What is Love? - Bravertz

37. Stress

Die Saison war wieder im vollen Gange, auf das Training folgten Spiele, Pressekonferenzen, interne Termine und ständige Auswärtsfahrten nach ganz Europa. Weder Kai noch Jule fanden genügend Zeit sich um den anderen zu kümmern, um abends anzurufen oder kleine Liebesbotschaften über WhatsApp zu schicken.

Manchmal lag Kai alleine in seiner viel zu großen Wohnung und fragte sich, ob ihm sein Kindheitstraum vielleicht die Chance auf ein normales Leben nahm.

Ohne den Fußball, die Kameras und den großen Teich zwischen ihnen, war sich Kai sicher, hätten die Chancen besser gestanden, doch es erlaubte ihm, so viel Geld auf dem Konto zu besitzen, von dem viele andere nur träumen durften.

Doch was konnte er sich davon kaufen?

Das schnellste Auto, das neuste Handy, die luxuriöseste Villa, doch das brauchte er gar nicht, wenn er seine Familie und Freunde um sich hatte.

Natürlich hätte er nichts dagegen gehabt, das alles zu besitzen, aber nur wenn er glücklich mit Jule in dieser Villa alles teilen durfte.

Wobei die äußeren Umstände ihm momentan völlig egal waren, Jule sollte hier sein, oder er bei ihm.

Kai hatte schon ein paar mal die Überlegung angestellt, ihre Leben zusammen zu legen, doch jedes Mal blieb er am Fußball hängen. Einer von ihnen beiden hätte den Verein wechseln müssen, das Land verlassen, Freunde zurücklassen, ein neues Leben beginnen.

Natürlich wäre das für Kai vielleicht nur halb so schwer gewesen als für den blonden Dortmunder, da er wieder in sein Heimatland zurück hätte können.

Aber.

Für Kai gab es so viele aber, allerdings keines, dass wichtiger war als Julian Brandt. Nur in Summe waren die Argumente stark. Er verglich Obst mit Klamotten oder Spiegel mit Schuhe, es machte keinen Sinn.

Bald stand wieder ein Länderspielblock im Kalender. Vorher hatten sie keine Chance sich zu sehen, Kai hatte noch fünf Spiele zu bestreiten, Jule vier.

Der 21-Jährige brauchte eine Pause, die er sich aber nicht nehmen konnte, ansonsten hatte ein anderer direkt seinen Startelfplatz. Jeden Tag im Training kämpfte er genau für dieses Ziel, jedes Spiel von Anfang an mitzubestimmen.
Und wenn es ihm nicht gelang, so trainierte er noch härter, um sich seinen Platz zurück zu holen.

Es war immer das Gleiche.

Zwischen Lob und Kritik, Glück und Pech, Talent und Hoffnung, Kai vereinte vieles, doch die Liebe kämpfte dagegen.

Die Liebe machte es ihm gerade unmöglich sich zu 100% auf sein Team, auf die Fans und auf den Sieg zu konzentrieren.

Er brauchte Abstand und zwar sofort.

Der junge Kicker zog sich schnell Sportklamotten an und joggte, nachdem er die Tür abgeschlossen hatte, los zu Sophias neuem Heim.

Hoffentlich konnte er Balou für eine Stunde entführen, denn das brauchte er. Ein Gespräch von Mann zu Mann.

Balou gab ihm immer Recht und war für ihn da, eben ein richtiger Freund.

Aber eben ein Hund.

Kai schüttelte den Kopf über seine Gedanken, klingelte dennoch wenige Minuten später bei Thomas und Sophia.

„Der Fußballspieler." grinste Thomas.

So sympathisch Kai den neuen Freund seiner Exfreundin am Anfang auch fand, wirklich viel war davon inzwischen nicht mehr übrig.

„Hi, ich wollte Balou für eine Stunde abholen." erklärte er.

„Ach, nicht Sophia?" Thomas stand mit verschränkten Armen vor der nur noch einen kleinen Spalt offenen Tür.