Kapitel 40

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Im Badezimmer angekommen, schloss ich hinter mir die Tür ab, ging einen weiteren Schritt in den Raum hinein und setzte mich auf den Boden.

Ich beachtete die Einrichtung nicht weiter und schloss meine Augen. Es war mir ziemlich egal, wie es aussah, denn das war unfassbar unwichtig.

Nach dem ich einmal tief Luft holte, rann mir eine Träne über die Wange. Eigentlich wollte ich dem nicht zu sehr nachgeben, denn ansonsten hörte ich nie wieder zu weinen auf. Wenn ich einmal richtig anfing, dann würde der Wasserfall los fließen.

Mein Herz schmerzte und zog sich qualvoll zusammen. Man hatte mich meiner Familie entrissen und nach Griechenland entführt. Die Gegend mag schön sein, nur war das nichts wert, wenn man unbedingt nach Hause wollte.

Dann war man in diesem Gebäude mit einem Mann gefangen, welcher behauptete, dass das unser Zuhause war.

Nur ein paar Stunden im Leben konnten alles verändern und das ins sehr schlechte.

All meine Zukunftspläne waren zerstört und das hatte Cyrian mit Leichtigkeit hinbekommen. Hoffentlich hatte er ein schlechtes Gewissen und bereute es wenigstens etwas. Das mag mich zwar nicht von hier weg bringen oder von ihm freikommen lassen, dennoch konnte er gerne eine negative Emotion empfinden. Etwas das ihn belastete und quälte.

Mittlerweile erkannte ich mich selbst kaum wieder. Ich hatte nie jemand anderen etwas Böses gewünscht und nun saß ich hier und tat genau das.

Eine weitere Träne bahnte sich ihren Weg über meine Wange und ich ließ sie einfach. Wenigstens war ich alleine, weshalb ich mich ein bisschen gehen lassen konnte.

Erst später musste ich mich zusammenreißen und würde eine Fassade aufrecht erhalten.

Ich würde den Kampf starten und nicht aufgeben. Dafür brauchte ich einen Plan und der musste von langer Dauer sein, falls ich ihm entkommen wollte.

Am besten spielte ich mit und versuchte sein Vertrauen zu gewinnen. Wenn ich das tat, bekam ich mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Freiheiten, was es leichter machen würde.

Allerdings musste ich dennoch ein paar Zickerein veranstalten und mich querstellen, ansonsten würde Cyrian Verdacht schöpfen. Ich musste das vorsichtig angehen und subtil.

Mit der Nachbarin musste ich mich auf jeden Fall anfreunden. Sie könnte eine Hilfe werden, wenn ich diese Frau auf meiner Seite hatte.

Freundschaften entstanden nicht von heute auf morgen, weshalb es dauern würde. Genauso, um Cyrians Vertrauen wiederzubekommen.

Ich konnte machen was ich wollte, aber es wäre ein längerer Prozess.

Damit hatte ich meinen Kampfgeist wiederbekommen und öffnete meine Augen.

Ich holte tief Luft und nickte, um mir selbst zu bestätigen, dass ich das hin bekam. Egal wie, aber ich würde es schaffen.

Cyrian

Ich ging in meinem Büro auf und ab und wartete darauf, dass Andrew endlich sein verdammtes Handy abnahm. Ich wollte auf den neuesten Stand gebracht werden und eigentlich sollte er meinen Anruf erwarten.

Trotzdem fühlte es sich wie eine Ewigkeit an, bis ich endlich seine Stimme hörte: "Hi Cyrian. Was geht ab?" Mein bester Freund klang gut gelaunt, also gab es keine Komplikationen und die Lage sollte ruhig sein, ansonsten würde dieses Gespräch anders ablaufen.

Dennoch fragte ich zur Sicherheit: "Wie geht es Felines Familie?" Smalltalk konnten wir später klären, zuerst wollte ich wissen, wie es bei ihren Leuten aussah und ob es Probleme gab.

"Es ist alles in Ordnung. Ich habe unseren Männern gesagt, dass du sie bei lebendigen Leib häutest, falls der Familie oder den Freunden deines Engels etwas passiert. Wie gebeten, werden alle beschattet und haben unsichtbare Bodyguards."

Das war exakt das, was ich hatte hören wollen. Ich ging zwar nicht davon aus, dass Ramirez Männer ohne ihn genug Grips hatten etwas zu unternehmen, dennoch ging ich lieber auf Nummer sicher.

