Rikis Angst

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Es ist fast Nachmittag als ich wach werde. Ich merke direkt, dass ich einen Zugang habe und eine Infusion an mir hängt. Dunkel erinnere ich mich an die Geschehnisse an diesem frühen Morgen. Mir ist immer noch leicht übel. Vielleicht müsste ich mal etwas essen aber Hunger hab ich eigentlich keinen. Als Riki wach wird lächelt er mich an. Ich bin so froh, dass er da ist. 

# "Guten Morgen, Kleine. Wie gehts dir?" frage ich vorsichtig. "Mir ist noch etwas flauh" antwortet Feli. "Ich mach uns mal Frühstück oder eher Brunch" scherze ich, um etwas Normalität in den Tag zu bringen. "Musst du zur Toilette?", fragend schaue ich sie an. "Nein" antwortet sie. "Ok, aber wenn du musst sagst du Bescheid, du gehst nicht allein". Als ich mich geduscht habe, richte ich ein Frühstück nach Felis Geschmack. Eier und Speck und Bakes beans hatte ich extra für sie gekauft. Als alles fertig ist, richte ich es auf einem Tablet her und bringe es ins Schlafzimmer. "So, Kleine, damit du wieder zu Kräften kommst" sage ich und reiche ihr einen Teller. #

Es duftet herrlich aber ich habe gar keinen Hunger, im Gegenteil, wenn ich an Essen denke, wird mir schlecht.  Wahrscheinlich muss mein Körper erst einmal verarbeiten, was gestern passiert ist. "Es riecht super lecker, Riki, aber ich habe keinen Hunger. Mir wird übel, wenn ich an Essen denke" sage ich. Riki nickt nur und stellt das Tablett bei Seite. Ich spüre seinen sorgenvollen Blick auf mir ruhen. "Riki, ich möchte erst einmal zur Toilette gehen". Er stöpselt meine Infusion ab und stützt mich bis ins Bad. Als der Urin aus mir herauskommt fängt es heftig an zu brennen, wodurch ich gleich nochmal an die Geschehnisse von gestern schmerzhaft erinnert werde. Riki kommt zu mir, er hatte sich in der Tür stehend, etwas von mir abgewandt. "Es brennt wie die Hölle." sage ich und denke bei mir 'es war ja auch die Hölle', während mir schon wieder die Tränen laufen. " Ich weiß, mein Schatz, ich weiß. Deine Vagina und deine Vulva weißen Verletzungen auf, die jetzt natürlich brennen, wenn der Urin darüber läuft. Wahrscheinlich ist dieser dazu noch sehr konzentriert, weil du außer dem 1 Liter Ringer ja keine Flüssigkeit zu dir genommen hast. Wenn du viel trinkst und der Urin verdünnter wird, tut es vielleicht weniger weh". sagt er , während er mich auf dem Klo sitzend umarmt. Als ich fertig bin, geleitet er mich ins Bett zurück. Ich bin von den paar Schritten völlig ko. Riki verschwindet kurz aus  dem Schlafzimmer und kommt mit einer Kanne Tee und einer Tasse zurück. 

# "Süße, trink schön viel, dann wird es besser. Ich stelle dir alles hier hin. Darf ich dich nochmal kurz durchchecken? Keine Angst, ich will dich nicht gynäkologisch untersuchen."  schieße ich gleich hinterher. #

Ein Schauer jagt über meinen Rücken. Warum das denn? frage ich mich und als ob Riki Gedanken lesen kann beantwortet er meine Frage direkt. "Ich will sehen, ob nach der 1. Nacht auch keine Zeichen einer inneren Verletzung oder Hirnblutung aufgetreten sind. Schließlich konnten wir im Krankenhaus keine Bildgebung durchführen. Ich möchte nur einmal tasten und ein Ultraschall vom Oberbauch machen. Nur zur Sicherheit. Ich möchte einfach nichts bei dir übersehen". Bei dem Gedanken, dass ich gestern fast ins Krankenhaus gekommen wäre, wird mir erneut und heftig schlecht. "Mir ist so übel, Riki" jammere ich. "Ich gebe dir nochmal Vomex, ok?" "Nein, davon werde ich immer so müde und dann schlafe ich ......und dann träume ich, das will ich nicht. " entgegne ich. "Was anderes gibt es aber leider nicht. Ich bleibe immer bei dir wenn du schläfst und ich werde in den nächsten Tagen bei einer bekannten Psychologin einen Termin für dich ausmachen. Es gibt eine gute Traumatherapie, die sehr gut wirkt. Da schicke ich meine Patientinnen auch immer hin. Süße, deine äußeren Verletzungen behandeln wir doch auch, dann müssen wir auch deine Seele behandeln, damit sie heilen kann" sagt er, während er mir eine Träne von der Wange streicht.  

# "Komm, ich trag dich runter, denn das Ultraschallgerät kann ich leider nicht hoch bringen." Ich hebe sie hoch und trage sie nach unten, dabei merke ich schon an ihrem Atem, dass sie sichtbar Angst hat. Ich merke ihr Herz an meiner Brust, so schnell schlägt es. Unten angekommen, lege ich sie in den Infusionsraum, damit sie nicht in Untersuchungsraum liegen muss und decke sie zu. Ich hole alles was ich brauche und setze mich auf den Rollhocker neben die Liege. Sie ist schon wieder blass wie eine Kalkwand. Sicherheitshalber hänge ich ihr noch eine Ringer an und streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht. "Keine Angst, es ist nur eine reine körperliche Untersuchung und am Ende der Ultraschall über den Bauch. Es kann dir nichts passieren. Sssssccccchhhhhh...." während ich das sage, lächele ich sie aufmunternd an.  

Ich lege ihr das Blutdruckmessgerät an und schiebe mein Stethoskop darunter. Druck ist immer noch niedrig, 'hoffentlich blutet da nichts', denke ich. Puls rast.... hoffentlich vor Aufregung. Dieses Mal wünsche ich es mir. Im Grunde kennt sie ja als Fachkraft den Ablauf der Untersuchung, deshalb spreche ich nicht viel, sondern wir 'sprechen 'mit unseren Augen. "Darf ich" frage ich nur kurz, während ich an ihr Shirt fasse. Sie schließt kurz die Augen, was ich als 'ja' deute. Ihr Shirt schiebe ich ganz nach oben. Ihr Oberkörper ist mit blauen Flecken und Schürfwunden übersah. Der Anblick tut mir weh aber Feli tut es viel mehr weh, was gestern passiert ist. Ich lege mein Stethoskop vorsichtig auf ihre geschundene Haut, höre Herz, und Lungen von vorn ab. Dann die 4 Quadranten des Bauchraumes.  Ich nicke um ihr zu zeigen, dass ich nichts auffälliges gehört habe. Ich merke wie sie würgen muss und greife schnell nach der Pappnierenschale, die auf dem kleinen Wagen neben der Liege steht. Erneut erbricht sie, obwohl schon nur noch Magenflüssigkeit kommt, weil ihr Magen einfach leer ist.  Ich gebe ihr ein Tuch und einige Minuten Zeit bis sie sich beruhigt hat.  Innerlich hoffe ich nur, dass das Erbrechen nicht von einer Einblutung kommt. Vielleicht hätte ich sie doch zwingen müssen ins Krankenhaus zu fahren, zumindest für eine Traumaspirale . "Ich will noch kurz tasten, ok?".  Ich sehe wie sich ihre Augen mit Tränen füllen und sie mit Schluchzen beginnt. "Schschsch...es ist nichts Schlimmes. Ich bin vorsichtig und werde dir nicht weh tun" sage ich ihr zugewandt. Ich lege meine flache Hand auf ihren Bauch, bis sie sich an meine Hand gewöhnt hat. Sie beruhigt sich etwas, als ich langsam mit der Palpation beginne. "Das machst du super" lobe ich sie. Als ich fertig bin, ziehe ich mir das Ultraschallgerät heran und trage auf den Linearschallkopf Gel auf. Ich schaue sie an und hole mir ihr "Einverständnis" über Blickkontakt. Ich schaue mir alles ganz genau an um nichts zu übersehen. Erleichtert lege ich die Sonde zurück. Ich brauche keine Worte, damit auch Feli weiß, dass hier alles in Ordnung ist. Als letztes prüfe ich noch ihre Pupillen, die ebenso in Ordnung sind, wobei ich natürlich weiß, dass es zu spät sein kann, wenn die Pupillen erst einmal eine Differenz aufzeigen. Als ich fertig bin, ist die Infusion durchgelaufen. Ich stöpsel sie ab und trage Feli in meine Wohnung. Im Bett angekommen, decke ich sie zu und bleibe bei ihr sitzen. Ihre Augen fallen schon wieder zu. Ich hoffe nur, dass wir nicht doch noch ins Krankenhaus müssen. Wenn die Übelkeit nicht in wenigen Stunden besser ist, müssen wir zur Bildgebung ins Krankenhaus fahren und das wird kein Spaß werden. Gedankenverloren sitze ich noch lange neben meiner Prinzessin und beobachte sie beim Schlafen. Dann breche auch ich in Tränen aus, weil mich die letzten Stunden einholen. # 

Vertrau mir, sonst tut's wehWo Geschichten leben. Entdecke jetzt