KAPITEL SECHZEHN

148 5 0
                                        

Die letzten Tage waren wohl die am langsam vergehensten Tage überhaupt, aber heute ist es endlich so weit. In zwei Stunden fliegen Ayaz und ich nach Ibiza. Die ganze Planung war wirklich nervig, weil alle Tickets auf Ayazs Namen umgebucht werden mussten. Jetzt aber interessiert es keinen mehr, was gestern -oder in den letzten zwei Jahren- war, denn gerade zählt nur unser Urlaub.

Shira habe ich gestern Abend schon zu meiner Mutter gefahren, die sich sehr freut sich diese Woche um sie zu kümmern. Wenn ich ehrlich bin, werde ich diesen kleinen Hund schon ein wenig vermissen. Ayaz holt mich schon in ein paar Minuten ab, weil es ihm sehr wichtig war pünktlich am Flughafen zu sein. Ich fand es ehrlich gesagt sehr amüsant, dass er die Art von Mensch ist, die zwei Stunden vor Abflug am Flughafen sitzt und wartet, weil sie Angst hat den Flug zu verpassen. Mein weißer Koffer, in den ich vermutlich viel mehr als 20 Kilo gestopft habe, steht schon an der Tür und in meine Tasche, in der ich mein Handgepäck habe, werfe ich noch meine frisch aufgefüllte Wasserflasche und eine Packung Kekse. Ich brauche immer ein paar Snacks bevor ich fliege. Ich habe zwar nicht wirklich Angst vorm Fliegen, aber ein komisches Gefühl, tausende Meter vom Boden entfernt zu sein ist es schon. Heute Nacht habe ich nicht besonders gut geschlafen, was wahrscheinlich nicht nur an der Aufgregung liegt, sondern auch daran, dass ich seit Ewigkeiten nur mit Shira im Bett schlafe und es diese Nacht eine ziemliche Umstellung war. Die nächsten Nächte werden also ziemlich gewöhnungsbedürftig. Ilenia geht es wieder ein bisschen besser, aber sie nimmt immer noch viele Schmerzmittel. Ihre Kollegin erholt sich langsam auch wieder, was mich ziemlich beruhigt.

Als es klingelt springe ich sofort auf und sprinte zur Haustür. Ich schaue noch ein letztes Mal in den Spiegel, mache dann alle Lichter aus und verabschiede mich von meiner Wohnung. Mich wundert es ein bisschen, dass Ayaz nicht schon oben steht, aber davon lasse ich mich nicht beirren und fahre mit dem Fahrstuhl nach unten. Er steht schon in der Eingangstür und trägt -genau wie ich- eine graue Jogginghose, dazu hat er ein weißes T-Shirt an. Erfreulich zu sehen ist, dass er seinen Bart tatsächlich stehen gelassen hat. Er sieht umwerfend aus. „Hi.", begrüße ich ihn und springe direkt auf ihn. Er küsst mich zur Begrüßung sanft. Wow, er riecht fantastisch. Sein Geruch ist angenehm herb, aber trotzdem frisch. „Wie ich sehe, freust du dich." Ich antworte mit einem in die Länge gezogenen Ja und steige dann in seinen schwarzen Wagen.

„Oh Gott. Wir fahren fast eine halbe Stunde.", beschwert er sich, nachdem er das Ziel ins Navigationsgerät eingegeben hat. Ich muss lachen. „Ich dachte wirklich nicht, dass du so überängstlich bist, wenn es um die Ankunft am Flughafen geht." Er muss auch lachen und dreht sich leicht beschämt zum Fenster. „Das ist eine ganz lustige Geschichte. Das erste Mal bin ich mit sieben geflogen. Ich habe schon vier Monate vor dem Urlaub angefangen jeden Tag auszurechnen, wann es los geht. Am Tag des Abflugs hat meine Mutter verschlafen und wir haben den Flug verpasst. So etwas passiert mir nicht nochmal.", erzählt er lachend und ich lache immer noch. „Meine Mutter war das Gegenteil. Am liebsten wäre sie schon eine Woche vor Abflug am Gate gesessen." Wir beide lachen und fahren die restlichen Minuten bis wir am Flughafenparkplatz ankommen. „Willst du dein Auto jetzt eigentlich eine ganze Woche hier stehen lassen?" Er zuckt desinteressiert mit den Schultern und öffnet den Kofferraum, um die Koffer rauszuholen. „Meine Brüder können ihn vielleicht abholen. Aber wenn nicht, ist es auch egal." Ich schaue ihn misstrauisch an. „Du weißt schon, wie teuer es ist hier zu parken, oder?" Er schaut mich mit so einem Blick an der sagt denkst du wirklich das interessiert mich? Er lächelt mich nur an und küsst meine Stirn. Als letztes hebt er meinen Koffer auf dem Kofferraum. „Hannah! Was hast du da drin? Steine?" Ich lache und versuche mich zu verteidigen. „Die ganzen hübschen Outfits habe ich doch nur für dich mitgenommen." Er lacht und läuft mit unseren beiden Koffern in den Händen in das große Gebäude. Mir schmeichelt es, dass er meinen Koffer schiebt, aber mich hätte es auch nicht gestört es selbst zu machen.

Wie erwartet saßen wir noch über eine Stunde lang am Flughafen und haben darauf gewartet, endlich ausgerufen zu werden. Mittlerweile sitzen wir aber beide im Flugzeug. An einem Schalter hat Ayaz nochmal eine Erweiterung gebucht. Wir fliegen Buissnes Class weil es First Class in diesem Flugzeug leider nicht gibt. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie etwas besseres als Economy Class geflogen und das hat mir auch immer total gereicht. „Wow. Schau mal wie toll ich meine Beine bewegen kann.", erzähle ich staunend und zeige ihm auf meine wackelnden Beine. Er lacht nur und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel. Am liebsten würde ich mich gerade auf seinen Schoß setzen und von ihm an jeder Stelle meines verdammten Körpers berührt werden.

Nach zwei einhalb Stunden sind wir endlich in Spanien gelandet und fahren gerade in unserem Mietwagen zur Ferienwohnung. Ich bin immernoch verdammt unbefriedigt, weil das einzige das Ayaz berührt hat mein Oberschenkel und meine Lippen sind. Ich weiß wirklich nicht was mit mir los ist, aber ich bin so unfassbar angezogen von ihm. Vielleicht ist es der Bart, oder das T-Shirt, welches ihm fantastisch steht. „Da vorne musst du links abbiegen und dann sollte es da sein." Ich fahre links und versuche das Pochen zwischen meinen Beinen zu ignorieren. Tatsächlich ist hier das Haus, das auf den Bildern irgendwie kleiner aussah. Es ist ein weiß angestrichener Bungalow, der mit hübschen gelben Details, wie zum Beispiel den Blumenkästen am Fenster verziert ist. Ein Parkplatz ist auch vor dem Haus, auf dem ich perfekt einparke und dann lachend aussteige. Ich renne sofort zum Eingang und er kommt hinterher. Er schließt mit dem Schlüssel, der unter der Fußmatte lag auf und wir gehen hinein. Als er das Licht einschaltet, sind wir beide wirklich überrascht wie schön es ist. Alles ist in total freundlichen hellen Möbeln eingerichtet und ich glaube, ich kann mich hier für die nächste Woche richtig wohlfühlen. Wir gehen zusammen durch das Wohnzimmer auf die Terrasse, wegen welcher ich mich überhaupt für diesen Bungalow entschieden habe. Man hat einen wunderschönen Blick auf das Meer und einen tollen Pool, neben dem sogar noch ein Jacuzzi steht. Ich war in meinem ganzen Leben vielleicht zwei Mal in einem Jacuzzi. Oh Gott, es kann garnicht besser werden. Ich drehe mich zu Ayaz und muss mir die Tränen verdrücken, weil ich mich so sehr freue. Ich drücke mich an ihn und er umarmt mich. Seine Körperwärme zu spüren bringt mich wirklich total um den Verstand, weshalb mir erst aus dem Linken und dann aus dem Rechten Auge eine Träne kullert. „Hey. Weinst du?", fragt er mich, lässt mich aber nicht los, sondern drückt mich weiter an sich. Ich schüttele den Kopf und er lacht. „Du Lügnerin.", scherzt er und schaut mich dann an. „Wir sind im Urlaub und du fängst an zu weinen?" Ich drehe mein Gesicht weg von ihm, er dreht es aber wieder zurück und presst seine Lippen auf meine. Fuck, die Stimmung aus dem Flugzeug und dem Auto kommt zurück. Ayaz, hör nicht auf mich zu berühren. Ich küsse ihn mit so einer Leidenschaft, dass mir fast schwindelig wird. Er hebt mich an meiner Taille hoch und bringt mich wieder ins Haus.

„Komm, wir holen unsere Koffer und ziehen uns Badesachen an."

BACK TO LOVEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt