48. Outing

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Sie standen mitten auf dem Platz und küssten sich. Kai küsste ihn. Der schüchterne Ex-Leverkusener hatte den Anfang gemacht. Er hatte den Blonden zu sich gezogen, so schnell konnte er gar nicht reagieren. Wollte er aber auch nicht.

Niemals.

Kai hatte sich getraut. Aber er hätte sich definitiv einen kleineren Rahmen dafür raussuchen können. Allerdings konnte er es so auch nicht mehr leugnen es getan zu haben und Julian wird auf ewig Beweismaterial haben, die zeigten, dass die ganze Sache von Kai ausging.

Da löste sich der Dunkelhaarige wieder von ihm und Julian fiel auf, dass er diesen Moment überhaupt nicht genossen hatte.

Ungläubig schaute er den Größeren an.

"Scheiße." flüsterte Kai und schaute Julian wie ein ängstlicher Hase an.

"Was?" lachte Julian. "Bist von deinen Gefühlen übermannt worden?"

"Scheiße ja. Aber jetzt ist es eh schon zu spät." grinste Kai.

"Mach mir jetzt ja keinen Antrag." scherzte Jule.

Eigentlich wollte er ihn ein zweites Mal küssen, denn er vermisste das prickelnde Gefühl auf seinen Lippen schon wieder, doch aufgrund dieses Kommentars schubste er ihn erst mal von sich.

"Komm, wir müssen in die Kurve." Julian zog Kai an dessen Hand mit sich, ihre Mitspieler feierten den Sieg schon mit den Fans, in dem sie sich in einer Reihe aufreihten und an den Händen nahmen.

Vor ein paar Jahren war die Stimmung nicht immer so positiv nach dem Spielen, doch sie hatten das Ruder wieder herum gerissen.

„Herr Havertz!" riefen die Reporter, von denen nicht wenige anwesend waren, die ARD, Eurosport, aber auch einige ausländische Mitarbeiter des Fernsehens und Rundfunks wollten Antworten auf ihre Fragen.

Kai war bekannt dafür professionelle Antworten zu geben, weshalb er auch öfters als sein Freund gefragt wurde. Nebenbei hatte er auch heute ein sehr gutes Spiel gemacht.

Er entschied sich im Endeffekt für die ARD, die Live sendeten.

„Kai, das war ein schwieriges Spiel, vor allem aufgrund der Zweikampfhärte ihrer Gegner, wie haben sie es geschafft dagegen zu halten?" Begann der Reporter das Interview.

„Die Holländer spielen schon seit einigen Jahren sehr robust und legen alles in die Zweikämpfe, wir waren uns aber im Klaren, dass wir sie mit unserem schnellen flachen Spiel schlagen können." antwortete Kai.

So ging das noch ein paar Minuten lang, bis der Reporter dankend das Interview beendete.

„Warte kurz ..." wurde Kai gebeten.

Während der Kicker den Journalist erstaunt anschaute, wurde er aus dem Bild gebeten.

„Ich möchte ein paar Worte an die Menschen vor dem Fernseher, an die Fans und vor allem an die anderen Typen von der Presse. Wir reißen uns um die heißesten Storys der Welt und heute könnten wir alle über DIE Story unseres Lebens berichten, aber ich bin dagegen. Vielleicht schließen sich noch ein paar an. Kai und Julian sind Fußballspieler, gehören zu den besten des Landes und das ist alles was wir zu schreiben haben. Den Rest überlassen wir ihnen. Danke fürs zuhören."

Der Blonde leistete inzwischen seinem Freund Gesellschaft. Kai hatte gerötete Wangen, während Jule sich zweimal auf die Brust schlug und seine Hand in Richtung des Reporters hielt.

„Ehrenmann." rief er ihm zu.

„Komm, wir gehen duschen." forderte Kai den Älteren auf.

Unter der Dusche hatte Kai viel zu viel Zeit nachzudenken und die Fragen seiner Kollegen wurden ihm auch langsam zu viel.

„War das geplant?" fragte Leon die beiden.

