# Am frühen Abend steht Michael vor der Tür, der nach Dienstschluss nochmal vorbei schauen wollte. Mit Leni auf dem Arm öffne ich und begrüße ihn freundschaftlich. Er zieht seine Jacke aus und deutet auf unsere Schlafzimmertür. "Wie gehts ihr?" will er wissen während wir uns auf die Couch setzen. Ich hole Wasser und 2 Gläser. "Schlecht. Sie schläft viel. Das Spülen eben hat sie fast gar nicht mitbekommen. Fieber ist auch wieder hoch. Und ihr Druck ist sehr niedrig, im Krankenhaus würde ich ihr wahrscheinlich einen anderen Volumenersatz geben, nicht nur Ringer oder NaCl" berichte ich resigniert. Michael nickt und nimmt einen Schluck Wasser aus seinem Glas. Da ich die Stimmung nicht weiter ins Bodenlose ziehen möchte, versuche ich vom Thema abzulenken. "Aber, hey, ich danke dir nochmal, dass du dich so gut um Feli gekümmert hast, das ist nicht selbstverständlich." sage ich aufrichtig. "Das habe ich gern gemacht, für Feli...für euch...für dich" entgegnet Michael. "Aber weißt du, irgendwann hat man auch als Arzt zu Hause seine Grenzen....". Nein, ich wollte nicht, dass er aussprach, was ich seit einigen Stunden dachte. "Kann ich kurz zu Feli?" fragte Michael in die Stille hinein. "Natürlich, ich denke sie schläft." antworte ich und folge ihm. Als Michael das Schlafzimmer betritt zeigt der kleine Monitor aufs Feli Bett einen unterirdisch schlechten Blutdruck. Michael setzt sich zu ihr und versucht sie wach zu bekommen. Aber sie reagiert kaum noch, nur noch leichte ungerichtete Abwehrzeichen zeigt sie. Michael schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich lehne mich resigniert an die Wand, schaue mich im Zimmer um, was ohnehin fast einer Intensivstation ähnelt. Michael gibt mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass wir draußen sprechen sollten und ich ahne, was jetzt kommt. In der Küche lasse ich mich auf einem Barhocker nieder und fahre mir übers Gesicht. "Du weißt, dass du das hier zu Hause nicht mehr händeln kannst. Feli braucht eine intensivmedizinische Behandlung und damit meine ich eine richtige intensivmedizinische Behandlung." Ich schnaufe und mein Magen krampft sich zusammen. "Ich kann sie nicht ins Krankenhaus bringen, das würde sie mir nie verzeihen." "Riki, du würdest es dir nie verzeihen wenn das hier nicht gut ausgeht.....Du kannst sie hier nicht mehr behandeln!" fährt mich Michael an. Meine Nerven liegen blank. Ich weiß einerseits, dass Michael recht hat, er hat verdammt nochmal Recht aber ich kann sie nicht ins Krankenhaus bringen. Ich schüttel meinen Kopf. "Nein, Michael, ich kann nicht. Ich liebe Feli so sehr, sie hat mir so viel Vertrauen geschenkt, das würde sich wie Verrat anfühlen." sage ich mit erstickter Stimme. Michael legt mir eine Hand auf die Schulter und ich sehe wie er sein Handy aus der Tasche zieht. "Riki, geh zu Feli und bereite sie auf den Transport vor. Ich alamiere einen RTW und reserviere ein Bett auf der Intensiv." Wie ferngesteuert laufe ich Richtung Schlafzimmer. Ich kann kaum atmen, als ich Feli auf der Seite liegend sehe, an ihrem Zugang hängt ununterbrochen Flüssigkeit, sie ist blass, ihre Haare hängen strehnig über ihren Rücken. Ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten als ich mich zu ihr aufs Bett setze. Ich streichel ihr Gesicht und versuche, dass sie wach wird aber eigentlich will ich gar nicht, dass sie wach wird, denn dann bekommt sie Panik. Immer mehr Tränen laufen über mein Gesicht. Mit stotternder Stimme spreche ich mit ihr, ich weiß nicht, wieviel sie von meinem Monolog mitbekommt. "Süße, es geht nicht anders, du musst ins Krankenhaus, du bist schwer krank, ich kann dich hier zu Hause nicht mehr behandeln. Aber ich passe auf dich auf...und Michael auch und dann geht es dir bald wieder besser." Und dann kam der Moment, in dem ich schreien musste, so laut, dass es wahrscheinlich die ganze Stadt hören konnte. Oh Gott, mein Engel wird leiden, sie wird aufwachen und sich im Krankenhaus, auf einer Intensivstation, befinden. Ich habe ihr versprochen immer auf sie aufzupassen und jetzt.... Ich konnte nicht mehr, ich heulte und konnte vor Tränen nichts mehr sehen. Ich stand völlig neben mir, nicht mehr in der Lage vernünftig zu denken. Ich hatte versagt, ich hätte viel früher auf Ursachenforschung gehen müssen, warum es ihr immer schlechter - statt besser ging. Dann stünden wir jetzt nicht hier. Plötzlich steht Michael im Zimmer. Man sieht mir wohl an, wie fertig ich bin, denn Michael führt mich zur Couch und redet auf mich ein. "Der RTW wird in wenigen Minuten da sein. Ich fahre mit, du bleibst hier und wartest auf deinen Dad, der kommt gleich und kümmert sich um Leni. Feli wird sowieso erst einmal schlafen." Trotz, dass mich Michael in die Waagerechte bugsiert hat, kann ich mich nicht beruhigen. Ich bin völlig außer mir. Ich weiß, dass ich ruhig atmen sollte aber ich schaffe es einfach nicht. Meine Gedanken um meinen kleinen Engel fliegen in meinem Kopf und hören erst auf, als ich spüre, dass Michael nach meinem Arm greift und mir etwas injeziert. Das Mittel wirkt umgehend und so bekomme ich kurze Zeit später besser Luft und mein Herz scheint sich zu entkrampfen. Michael wendet sich von mir ab und ich nehme wie von weitem wahr, dass sich fremde Stimmen mit Michael unterhalten, die Trage ins Haus gerollt wird und Feli schlussendlich im RTW verschwindet. #
Sicht Michael:
Als wir Feli verkabelt - und in den RTW verladen haben, fahre ich als Arzt hinten bei ihr mit, nehme Blutproben aus dem neuen Zugang und die beiden Assistenten melden uns für die Intensivstation an. Feli ist immer noch nicht bei Bewusstsein. Die Fahrt dauert nur kurz und als wir Feli ausladen und direkt mit der Trage zur Intensivstation durchrollen, sehe ich die fragenden Blicke des Pflegepersonals, denn normalerweise begleite ich keine Patietinnen vom RTW zur ITS. Die Blutproben gebe ich direkt am Stationscorner ab und dann lagern wir Feli über das Rollboard von der RTW Trage ins Bett und tauschen die Monitore der Überwachungseinheiten. Dann verabschieden sich die Assistenten von mir. Ein Kollege der Anästhesie kommt direkt auf mich zu und ich gebe ihm eine kurze Anamnese, in der ich Felis Angst und Panik in Verbindung mit Ärzten und Krankenhäusern natürlich besonders heraushebe. Ich ordne noch neue Medikamente sowie einen Blasenkatheter und eine rektale Temperatursonde an. Das wird Feli zwar nicht gefallen aber das geht jetzt nicht anders. Ich bin gespannt, wie die Laborwerte sind. Die ersten Entzündungswerte sollten wir schon bald haben. "Herr Doktor, legen Sie den Kath und die Sonde oder sollen wir das machen?" fragt mich die zuständige Schwester. "Nein, nein, ich mach das schon. Legen Sie mir bitte alles bereit. Ich kenne Frau Gebes privat, ihr Partner kommt sicher noch, denn der muss erst noch das gemeinsame Kind zum Opa bringen." antworte ich, während die Schwester durch die Schiebetür verschwindet. Als sie mit allen Materialien zurück kommt und auf einem Edelstahltischlein bereitlegt, teile ich ihr noch mit, dass Feli im Einzelzimmer bleibt und möglichst wenig Personalwechsel an ihr stattfinden soll. Gemeinsam mit der Schwester ziehen wir Feli ihre Kleidung aus und ihr ein OP Hemdchen an. Danach lege ich ihr schnell einen Katheter und die Schwester hilft mir beim Lagern von Feli in Seitenlage um die Temperatursonde rektal einzuführen.
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Vertrau mir, sonst tut's weh
RandomFeli hat eine ausgesprochene Arztphobie. Als sie wirklich krank ist trifft sie auf Riki, den Gynäkologen und ein Untersuchungsmarathon zwischen Angst und Vertrauen, Liebe und peinlicher Berührung nimmt seinen Lauf. Die dargestellten medizinischen Di...