𝘖𝘱𝘦𝘯 𝘶𝘱

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"Was genau hat er dir und deiner Mutter angetan?" Meine verhältnismäßig gute Laune verflog in Windeseile. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Schnell setzte ich mich auf, um den Blicken links und rechts entfliehen zu können.

"Keir", zischte Zade beißend, dieser ignorierte die Warnung allerdings vollkommen. Er richtete sich ebenfalls auf und sah zu mir rüber. "Du sagtest er hätte euch vergewaltigt", redete er weiter und erhielt eine zweite Abmahnung. "Keir, hör auf." Sein Kopf schoss zu seinem Komplizen. "Ich weiß, was ich tue. Ich habe dasselbe durchgemacht", erklärte er, stieß damit jedoch gegen Widerspruch. "Du hast deine Familie verloren, ja, aber du wurdest verdammt nochmal nicht vergewaltigt!"

Unscheinbar kullerte die erste Träne meine Wange hinunter. Ich hielt es nicht länger aus. Der Kloß in meinem Hals erschwerte das Luftholen und ich befürchtete jeden Augenblick vor Schmerz schluchzen zu müssen. Zermürbt schlug ich die Bettdecke um. "Vienna." Zade wollte mich abhalten, doch ich flüchtete bereits mit Morgenmantel, Zigarettenschachtel und einem Feuerzeug auf die riesige Balkonterrasse.

Das Ende der Zigarette glimmte auf. Ich nahm einen Zug und spürte sofort, was das Nikotin bewirkte - meine Kehle brannte noch mehr als zuvor und ein erlösendes Gefühl durchströmte meinen gesamten Körper. Erneut zog ich - dieses Mal stärker. Mit geschlossenen Augen ließ ich den Rauch aus Nase und Mund in die kalte Morgenluft steigen, während eine heiße Träne über mein Gesicht floss.

Jemand nahm mir die Kippe ab. Als ich die Augen öffnete, erkannte ich Zade, der mich sorgevoll wie immer musterte. "Du sollst nicht rauchen", sagte er und zertrat das Ding am Boden. Ächzend verschränkte ich die Arme vor der Brust und wandte mich von ihm ab. "Was interessiert es dich? Euch geht es sowieso nur um das Eine. Zum Ficken bin ich gut genug, aber wenn es um das Eigentliche geht, haltet ihr dicht."

Nach einer Weile entkam auch ihm ein Ächzen und er ergriff das Wort: "Ich weiß, es ist viel Scheiße passiert, aber ich meine es ernst, ich versuche mein Bestes für dich. Du musst nur ein bisschen mehr Vertrauen in uns haben. Wenn die Zeit reif ist, wirst du deine Antworten bekommen."

"Die Zeit ist reif, Zade." Ich drehte mich zu ihm um, fuhr mir gestresst übers Gesicht. Die Tränen brannten immer noch in meinen Augen. "Ich kann nicht länger warten. Ihr Todestag ist in ein paar Tagen. Ich will es einfach hinter mich bringen und endlich leben. Seit verfluchten acht Jahren jage ich diesem Mann hinterher. Und seit verfluchten acht Jahren jagt er mir in meinen Träumen hinterher. Ich kann so nicht weitermachen. Ich kann einfach nicht mehr." Meine Stimme brach. Augenblicklich überrollte mich der Scham. Gestresst fasste ich in meine Manteltasche, wollte mir eine Zigarette anstecken, allerdings packte Zade meinen Arm noch rechtzeitig.

"Das musst du auch nicht." Entschlossen sah er in meine schimmernden Augen, weswegen ich beiseite blickte. "Wir sind für dich da. Du bist nicht alleine. Du musst uns einfach an dich ranlassen, damit wir dir helfen können." Nachdem ich diesen Kampf so viele Jahre alleine geführt hatte, konnte ich es nicht mehr mit Unterstützung anderer. Ich befreite meinen Arm. "Ich brauche keine Hilfe." Ich schluckte schwer, wusste, dass ich mir damit selbst etwas vormachte.

Verzweiflung machte sich in seinem Gesicht breit. Frustriert sah er zwischen meinen Augen hin und her, schüttelte leicht den Kopf. "Es ist nicht einfach, sich zu öffnen, Vienna, aber es ist der einzige Weg, um zu vergessen."
"Ich habe mich doch schon geöffnet! Ich habe euch alles erzählt!", fuhr ich in aus purer Niedergeschlagenheit an.
"Du hast uns erzählt, was passiert ist, jedoch nicht, wie du dich dabei gefühlt hast", erklärte er nach wie vor mit einer unbeschreiblichen Sachlichkeit. "Wie ich mich gefühlt habe?", fragte ich aufgebracht. "Scheiße, natürlich!"

"Vienna, hör auf. Das ist nicht, was ich meine und das weißt du. Ich will dich nicht drängen, also rede mit uns, wenn du soweit bist." Das waren seine letzten Worte. Ehe er mich in Ruhe ließ, griff er noch in meine Tasche, um mir die Zigarettenschachtel abzunehmen. Genervt stöhnte ich auf, wehrte mich ansonsten nicht weiter. Ich wusste, die Dinger waren nicht gut für mich. Vielleicht war es richtig so. Ich musste daran glauben, dass Zade wusste, was er tat.

 Ich musste daran glauben, dass Zade wusste, was er tat

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Kapitel 22!

Ich muss ja sagen, anfangs war ich eher Team-Keir, aber inzwischen hat Zade es mir ziemlich angetan.
Wie seht ihr das? Habt ihr einen Liebling? Das würde mich brennend interessieren.

Ayana xx

RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt