N A T H A N
Gestresst fahre ich mir durch die Haare und seufze. Schon wieder konnte ich das Versprechen meiner Tochter gegenüber nicht einhalten. »Du arbeitest zu viel Daddy«, hat sie gesagt. Ich weiß, und mein schlechtes Gewissen ihr gegenüber wächst und wächst. Stumm blicke ich aus der Glasfront vor mir und denke nach. Wie würde mein Leben wohl aussehen, wenn Amanda nie abgehauen wäre? Aleja hätte eine Mutter, die sich um sie kümmert, wenn ich auf Arbeit bin. Sie bräuchte keine ältere Dame als Kindermädchen, und würde normal aufwachsen.
Leider kann ich ihr den Luxus einer liebenden Mutter nicht geben. Ich versuche nicht zu viel zu arbeiten, damit ich mir Zeit für sie nehmen kann, aber immer wieder funkt mir etwas dazwischen. Tief atme ich ein, und schüttle mit dem Kopf, als mein Telefon klingelt. »Ramos?«, melde ich mich. »Guten Tag Mr. Ramos, hier ist die Enkelin von Sousanna, Athos.«, antwortet eine Frauenstimme. »Meine Oma hat sich die Hüfte gebrochen und liegt im Krankenhaus. Ihre Tochter ist hier bei mir.«
Alarmiert springe ich auf. »Geht es beiden gut? In welchem Krankenhaus sind Sie?« »Wir sind im Presbyterian. Ihrer Tochter geht es gut und wie es bei Sousanna aussieht, weiß ich noch nicht.« »Ich bin in zehn Minuten da.«, sage ich und lege auf. Von meinem Stuhl nehme ich mein Jackett und laufe aus meinem Büro heraus. »Sag meine restlichen Termine für heute ab, ich muss gehen. Und legen Sie das Essen mit den Bensons auf Freitagabend.« Meine Assistentin nickt, während ich weiter zu den Aufzügen laufe. »Ach ja«, sage ich, und drehe mich um, »Setz bitte eine Stellenanzeige für ein Kindermädchen auf.« »Natürlich Sir, schönen Abend noch.«, verabschiedet sich meine Assistenten Luna von mir.
Luna ist im Grunde viel zu jung für diesen Job, doch als meine ehemalige Assistentin gekündigt hat, um mehr Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, war Luna Feuer und Flamme für diesen Job. Sie studiert Jura an der Brown, und sah den Job als meine Assistentin als eine große Chance Fuß zu fassen in der Welt der Juristen. Ganz unrecht hat sie da nicht, denn es wird sich gut auf ihren Bewerbungen machen, zu sehen, dass sie in New Yorks renommiertester und größter Kanzlei als Assistentin des Chefs gearbeitet zu haben.
Mein Fahrer wartet bereits auf mich, als ich mich in den Wagen setze, der sofort losfährt. »Zum Presbyterian.«, halte ich es kurz und nehme einen Tiefen Atemzug. »Ist ihrer Tochter etwas passiert?«, fragt mein Chauffeur Henry. Verneinend schüttle ich den Kopf. »Nein. Sousanna's Enkelin hat mich angerufen und gesagt, dass sie sich die Hüfte gebrochen hat. Aleja ist gerade bei ihr im Krankenhaus.« Verstehend nickt Henry.
Ich hätte wissen müssen, dass Sousanna gesundheitlich nicht mehr richtig fit ist. Sie ist 76 Jahre alt und passt seit mittlerweile drei Jahren auf eine Vierjährige auf. Sie sollte pause machen, und nicht arbeiten, nur weil sie denkt, sie wäre mir etwas schuldig. Vor sieben Jahren habe ich ihr geholfen eine Greencard für sie und ihre Enkelin zu bekommen. Die beiden standen kurz vor dem nichts und ich konnte nicht mitansehen, wie diese arme, alte Frau weinend in unserem Foyer saß, weil ihre Enkelin, die durch eine Krankheit im Krankenhaus lag, ausgewiesen worden wäre.
Also habe ich, völlig kostenfrei, die beiden vor Gericht vertreten, und ihnen eine Greencard besorgt. Ich habe ihre Enkelin nie kennengelernt, und es macht mich hibbelig, dass meine kleine Tochter bei einer völligen Fremden ist. Aleja ist sehr zurückhaltend und eher scheu neue Menschen kennenzulernen. Als Amanda abgehauen ist, und ich mit einem kleinen Baby alleine dastand, hat mir Sousanna geholfen, besser in meine Vaterrolle zu wachsen. Aleja ist an Sousanna gewohnt, doch nicht an ihre Enkelin. Hoffentlich bekommt sie nicht wieder eine Panikattacke.
»Wir sind da, Sir.« Vor dem Krankenhaus steige ich aus der Limousine, und renne an den Empfang. »Ich suche Sousanna Makri.« Die Dame am Empfang tippt eilig etwas in den Computer. »Zweiter Stock, Zimmer 203.« Im zweiten Stock angelangt, sehe ich mich um, und höre das Lachen meiner Tochter. Schnell laufe ich an den Ärzten, und Krankenpflegern vorbei, um in das Wartezimmer sehen zu können.
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Secret desire
RomanceAls erfolgreicher Anwalt und alleinerziehender Vater hat Nathan es nicht leicht. Seine Tochter Aleja ist das wichtigste in seinem Leben. Seit Amanda, die Mutter seiner Tochter, sang- und klanglos verschwunden ist, glaubt er nicht mehr an die Liebe...