12. Ihr habt gevögelt!

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Als Jule in das Wohnzimmer trat, saß Kai immer noch nur in Boxershorts auf der Couch.

Was hatten sie getan?

„Ich glaube es ist besser, wenn ich jetzt schon gehe."

Es kostet Julian einiges an Überwindung, aber sie mussten beide erst einmal begreifen, was das gerade war.

Bedeutete es ihnen etwas?

Natürlich.

Beide waren sie Menschen, die nichts grundlos taten, und dabei auch noch jemanden verletzten.

Kai nickte und ließ Julian gehen.

Der Dortmunder packte seine Sachen und rief sich ein Taxi zum Flughafen.

Wenn er eins am mehr als ausreichendem Gehalt liebte, dann war es die Flexibilität, die sich im dadurch bat.

Im Taxi buchte er sich direkt ein Rückflug nach Köln.

Kai strich gedankenverloren über den Kopf seines Hundes. Der Kleine hatte ein schönes Leben, wurde von allen verhätschelt und keiner konnte ihm böse sein, egal was er wieder angestellt hatte. Auch wenn er schon um einiges gewachsen war, war er immer noch ein Welpe und flitze durch die Wohnung ohne Rücksicht auf Verluste. Vor einer Woche hatte er eine Sektflasche vom Tisch geräumt, wodurch der ganze Boden Tage lang geklebt hatte. Sophia war der Meinung es wäre seine Schuld gewesen, also sollte er putzen. Tat er dann auch, eine Woche lang, täglich.

Warum passierte ihm so eine Scheiße?

Er konnte niemand die Schuld geben, er hätte einfach aufhören können, Jule wegschieben und sagen bis hier hin und nicht weiter. Aber nein, er fand es geil und richtig.

Sofort bekam er wieder eine Gänsehaut an den Stellen, an denen Jule ihn vor nicht mal einer Stunde berührt hatte.

Er hatte mit ihm geschlafen! Es reichte nicht aus, dass sie sich geküsst oder mit Zunge knutscht hatten, sie hatten so richtig miteinander geschlafen.

Jule war ein Mann, verdammt. Bis jetzt kam ihm noch nicht einmal der Gedanke, dass daran etwas komisch sein könnte, er vermisste nichts. Es reichte völlig aus, dass Julian Julian war. Er war so viel mehr.

Gerade als er anfangen wollte, Sophia und Julian zu vergleichen, um herauszufinden was mit ihm los war, hörte er einen Schlüssel in der Wohnungstür.

Buddy sprang sofort auf und rannte zur Tür.

Der hellbraune Welpe war eigentlich sein Schutz, aber er ließ ihn im Stich.

Er musste auf Sophia zu gehen, dass durfte er nicht an sie abgeben, er hatte den Mist gebaut.

Kai stand auf und schlich in den Flur, in dem er seine Freundin schon entdeckte.

„Mein Gott, hättest dich nicht wenigstens anziehen können." fluchte sie.

Zu Kais Leidwesen konnte sie ihn aber nicht anschauen, die Brünette fixierte den Fußboden.

Den gebürtigen Aachener brachten die Worte aus dem Konzept, sodass er sie wortlos an ihm vorbeigehen ließ.

Doch er fing sich schnell wieder und lief ihr hinterher in die Küche, in der sie sich gerade ein Glas Mineralwasser einschenkte.

„Ich hatte gehofft, wir müssten dieses Gespräch nie führen, aber irgendwie hatte ich mir es schon gedacht." sagte Sophia, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte.

„Was?" fragte Kai sichtlich perplex. Er starrte sie an, als hätte er Gott höchstpersönlich getroffen, setzte sich aber währenddessen auf den Barhocker, gegenüber ihrer Küchenzeile, an der seine Freundin lehnte.

„Kai verdammt, sei ehrlich zu mir, was ist das zwischen dir und Julian?"

„Nix." antwortet Kai schnell, ohne auch nur eine Millisekunde über die Frage nachzudenken.

„Hab wenigstens die Güte mir die Wahrheit zu sagen!" Sophia wurde lauter und dass war nie gut. Der Fußballer konnte sich an eine Situation erinnern, da hatten sie sich richtig heftig gestritten und sich sämtliche Gemeinheiten an den Kopf geworfen. Zwei Tage später, nachdem sich Kai im Selbstmitleid fast ertränkt hätte, stand er schuldbewusst vor ihrer Tür und musste erst einmal an ihrem Vater vorbei. Dessen Blick würde er in diesem Leben nicht mehr vergessen.