Feline wäre außer sich, wenn ihrer Familie etwas passierte, weshalb ich dafür sorgen wollte, dass es ihnen weiterhin gut ging. Ansonsten wäre ihre Wut auf mich noch größer als sie es ohnehin schon war.

Andrew fuhr fort: "Und nein, niemand von ihnen hat etwas bemerkt. Die allgemeine Lage ist ruhig und unauffällig. Nebenbei suchen wir nach den restlichen Ratten, allerdings haben wir einige bereits gefunden. Die Männer von Ramirez sind etwas unterbelichtet, weshalb es ziemlich leicht ist sie zu finden."

Das hörte man gerne und es brachte mich zum Lächeln, obwohl es aktuell wenig Gründe dafür gab. Aber es war bei Felines Familie alles in Ordnung und die restlichen Probleme wurden gelöst.

Ich merkte an: "Es wäre auch möglich, dass sie vollkommen planlos ohne ihren Boss sind. Vermutlich sind sie deshalb derart leicht zu finden." Ich würde es ihnen zutrauen, dass sie ohne ihre Entenmama, wie verirrte Entchen umher liefen mit keiner Ahnung vom Leben.

Da hatte ich bei meinen Männern den Vorteil, dass sie sehr wohl zu eigenständigem Denken fähig waren, das war mir nämlich wichtig. Ansonsten müsste nur ein kleines Chaos ausbrechen und es würde bergab gehen. Sofern die Leute allerdings selbst Hirn besaßen, wurde ich nicht wegen jeder Kleinigkeit angerufen.

Andrew fragte schließlich etwas ernster: "Wie geht es der Kleinen?" So knallhart mein bester Freund sein konnte, genauso nett und freundlich konnte er sein.

"Ich habe Feline mit ihrer Mum telefonieren lassen und anschließend hat sie sich im Badezimmer eingeschlossen." Bei diesem Gedanken wurde mir schwer ums Herz, was für mich ein extrem seltener Fall war, eigentlich war das ein sehr fremdes Gefühl. Es tat mir weh, sie so zu sehen, nur musste es sein.

"Und wie geht es dem Eisklumpen in deiner Brust damit?" Selbstverständlich, musste er mich aufziehen und zeitgleich aufheitern, wie er es meist tat.

"Ich hasse es, dass sie diesen Kummer hat und sie hasst vermutlich mich. Feline versteht das ganze Ausmaß nicht, worin sie nun allgemein verwickelt ist."

Das Hauptproblem war, dass ich es ihr nicht mal erklären konnte, denn eine Hochzeit stand sehr weit unten auf ihrer Liste.

Andrew seufzte und meinte: "Sie kommt sicher rum, sobald sich die erste Wut gelegt hat und sie darüber nachgedacht hat. Ihr seid zwei süße verliebte Dinger gewesen, zu schnell stirbt sowas nicht. Wir bleiben positiv gestimmt." Ausgerechnet mein bester Freund sagte das. Dieser Mann glaubte nicht an die Liebe und mir war bewusst, dass er mich für verrückt erklärt hatte, da ich einen derartigen Aufwand wegen Feline machte.

Um meine Stimmung zu heben, fragte er: "Könnten wir darauf zurückkehren, dass der Kampfzwerg dir beinahe entkommen wäre? Ich finde das viel zu witzig, alleine diese Vorstellung von dem braven Engel, der dem Teufel davon rennt."

Ich rieb mir den Nasenrücken, denn das musste er praktisch lustig finden, das war ganz typisch er. Aber ich konnte ihn verstehen.

"Feline ist wirklich sehr schnell und hat einen starken eigenen Kopf. Ich bin teilweise schockiert, dass sie offensichtlich ganz anders kann. Ich gebe zu, dass ich sie an dem Punkt unterschätzt habe."

Andrew unterdrückte ein Lachen, um zu sagen: "Und jetzt gefällt sie dir noch mehr."

"Ja, irgendwie schon. Obwohl es anstrengend sein kann, wenn man eine derartige Jagd starten muss. Dann wollte sie mich attackieren und verletzen." Ich schüttelte mit dem Kopf, was er leider nicht sehen konnte.

"Ich finde, dass sie die perfekte Partnerin für dich ist. Eine Mafiabraut wie sonst keine und hält dich auf Trab. Da wird dir wenigstens nie langweilig, wenn sie Feuer unterm Arsch hat."

"Andrew, da kommt noch was. Mein Engel hat mir bewiesen, dass sie einen starken Willen hat. Das war noch nicht alles und sie wird es weiterhin versuchen. Ich muss sie auf jeden Fall im Auge behalten."

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