„Nein, aber den Moment wollten wir schon selbst bestimmen, beziehungsweise Kai." grinsend schlug Jule dem Jüngeren gegen den Oberarm.

Schon jetzt kamen ihm sämtliche Schlagzeilen in den Sinn und er wusste nicht, ob er mit diesen umgehen konnte.

Julian Brandt und Kai Havertz feiern den Sieg auf ihre eigene Art.

Bravertz is real!

Brandt und Havertz, ein Paar?

Mehr als Freundschaft bei den ehemaligen Leverkusenern?

Das wäre eigentlich gar nicht so schlimm, denn ignorieren konnte es kein Pressemitarbeiter, doch wenn sie aber weiter gingen.

Fußballer schwul?

Ist die Karriere nun zu Ende?

Brandt und Havertz, zwei Fußballer, dürfen sie nach ihrem Outing noch spielen?

Als Kai Havertz völlig fertig mit den Nerven aus der Dusche stieg und sich mit dem Handtuch um die Hüften auf seinen Platz setzte, schmiss er sein Handy, dass noch auf seinem Platz lag in seine Tasche. Er wollte nichts hören oder sehen, dafür war er noch nicht bereit.

Doch es half nichts, Timo ließ sich neben ihn auf die Bank fallen und hielt ihm sein Handy hin.

"Timo, ich will es wirklich nicht wissen!" stöhnte er und drückte Timos Arm aus seinem Blickfeld.

"Doch willst du." antwortete sein Mitspieler aus London energisch.

Brandt und Havertz machen den Anfang, nun ist es an Deutschland zu zeigen, was Toleranz bedeutet!

Mit großen Augen schaute Kai von Timos Handy in dessen Gesicht.

Konnte das wahr sein?

Während Kai über die Reichweite dieses einen Kusses nachdachte, zeigte Timo seinem blonden Freund, was über sie beide geschrieben wurde.

"Hattest wohl den richtigen Riecher." feixte Julian, dennoch war hinter diesem Satz so viel Wahrheit, die sie noch gar nicht kannten.

Der Dortmunder umarmte seinen Freund und küsste ihn zärtlich auf die Wange.

"Jungs und ..." Timo hatte sich erhoben und wand kurz den Blick von der Mannschaft ab. "...Mädels."

"Werner, noch so ein Spruch und ich mach dich platt." platzte Julian und war schon auf dem Weg zu Timo, doch Kai hielt ihn am Handtuch, das er sich um die Hüften gebunden hatte, fest.

"Hoppla." Das mit dem Festhalten hatte nicht ganz nach Plan geklappt, Julian lief weiter auf Timo zu, aber nun eben nackt, wie Gott ihn schuf.

"Siehst du!" Julian zeigte deutlich auf sein bestes Stück.

"Man Brandt, ich wollte gerade auf euch anstoßen." lachte Timo Werner.

Ohne Ansprache weiterer Teamkollegen zogen sich die Sportler an und machten sich auf den Weg zum Teambus. Ein wenig aufgeregt waren die beiden nun geouteten Fußballer schon, denn die Fans bildeten sich ihre eigene Meinung.

Aber anders als gedacht.

Die Kinder wollten wie zuvor ihre Autogramme auf sämtlichem Fanartikeln, die Älteren nickten anerkennend oder riefen vor allem Julian zu, dass er ein gutes Spiel gemacht hatte und dann gab es da noch die pubertierenden Mädels.

Jule und Kai durften gefühlt eine Million Bilder mit den Mädchen machen. Die Mütter hielten die Handykamera bereit, während die Fangirls zwischen ihnen stetig wechselten, bis Hansi das wilde Treiben beendete.

"Wir müssen los. Die nächste Chance auf ein Foto habt ihr beim nächsten Spiel, trennen kann ich die zwei scheinbar nicht mehr." rief Hansi streng, aber lächelnd.

"Ihr habt all meinen Respekt. Ich bin so unfassbar stolz auf euch." Hansi Flick schlug mit beiden ein, als sie in den Bus stiegen und sich alle auf den Weg zurück ins Hotel machten.

What is Love? - BravertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt