"Hier drückst du ab", erklärte mir Johnny, einer der Typen, die hier arbeiteten. Er war von Anfang an hilfsbereit - vielleicht ein bisschen zu hilfsbereit, aber das störte mich nicht, solange ich hier quasi kostenlos üben konnte. Nur mit Keir's Namen war es mir tatsächlich gelungen, mir Eintritt zu verschaffen.
Verstehend nickte ich, obwohl mir bereits klar war, wo sich der Abzug befand. Ich schoss nicht zum ersten Mal. Das letzte Mal war nur schon eine Weile her. Trotzdem hielt ich es für sinnvoll, mich als einen Anfänger vorzustellen. "Versuch es." Ich atmete tief durch und feuerte ab. Daneben. Seufzend startete ich einen zweiten Versuch. Wieder nichts.
"Achte mehr auf deinen Stand. Du brauchst mehr Halt." Er stellte sich dicht hinter mich und legte seine Hände über meine. "Fokussier das Ziel und drück ab." Als wäre es nichts schoss er, landete die Kugel inmitten der Zielscheibe und der darauf abgebildeten Gestalt. "Probier es nochmal", forderte er mich auf, allerdings sollte es zu keinem weiteren Anlauf von mir kommen.
Stürmisch wurde die Tür aufgerissen, zu der nun alle hinüber sahen. Es war Keir. Ich stöhnte und verdrehte genervt die Augen. Irgendwer hier musste ihm erzählt haben, dass ich seinen Namen benutzte. "Was machst du hier?" Sein Blick wanderte zu Johnny, der noch immer dicht an meiner Seite stand. Ohne eine weitere Sekunde zu warten, nahm er mich am Handgelenk. "Wir gehen", sagte er ernst.
Genervt riss ich mich frei. "Keir, lass mich. Ich will doch nur ein bisschen üben." Irritiert sah ich ihn an. Manchmal waren seine Taten nachzuvollziehen, auch wenn sie gegen meine Wünsch oder Bedürfnisse gingen, aber das machte absolut keinen Sinn. Er wurde wieder wütend, wegen nichts. Zähneknirschend schaute er zu Johnny. "Gut, dann üben wir jetzt", blickte er kurz zu mir, dann wieder zu dem anderen Mann. "Du kannst gehen. Wie du weißt, bin ich der bessere Schütze." Ihm gefiel es nicht, dass Johnny mir half. Diesem wiederum schieß das nur allzu bewusst gewesen zu sein. Daher wehte der Wind also.
"Spars dir", meinte ich und stellte mich zurück in die Nische. "Ich brauche keine Hilfe. Von keinem von euch. Ich weiß, wie man einen Abzug betätigt." Ich richtete die Waffe wieder auf Augenhöhe. "Wenn du Babysitter spielen willst, musst du dir einen anderen Job suchen, Keir. Deinen Jähzorn hält doch keiner aus." Mit Leichtigkeit fegte ich die Kugel auf den Punkt, der das Herz markieren sollte. "Nicht mal ein Baby", ergänzte ich, ehe ich nochmals traf.
Zufrieden betrachtete ich die Löcher in dem Papier. Offensichtlich musste ich nur mal wieder warm werden. "Ich glaube, ich brauche doch keine Übung", legte ich die Pistole beiseite und wandte mich den beiden zu. Ich lächelte sie leicht schnippisch an und verließ das Gebäude. Unterwegs zog ich bereits Feuerzeug sowie Zigarettenschachtel aus meiner Tasche.
Genüsslich nahm ich einen Zug, da entwendete Keir sie mir, um ebenfalls einmal durchzuziehen und sie dann auf dem Boden zu zertreten. Auf eine Weise, die ihn erstaunlich heiß erscheinen ließ, ließ er den Dampf in die Luft steigen. "Lass uns gehen", sagte er zum ersten Mal gelassen, ohne jede Spur von Emotion. "Die hättest du mir wenigstens noch lassen können", schmollte ich und blickte sehnsüchtig zu der noch immer dampfenden Kippe. "Du solltest aufhören so viel zu rauchen", murmelte er monoton und setzte sich in Bewegung.
"Und solltest du nicht bei Boyce sein?", fragte ich, während ich ihm gemächlich zum Auto folgte. "Ich war dort." Er öffnete die Autotür und stieg ein. Ich tat es ihm gleich. "Dann habe ich den Anruf erhalten, dass irgendeine heiße Braut meinen Namen benutzen würde, um an den Schießstand zu kommen." Ich hob die Augenbrauen. Irgendeine heiße Braut. Passte zu dem Kerl am Empfand. Keir ließ es wie eine Schande klingen. Trotzdem wusste er offenbar sofort, wer gemeint war. Ein Blick auf mein Handy verriet es mir. Sechs verpasste Anrufe.
"Zade hat dir gesagt, du sollst dich ausruhen. Es hat ihm nicht gefallen, das zu hören", fuhr er fort und ging dabei ernsthaft davon aus, dass es mich interessierte, was Zade von dieser Sache hielt? "Ich dachte, du würdest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass es mir scheißegal ist, was ihr denkt. Ihr habt mir nichts zu sagen." Ich überschlug die Beine und lehnte mich mit verschränkten Armen in den Sitz. Angestrengt ächzte er: "Richtig."
"Was ist dein Problem?", giftete ich nahezu. Gerade als ich dachte, er wäre doch nicht so ein großer Arsch, bewies er das Gegenteil. "Vienna, lass es einfach", entgegnete er mit Strenge, zugleich jedoch auch Erschöpfung. Ich musterte ihn. Feste umfassten seine Hände das Lenkrad. Es wirkte, als müsse er sich zusammenreißen, um nicht gegen den nächstgelegenen Baum zu fahren. Mit einem Zischen wandte ich den Blick von ihm ab. "Arschloch", nuschelte ich vor mich hin und blickte aus dem Fenster.
Für den Rest der Fahrt herrschte Stille.Kapitel 15!
Was denkt ihr, ist mit Keir? Lasst es mich gerne wissen.
Ayana xx
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Revenge
RomanceVienna war auf der Jagd nach dem Mörder ihrer Eltern, um ihn für sein Verbrechen bezahlen zu lassen. Nach sieben Jahren verlorener Mühe hegte sie wieder Hoffnung; sie verbündete sich mit zwei skrupellosen Auftragsmördern. Keir und Zade waren sowohl...