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John

Es war so schön. Dieses letzte Wochenende in Freiheit, bevor Brooke und ich endgültig zusammenleben würden. Ich war aufgeregt, denn diese Umstellung meines Lebensstils war keine kleine Veränderung. Als ich sie vom Flughafen abgeholt hatte und sie nach all den Tagen wieder sah, hatte ein kleiner Teil in mir sie wirklich vermisst.

Doch nun war sie wieder dieses teuflische, ständig meckernde Weib, welches es sich scheinbar zum Ziel gemacht hatte, mich in den Wahnsinn zu treiben. Dabei war sie wirklich schön, beinahe perfekt. Vorausgesetzt, sie schwieg.

Ich wusste natürlich, dass ich an ihrer Laune nicht ganz unschuldig war. Zum einen hatte sie meinen Versuch, meiner Mutter zu entkommen, sehr schnell durchschaut. Dann war da noch eben diese Mutter, welche weiß Gott was in dem Appartement veranstaltete. Zu guter Letzt natürlich das Baby, welches definitiv dafür sorgte, dass ihre Stimmung öfters umschwang, als es mir lieb war.

Ich hatte mir mittlerweile angewöhnt, es das Baby zu nennen. Es kam mir irgendwie falsch vor, es in meinen Gedanken als den Unfall zu bezeichnen. Immerhin war es auch ein Teil von mir und ich hoffte, auch wenn ich nichts damit zu tun haben wollte, dass es niemals die Stimmungsschwankungen von Brooke haben würde. Ansonsten hätte ich nicht spät graue Haare oder noch schlimmer, eine Glatze. Ich war tatsächlich etwas eitel, was mein Haar anging. Eine Glatze war mein Untergang.

Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihre kleine Tasche zu tragen, während wir gemeinsam zum Fahrstuhl gingen. Stolz wie eine Herrscherin lief sie vor mir, während ich zwei Schritte hinter ihr blieb, um bloß nicht in ihre Schussbahn zu geraten. Sie war hungrig und ich musste mir Gedanken machen, wie ich ihr etwas zu essen besorgen konnte, ohne dass Mom davon mitbekam. Sie wäre in ihrer Ehre gekränkt, wenn wir uns etwas während ihrer Anwesenheit liefern ließen. Zu gerne versuchte sie sich in der Küche und es konnte nur daran liegen, dass sie in dieser Hinsicht absolut talentfrei war. Wie war es sonst möglich, dass man keine ihrer selbst zubereiteten Gerichte essen konnte, ohne eine Magenverstimmung davonzutragen?

„Sobald meine Mutter gegangen ist, werde ich uns etwas zu essen besorgen." Vorsichtig sprach ich Brooke von der Seite an, als wir gemeinsam im Fahrstuhl warteten, dass dieser auf unserer Etage ankam.

Sie gab einen Laut von sich, welchen ich durchaus als Einverständnis verstand. Aber wirklich sicher war ich mir nicht und ich wagte es nicht, sie nach einer richtigen Antwort zu fragen. Wir mussten eine dauerhafte Lösung finden, denn wir konnten uns nicht ewig an die Kehle gehen. Als wir noch miteinander schliefen, hatten wir ein Ventil, jedoch gab es diese Option nicht mehr für uns. Nicht, dass ich ihren Körper nicht mehr anziehend fand oder ich mir Gedanken um das Baby machte, denn dafür war ich zu aufgeklärt, aber seitdem sie den Hormonen ausgesetzt war, konnte sie mir wirklich Angst machen. Nur zu gerne gab sie mir das Gefühl, dass ich einfach alles falsch machte.

Vor einiger Zeit spielte ich mit dem Gedanken, mir jemanden zu suchen, der mir als eben jenes Ventil dienen könnte. Aber abgesehen von dem Drama sollte Brooke je davon erfahren, kam es mir einfach nur falsch vor. Irgendwas stimmte eindeutig nicht mit mir und ich schob es darauf, dass Brooke und ich in sexueller Hinsicht einfach perfekt zueinander zu passen schienen.

Es blieb mir also vorher nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Hauptsache, Brooke war glücklich. Was meine geplante Hochzeit mit ihr anging, musste ich mir jedoch etwas einfallen lassen, um ihre Meinung zu ändern. Die Fassade musste einfach perfekt sein und eine Ehe gehörte nun mal dazu.

Als der Fahrstuhl auf der gewählten Etage ankam und wir hinaustraten, atmeten wir beide noch einmal tief durch. Ich versprach Brooke, dass ich alles versuchen würde, um meine Mutter so schnell wie möglich abzuwimmeln und schloss dann die Tür zu unserer gemeinsamen Wohnung auf.