„Ich ... Jule .... Und ähm..." Kai machte den Mund wieder zu, es kam einfach nichts Sinnvolles heraus. Er hatte vorhin schon mit Buddy versucht, das alles zu verstehen, aber es hatte nichts gebracht.

„Dein Ernst? Scheiße Kai, vor zwei Wochen berichtest du mir einen Kuss zwischen euch und erzählst mir, das war ein Ausrutscher und es passiert nie wieder. Ich habe damals schon gedacht, da war mehr und jetzt erwische ich euch." sie stütze sich mit beiden Händen direkt vor Kai auf dem Tresen ab.

„Alter, ich habe euch beim Vögeln gesehen, dich und Jule, sowas wollte ich niemals sehen.

„Soph ..." begann Kai nochmal.

„Weißt du was besonders weh tut?" Sie machte eine kurze Atempause.

„Ich habe in dein Gesicht gesehen und du hast es mit mir schon lange nicht mehr so gefühlt, wie mit Jule."

Der 20-Jährigen ran eine kleine Träne über die Wange. Bis jetzt hatte sie einen gefassten Eindruck gemacht, doch jetzt waren die Bilder wieder in ihrem Kopf.

Kai wollte aufstehen und sie in den Arm nehmen.

„Wehe!" Sie erhob ihren Zeigefinger, woraufhin sich der junge Man direkt wieder hinsetzte.

Er verstand sich selbst nicht, wie sollte er ihr eine Erklärung geben, wenn er selbst nicht wusste, was ihn geritten hatte, mit Julian zu schlafen. Doch Sophia hatte eine Antwort mehr als verdient.

„Ich geh zu Lisa, ich will heute nicht hier bleiben, mach dir mal Gedanken, warum du mit deinem besten Freund gevögelt hast!" wies sie ihn an.

Jedes Mal, wenn Sophia ihm die Tatsache so schonungslos vor den Kopf knallte, könnte sich Kai zum einen ohrfeigen, dass er es getan hatte, zum anderen brachte er es nicht über die Lippen sich dafür zu entschuldigen. Er hatte das Gefühl dadurch Jule zu hintergehen.

Sie packte sich eine kleine Tasche und rief währenddessen ihre Freundin an. Sophia erzählte ihrer Freundin natürlich nicht, was los ist, sondern erfand eine Ausrede. Sie liebte Kai, daran würde sich auch nie etwas ändern, auch wenn das heute mehr als verletzend war. Sie ahnte den Grund zu wissen und das nicht erst seit heute.

Männer brauchten für diese Dinge wohl einfach etwas länger. Und Kai besonders.

Julian musste am Flughafen London Heathrow noch vier Stunden überbrücken bis sein Flieger nach Köln ging. Er war aber froh noch einen Platz bekommen zu haben.

Draußen begann es heftig zu schneien, dicke Flocken kamen vom Himmel, die Straßen zierte bald ein weißer Teppich.

Was sollte Jule auch machen, außer das Naturschauspiel direkt vor dem Fenster zu beobachten?

Er könnte auch an Kai denken, an den Kuss bei der Nationalmannschaft, an die Nacht auf dem Sofa oder an den Sex.

Er wusste nicht, wie er das Ganze einordnen sollte und er konnte es auch nur erahnen, wie es dann Kai im Moment gehen musste.

Es war schließlich seine Freundin, die sogar noch mit ansehen musste, wie sie beide zum Orgasmus kamen, einem der besten die je Jule erlebt hatte.

Und ob er wollte oder nicht, jetzt waren die Bilder wieder da. Kais Gesichtsausdruck, als er kam. Er strahlte völlige Zufriedenheit aus, die so schnell ein Ende nahm und in puren Stress umschlug.

Es war nicht sein erstes Mal mit einem Mann, aber das hatte er noch niemand erzählt außer seinem Bruder Jannis, der damals wenig überrascht war.

Wieso genau, hatte er ihm nie verraten, er meinte nur, er würde das schon noch herausfinden.

>hey Jannis, ich habe Scheiße gebaut, ich muss mit dir reden! <

What is Love? - BravertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt