Kapitel 30

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Cyrian hielt eine Waffe hoch und die war auf meinen Entführer gerichtet, der fing einfach zu lachen an. Meiner Ansicht nach war das ein unpassendes Verhalten, immerhin hielt jemand eine Pistole auf ihn gerichtet. 

Cyrian sagte kalt: "Ramirez, du hättest dir gut überlegen sollen mit wem du dich anlegst. Eigentlich habe ich gedacht, dass du intelligent genug bist, zu wissen, dass man mir niemals nehmen sollte, was mir gehört." 

Dann hieß der Mann also Ramirez. Damit hatte ich endlich einen Namen zum Gesicht, wobei das tatsächlich vollkommen unwichtig war, wie er vorhin gemeint hatte. 

Ramirez hatte sich von seinem Lachen erholt und antwortete: "Sotiriou, wie schön dich zu treffen, aber eigentlich warst du nicht eingeladen. Es ist unhöflich unangemeldet bei jemanden vor der Tür zu stehen."

War das sein Ernst?

Ich musterte Ramirez und er schien kein bisschen beunruhigt zu sein. Entweder überspielte er das oder es war ihm egal. Dabei hatte Cyrian aktuell die Überhand und seine Karten sahen schlecht aus.

Cyrian fragte in derselben Tonlage: "Gehst du freiwillig von Feline weg? Ansonsten helfe ich sehr gerne nach und lass diese beschissene Nagelpistole fallen." Mir zog es die Gänsehaut bei seiner Stimme auf, dabei war ich auf seiner guten Seite. Dennoch machte sie mir etwas Angst. 

Ramirez ließ sie fallen und trat einen Schritt von mir zurück. Irgendwie war das viel zu einfach, denn damit war das gelöst. Das konnte doch nicht sein, dass dieser Mann so schnell aufgab. 

"Noch einen Schritt." 

Ramirez tat wie befohlen und das ohne irgendeinen Protest. Er hob sogar seine Hände.

Nein, das war viel zu leicht gewesen. 

Ich sah wieder zu Cyrian hinüber und an ihm ging soeben Andrew vorbei. Ein weiteres freundliches Gesicht, was mich erleichterte. Offensichtlich hatte man mich gerettet und ich war knapp einer Folterung entkommen und dem Tod genauso. 

Cyrian sagte: "Ramirez nehmen wir mit, bring ihn zum Wagen." Das war der pure Befehlston und Andrew antwortete ihn einer kühlen Stimme: "In Ordnung, Boss." 

Wenn man die zwei privat kannte, dann waren sie ganz anders. Wobei ihr normales Verhalten vermutlich eine reine Fassade war, aber diesen Gedanken schob ich ganz schnell beiseite. An dieses Mafiazeug wollte ich aktuell keine Sekunde denken. Ich wollte nur hier raus.

Leise brachte ich hervor: "Cyrian?" Es klang derart verzweifelt, dass ich selbst kaum meine Stimme erkannte. Mein Gesichtsausdruck spiegelte das sicherlich wieder.

Sein Blick landete auf mir und mit schnellen Schritten kam er auf mich zu. Mein Herzschlag war zwar weiterhin erhöht, aber nicht mehr ganz so hektisch.

"Hast du Verletzungen? Hat er dir weh getan? Was hat er dir getan?" Das waren viel zu viele Fragen, außerdem war ich allgemein ziemlich durch den Wind. 

Aber ich schüttelte mit dem Kopf, denn im Grunde hatte er mir wirklich nichts getan, außer mich traumatisiert. Das hatte Ramirez auf jeden Fall getan und ein psychischer Schaden war genauso schlimm wie ein physischer. 

Cyrian kam vor mir an und holte ein Messer aus seinem Hosenbund, was mich etwas entsetzte. Wobei es bei einer Rettungsaktion Sinn machte, wenn man bewaffnet war oder auch an ein Messer dachte. In dem Moment war es praktisch, da er mich losschneiden musste. 

Er kniete sich nieder, legte seine Pistole auf dem Boden ab und fing an die erste Fessel an meinem Fuß aufzuschneiden. Nebenbei fragte er: "Hat er dir wirklich nichts getan? Muss etwas verarztet werden?"

Ich musste mich räuspern, aber schaffte es anschließend zu antworten: "Nein, es ist alles in Ordnung." Meine Stimme klang überraschend fest und Cyrian sah kurz auf zu mir. Diese wunderschönen bernsteinfarbenen Augen sahen sehr besorgt aus. Wenn ich mich nicht täuschte, dann erkannte man Angst darin. 

Hatte er sich wirklich Sorgen gemacht?

Da er direkt vor mir war und auch noch sehr schnell hergekommen war, dürfte die Antwort ein Ja sein. 

Der Blickkontakt hielt kurz an, da er sich der anderen Fußfessel widmete. Ich freute mich darauf endlich von diesem verdammten Stuhl los zu sein. 

Hinter Cyrian führte Andrew soeben Ramirez ab, der lachte und meinte: "Sotiriou, dein Püppchen weiß jetzt Bescheid über dich. Die Aufklärstunde habe ich übernommen. Diesen Gesichtsausdruck zu sehen war alles Wert."

Cyrian gab ihm keine Antwort, aber mir: "Egal was er zu dir gesagt hat, vergiss es. Wir reden nachher darüber, aber das Wenigste aus diesem Mund kann man glauben." 

Also hatte Ramirez vielleicht doch Unrecht?

Innerlich wünschte ich es mir sehr, allerdings war das unwahrscheinlich, wenn man meine Lage bedachte. Trotzdem klammerte ich mich an diese Hoffnung als hing mein Leben davon ab. 

"Ok." Es mag eine knappe Antwort sein, aber es war eine. 

Cyrian stand auf und ging um den Stuhl herum und schnitt das letzte Seil durch, mit welchem meine Hände gefesselt waren. Dabei sagte er noch: "Du bist übrigens in vollkommener Sicherheit. Niemand kann dir mehr weh tun, denn wir haben dafür gesorgt. Trotzdem sollten wir schnell von hier verschwinden." 

Das war ganz eine tolle Idee und es war ideal, dass mir ansonsten niemand mehr zu nahe kam. 

Mit jeder gelösten Fessel war meine Erleichterung größer geworden. Allerdings dürfte das unter anderem an Cyrians Nähe liegen. Mein Retter hatte mich nicht enttäuscht.

Als die Handfessel gelöst war, stand ich sofort auf und das Erste was ich tat war es mich zu Cyrian zu drehen. Er schubste den Stuhl beiseite und ich warf mich praktisch in seine Arme. Ich brauchte das gerade, dieses Gefühl das jemand auf mich aufpasste oder für mich da war. 

Das war der Moment in dem ich Tränen in meinen Augen bekam, aber ich versuchte sie zu halten. Heulen konnte ich später auch noch, nun sollten wir eigentlich abhauen. 

Cyrian legte seine Arme fest um mich und sagte: "Es ist geschafft und ich passe auf dich auf. Dieses Schwein kommt dir nie wieder zu nahe." Das waren genau die richtigen Worte.

Meine Hände krallte ich in sein Shirt und er gab mir einen Kuss auf den Kopf.

Aber danach fragte er: "Feline, könnten wir das auf später verschieben? Wir sollten abhauen."

Ich löste mich zwanghaft von ihm und wandte mich ab. Er musste nichts von den Tränen in meinen Augen wissen.

Cyrian nahm meine Hand und zog mich mit sich. Endlich war ich frei, aber ein bisschen Angst empfand ich weiterhin. Er mag behauptet haben, dass ich in Sicherheit war, aber das war irgendwie schwer zu glauben.

Als könnte er meine Gedanken hören, sagte er: "Es wird alles gut werden, Feline. Dir wird nichts mehr passieren, denn dafür werde ich sorgen und das für immer. Das verspreche ich dir."

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