„Das gehört dahin." Mom schien irgendjemandem Anweisungen zu geben und als wir näher in die Wohnung traten und den Flur hinter uns ließen traf mich beinahe der Schlag. Warum zum Teufel waren Möbelpacker hier? „Das große Sofa muss weiter nach links. Dann wirkt es stimmiger."

Wir gingen vorsichtig weiter ins Wohnzimmer und nicht nur mir blieb der Mund offen stehen. Auch Brooke schien das Szenario, welches sich abspielte, zu überraschen.

„Was machst du hier?", rief ich laut und hatte die Aufmerksamkeit aller im Raum. Wenn auch nur kurz, denn die Möbelpacker machten sich sofort wieder an die Arbeit.

Mom schien sich ebenfalls nicht davon stören zu lassen, dass wir in unserem Appartement waren. „Ich habe euch noch nicht erwartet", gab sie freudestrahlend von sich. „Aber da ihr nun hier seid, können wir uns die Räume ansehen. Im Wohnbereich sind wir beinahe fertig."

„Die Räume?" Brooke schien noch weniger zu verstehen, was hier vor sich ging.

„Natürlich Liebling." Mom lief auf sie zu und griff nach ihrer Hand. „Kannst du glauben, dass John alles hier im Wohnzimmer stehen ließ? Wer sollte die Möbel denn richtig platzieren? Ich denke kaum, dass er sich Gedanken darüber gemacht hat. In deinem Zustand solltest du nichts Schweres heben und mein lieber Sohn ist praktisch nicht sonderlich begabt."

Brooke schien es zu gefallen, wie Mom über mich und meine Entscheidungen sprach, denn sie lächelte, während die zwei in den hinteren Bereich des Appartements gingen. Ich atmete tief durch und folgte ihnen, nachdem ich die kleine Tasche, welche ich noch immer in meinen Händen trug, einfach auf den Boden fallen ließ.

„Ich dachte, es wäre von Vorteil, wenn dieser Raum als euer Schlafzimmer fungiert. Es ist der größte Raum von allen, hat den größten begehbaren Kleiderschrank und das große Badezimmer liegt direkt gegenüber. Aber das Beste ist, dass dieser Raum direkt zwischen den Kinderzimmern liegt."

„Mom", warf ich ein. „Ein Kind, ein Kinderzimmer. Mehr Nachwuchs ist nicht geplant."

Sie warf mir einen Blick zu, der beängstigend war. „Darüber sprechen wir noch."

„Aber mein Büro", warf ich ein.

„Liegt am anderen Ende des Appartements. Der kleine Raum neben der Gästetoilette. Das sollte für dich reichen."

Während wir uns daraufhin einen Schlagabtausch nach dem anderen lieferten, schüttelte Brooke belustigt ihren Kopf und verließ das Schlafzimmer. Ich war nicht einmal wütend darüber, dass sie das Ruder bei der Einrichtung übernahm. Nur diese unverhohlene Forderung nach mehr Enkelkindern trieb mich zur Weißglut.

„Warum regst du dich auf? Dir ist nicht einmal aufgefallen, dass zwei Schlafzimmereinrichtungen geliefert wurden. Aber darum habe ich mich bereits gekümmert und das Möbelhaus hat es bereits wieder abgeholt." Sie plapperte einfach weiter und schien keine Ahnung davon zu haben, was sie getan hatte.

„Du hast was?" Bevor ich noch irgendwelche Dinge sagte, die ich definitiv bereuen würde, verließ ich ebenfalls das Schlafzimmer. Scheinbar würde ich mir dieses mit Brooke teilen oder sie verfrachtete mich einfach auf eines der Sofas im Wohnzimmer. Zuzutrauen wäre es ihr.

Während ich Mom einfach stehen ließ und mich auf die Suche nach Brooke machte, passierte ich die Möbelpacker, die scheinbar genaue Anweisungen hatten, wo sie was hinzubringen hatten und sich von mir bei ihrer Arbeit nicht stören ließen.

Als ich ein leises Wimmern hörte, ergriff mich ein Gefühl von Panik und ich suchte in jedem Raum nach Brooke, welche ich schlussendlich in der Küche fand. „Was ist passiert?", fragte ich und eilte auf sie zu.

„Die Küche", japste sie und weinte weiter, während ich sie in die Arme schloss.

Meine eben noch vorhandene Panik wich Stolz. „Sie hat dir gefallen und du warst so traurig, als du den Preis gesehen hast. Ich dachte, ich mache dir hiermit eine Freude."

Sie schien sich noch mehr an mich zu schmiegen und nickte mit ihrem Kopf.

Vorsichtig strich ich über ihr Haar. „Warum weinst du dann?"

Die Assistentin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt