Oberkörperfrei saß Zade an der Kücheninsel mit einer Zeitung in der einen und einer Tassekaffee in der anderen Hand, als ich mit halb offenen Augen in den Wohnbereich tippte. Auf seinem Nasenrücken saß eine Brille, die seinen Look vervollständigte. Ich mochte diesen äußerst attraktiven Zade.
"Vienna", bemerkte er mich und setzte die Brille ab. "Willst du auch einen Kaffee? Es müsste noch etwas übrig sein." Ich nickte schlichtweg und schlenderte zur Kaffeemaschine. Morgens war ich nicht sonderlich gesprächig.
Woran man noch merkte, dass ich definitiv kein Morgenmensch war, war dass ich es nicht gebacken bekam, mir den Kaffee in die Tasse zu füllen. "Du musst den Fahrer zuerst runterziehen", erklärte Zade vom Tresen aus. Stirnrunzelt betrachtete ich das Gerät. Was für ein Fahrer? Planlos begann ich, an sämtlichen Teilen zu ziehen.
"Hier." Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Mit seinen Armen links und rechts um mich, zog er den bezeichneten Fahrer herunter und betätigte einen Knopf. Im nächsten Moment füllte sich die Tasse mit dunkler Flüssigkeit. Kurz blieb er noch so stehen, beobachtete, wie der Behälter langsam bis oben hin voll wurde, dann machte er einen Satz zurück, ließ mich mit der dampfenden Tasse vorbei.
"Wo ist Keir?", wollte ich beiläufig wissen und strebte den Esstisch an. Zade nahm seinen Kaffee vom Tresen, um sich zu mir zu setzen. "Arbeiten", gab er kühl zurück. Erst jetzt bemerkte ich, wie dumm diese Frage war. Natürlich arbeitete er, und natürlich erstattete Zade nicht mehr Auskunft. Ich nickte einfach und wagte einen Schluck des heißen Getränkes.
"Wir treffen uns später noch, um uns wegen-" Er zögerte. "-du weißt schon wem umzuhören. Wenn du willst, kann ich dich mitnehmen und im Fitnessstudio absetzen", schlug er vor und auf einmal war ich putzmunter. "Auf keinen Fall. Ich komme mit", erhob ich in hoher Aufruhr Einspruch. Sein Ausdruck verriet mir bereits, was beziehungsweise wieviel er davon hielt, nämlich nichts. Bevor er dies jedoch formulieren konnte, machte ich den Mund auf: "Ich komme ohne Frage mit!"
Bedauerlich musterte er mich. "Vienna, das ist zu gefährlich. Sowas wie gestern kannst du dir da nicht leisten. Wir haben genug damit zutun, auf uns selbst aufzupassen." Ich war nicht sicher, ob er auf unseren gestrigen Kampf oder den folgenden Konflikt im McDonald's deutete. Vermutlich ein bisschen von beidem. "Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst." Er sah mich mit einem Blick an, der wohl sagen sollte, ich selbst würde das nicht einmal glauben.
***
Ich wusste nicht, wie ich es geschafft hatte, Zade zu überzeugen, doch hier waren wir nun, zu dritt und der Wagen kam zum Halt. Am Ende hatte er mit hoher Wahrscheinlichkeit einfach nicht mehr die Nerven dazu, weiter mit mir zu debattieren.
Durch die abgedunkelte Fensterscheibe erkannte ich einige Typen bei ihren Motorrädern stehen. Sie beobachteten uns, jede meiner Bewegungen, als ich ausstieg. Einer pfiff, weitere lachten, andere leckten sich über die Lippen. Am Auffälligsten war der Kerl in der Mitte, dürfte der Anführer sein. Er stieß sich von seiner Maschine ab, an der er eben noch lehnte und nahm mich bis aufs Detail in Augenschein.
"Keir, Zade und..." In dem Moment, als ich das Wort ergreifen und mich vorstellen wollte, sprach er bereits weiter: "Wieviel wollt ihr für die Kleine?" Erst konnte ich es nicht glauben, dann packte mich die Wut. Ich ballte die Hände zu Fäusten, wollte gerade auf ihn zutreten, da stellten meine Begleiter sich wie eine schließende Schiebetür vor mich. "Deswegen sind wir nicht hier", tat Keir tiefenentspannt kund. Selbstverständlich ließ ihn der Gedanke daran kalt. "Sie ist nicht zu verkaufen."
Ich drückte die beiden zur Seite und schlüpfte zwischen ihre muskulösen Körper hindurch. Unbeeindruckt sah der Typ zu mir runter, heftete den Blick auf mich und murmelte: "Schade." Mit sprühenden Augen stand ich vor ihm.
"Ist Boyce da?", informierte Zade sich, während er mich im Verborgenen am Handgelenk zurückzog. Misstrauisch musterte er uns. "Nein, er ist unterwegs", antwortete er nach ausführlichem Studieren, richtete den Blick wieder auf den Redner. "Und weißt du, wann wir ihn sprechen können?", hakte dieser weiter nach. Abermals zögerte der Bärtige.
"Was kriege ich dafür?", versuchte er doch noch was für sich rauszuschlagen. "Steht die Kleine zufällig doch zu Verkauf? Ich hatte schon lange kein so feuriges Jungfleisch mehr. Sie ist genau, was ich brauche." Grob nahm er mein Kinn, zog es auf seine Höhe.
Ich schlug seine Hand weg und verpasste ihm einen Tritt gegens Schienbein. Prompt packte ich seine Arme, hielt sie so hinter seinem Rücken, dass es wehtat, jedoch auszuhalten war und drückte ihn auf sein Motorrad. Einige seiner Männer machten augenblicklich einen Satz auf mich zu. "Wenn mich einer von euch Dreckskerlen anrührt, breche ich ihm den Arm." In ihrer Bewegung hielten sie inne, kehrten auf ihre Plätze zurück. "Dachte ich es mir doch."
"Vienna." Zade klang mahnend, doch ich ignorierte es. "Ich kläre das", entgegnete ich und widmete mich dem Jammerlappen. "Wann können wir ihn sprechen?", wiederholte ich die Frage deutlich, Wort für Wort. "Kleine Schlampe", raunte er, woraufhin ich seinen rechten Arm ein Stück höher zog. "Willst du wegen so einer Kleinigkeit wirklich deinen Arm riskieren?", hinterfragte ich. "Dann sieht's aber schlecht mit Motorradfahren aus."
Er fluchte etwas unverständliches vor sich hin. Ich schätze, es war gut, dass ich es nicht verstand. "Er ist heute Abend im Martorano", brachte er zwischen zusammengepressten Kiefern hervor."Geht doch." Kaum hatte ich von dem Muskelprotz abgelassen, zerrte er mich zurück an sich, doch ich hatte aus meinen Fehlern gelernt. Mit dem Schwung, den er mir gab, rammte ich meinen Fuß in seinen Schritt, stieß ihn so sehr, dass er gegen zwei seiner Männer prallte.
"Wir sollten gehen", meinte ich leicht panisch zu Keir und Zade. Sie waren mehr als doppelt so viele. Egal wie stark wir sein mochten, diesen Kampf würden wir verlieren. Wir rannten zum Auto und ergriffen die Flucht.
Das fünfte Kapitel!
Ich dachte, wir brauchen auch mal etwas mehr von Zade. Hoffe, es kommt nicht zu deplatziert.
Ayana :P
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Revenge
RomanceVienna war auf der Jagd nach dem Mörder ihrer Eltern, um ihn für sein Verbrechen bezahlen zu lassen. Nach sieben Jahren verlorener Mühe hegte sie wieder Hoffnung; sie verbündete sich mit zwei skrupellosen Auftragsmördern. Keir und Zade waren sowohl...