fahrer, der mich jeden Tag zur Firma und wieder zurück fuhr. Meine Verwunderung war groß, als ich am Montag nach unserer letzten Auseinandersetzung eine kurze Nachricht von John erhielt, dass er einen Uberfahrer für mich organisiert hatte, der mich fuhr. Ich bedankte mich und das war es.

Seitdem war es so. John und ich waren regelrecht vorsichtig und sehr höflich zueinander. Es war einfach seltsam. Er spazierte nicht mehr einfach in mein Büro und tat so, als wäre er der Nabel meiner Welt. Außerdem brachte er mir des öfteren etwas zu essen vorbei und erkundigte sich nach meinem Befinden. War er vielleicht krank? Ich beschloss, dass, wenn es so weiter ging, ich Thalia fragen würde, was mit ihm war. Er war mir beinahe unheimlich, wenn er so nett zu mir war. Aber vermutlich ging es ihm nicht anders, denn auch ich verzichtete auf Provokationen jeglicher Art.

Eigentlich sollte ich glücklich darüber sein, dass er sich mir gegenüber so verhielt. Aber ich war es nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich es so wie es nun war, nicht gewohnt war. Mir fehlten unsere Wortgefechte und kleinen Streitereien. Es war einfach seltsam, dass wir uns in einem Moment an die Gurgel gingen und in einem anderen so taten, als wäre nie etwas passiert. Scheinbar war das unser Ding.

Ich schob meine Gedanken zur Seite, konzentrierte mich weiter auf meine Arbeit und ehe ich es bemerkte, klopfte es erneut an meiner Tür.

„Ich bin hier, um dir zu sagen, dass du in den Konferenzraum kommen sollst."

Dass ausgerechnet Bridget hier war, förderte meine Laune nicht im Geringsten. „Was machst du denn hier?" Sollte sie nicht unten am Empfang sitzen?

Sie verdrehte ihre Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich hatte die glorreiche Aufgabe, deine potenziellen Assistenten in Empfang zu nehmen und nach oben zu bringen. Das ausgerechnet du jemanden bekommst, verstehe ich nicht. Womit hast du das verdient?" Der Spot in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Hast du Johnny irgendwie bestochen?"

Ich fuhr meinen Computer runter und erhob mich, damit ich ihr folgen konnte. „Nenn ihn nicht Johnny. Er hat es nicht gerne, wenn man ihn so nennt."

„Oh Gott!", entfuhr es ihr. Sie blieb stehen und drehte sich zu mir um. „Schläfst du etwa mit ihm oder warum führst du dich wie die Sittenpolizei auf?"

„Was? Nein!" Nun war ich diejenige, die entsetzt klang.

„Aber irgendwas ist zwischen euch. Hör mal zu, Brooke. Ich bin seit Jahren an ihm dran. Zu lang um mir von dir meine Tour versauen zu lassen. Also sieh zu, dass du deine Finger von ihm lässt. Es könnte schlecht für dich ausgehen, solltest du dich nicht an meine Warnung halten."

Man musste kein Genie sein, um die Drohung zu verstehen, welche sie mir gegenüber aussprach. Aber sie hatte nicht unrecht. Es gab etwas zwischen John und mir. Auch wenn es etwas anderes war, als sie dachte.

„Keine Sorge. Du kannst ihn haben." Innerlich dachte ich mir meinen Teil. Als ob er sich auf jemanden wie sie einlassen würde. Natürlich konnte er selbst entscheiden, mit wem er seine Zeit verbrachte, aber auch er hatte irgendwo seinen Stolz.

Scheinbar hatte ich es mit meinen Worten geschafft, Bridget abzuschütteln, die einen anderen Fahrstuhl betrat, um hoffentlich mehrere Stockwerke zwischen uns zu bringen. Ich kam nach wenigen Minuten in dem Konferenzraum an, in welchem John bereits auf mich wartete. Die drei Kandidaten saßen mit jeweiligem Abstand zueinander an dem langen Tisch.

„Wenn ich Ihnen dann Brooke Elliott vorstellen darf. Einer von Ihnen wird, wenn es heute gut läuft, die rechte Hand von Miss Elliott werden."

Nachdem John mich vorgestellt hatte, erhoben sie die drei und ich ging auf jeden Einzelnen zu, um mich persönlich vorzustellen. Es waren zwei junge Frauen anwesend und ein noch viel jüngerer Mann, welcher wahrscheinlich frisch vom College kam. Rein äußerlich hätten sie nicht unterschiedlicher sein können und wenn nur die Sympathie entschieden hätte, wäre die vollbusige Blondine, welche ihre Augen kaum von John nehmen konnte, die Erste gewesen, welche ich sofort nach Hause geschickt hätte.

„Wenn wir dann anfangen könnten." Ganz der Geschäftsmann wies John jeden Einzelnen an sich wieder zu setzen. Er förderte drei Taschen zu
Vorschein, welche unter dem Tisch platziert waren. In diesen befand sich jeweils ein Notebook, sowie Schreibmaterialien und einige Akten. „Sie haben zwei Stunden Zeit, um die Aufgaben, welche wir Ihnen stellen, zu lösen. Alles, was Sie dazu brauchen, finden Sie in Ihren Unterlagen. Bitte fangen Sie jetzt an."

Zwei von dreien verloren keine Zeit und machten sich sofort an die Arbeit, während Kandidatin eins, das blonde Biest, lieber John ansah. Was hatten Frauen nur mit ihm? Noch etwas mehr und seine Haare wären länger als meine und einen Rasierer hatte er schon lange nicht mehr gesehen.

„Du starrst mich an", flüsterte er.

Ertappt sah ich vor mir auf die Tischplatte, bevor ich meinen Mut zusammenfasste und mich zu ihm beugte. „Es ist ein schmaler Grat zwischen verwegen und verwahrlost." Ich sprach so leise wie ich nur konnte. Aber anscheinend waren die anderen Anwesenden mit ihrer Arbeit beschäftigt. Na ja, fast alle.

Er schien meine Anspielung zu verstehen und plötzlich war es wieder da. Dieses schelmische Funkeln in seinen Augen. „Ihr scheint es zu gefallen", gab er von sich und sah kurz in die Richtung von Kandidatin eins. „Aber wenn es dich so stört, werde ich heute Abend zu einem Rasierer greifen."

„Meinst du, dass sich in deinem Badezimmer zufälligerweise auch ein Friseur versteckt? Du musst sie ja nicht ganz abschneiden, aber etwas kürzer wäre schön."

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt