K A P I T EL 24

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A T H O S

Verschlafen öffne ich die Augen. Nates schweres Arm liegt über meiner Taille. Erinnerungen fluten meinen Kopf. Wir haben es getan. Ich bin keine Jungfrau mehr. Das leichte ziehen in meinem Unterleib beweist es mir erneut, als ich mich auf den Rücken drehe. Was bedeutet das jetzt für uns? Er hat gestern gemeint, er wird uns nie mehr allein lassen.

Ich bin tatsächlich keine Jungfrau mehr. Ich hab mich ja gut an meinen Plan gehalten, erst mit jemanden zu schlafen, wenn ich verheiratet bin. Ich habe das starke Bedürfnis, Lia davon zu erzählen. Sie würde ausflippen. Aber ist es nicht komisch, ihr zu sagen, dass ich mit ihrem Bruder geschlafen habe?

Ich höre wie die Tür aufgeht und eine verweinte Aleja in ihrem Pyjama dasteht. Tränen rollen über ihr kleines Gesicht. Sofort nehme ich Nates Arm von meiner Taille und fische sein Hemd vom Boden, bevor ich es anziehe und sie in den Arm nehme. »Alles gut, micros«, flüstere ich ihr beruhigen in ihr Ohr, während sie leise schnief. »Alptraum?« Die letzten Tage hatte sie wieder öfter Alpträume. »Es ist alles gut, micros. Dein Daddy ist auch wieder da.«

Sie schaut über meine Schulter auf die andere Seite des Bettes, wo ihr Vater schläft. Sofort hört sie auf zu weinen und kichert glücklich. Sie ist so ein kleiner Sonnenschein. Sie hatte mich schon vom ersten Moment an um den Finger gewickelt. Die letzten Tage, die Nate nicht da war, haben wir gemeinsam in einem Bett geschlafen, aber gestern habe ich sie in ihr Bett gebracht.

Sie sollte nicht mitbekommen, wie ich weine. Nates Brustkorb ist übersät von Hämatomen. Mir ist es gestern nicht aufgefallen. Mir wird schlecht, wenn ich dran denke, wie Franky meinte, er hätte ihm nur ein bisschen verletzt. Denn Nates Körper beweist mir, dass ich mit meiner Vermutung, dass er ihn windelweich prügelt, recht hatte. Mit Aleja in meinen Armen lege ich mich zurück ins Bett. Das Wort Glück, kann nicht ansatzweise beschreiben, was ich gerade empfinde.

Wir liegen wie eine kleine Familie in diesem Bett. Dem Bett, indem ich meine Unschuld verloren habe. Aleja kuschelt sich unter die Decke schließt ihre Augen. Ich lege mich auf die Seite und beobachte ihren Brustkorb dabei, wie er sich hebt und senkt. Mein Verlangen nach eigenen Kindern wächst mit jeder gemeinsamen Sekunde mit Aleja. In der kurzen Zeit, haben wir ein inniges Band aufgebaut, und es ist, als wäre sie meine Tochter.

Genauso liebe ich sie auch. Ich möchte aber einmal in meinem Leben spüren, wie es sich anfühlt, einen runden Bauch zu haben. Wie mein Baby in mir tritt. Wie meine Tochter, oder mein Sohn zum ersten mal in meinem Arm liegen. Seufzend gebe ich Aleja einen Kuss auf die Stirn. »Du wirst eines Tages eine gute Mutter.«

Gänsehaut überkommt meinen Körper. Allein Nates Stimme sorgt dafür, dass sich ein kribbeln in meinem Unterleib breit macht. »Danke.« Ob ich jemals eigene Kinder haben werde? Fraglich. Ich weis, es gibt immer noch die Möglichkeit, Kinder zu adoptieren, allerdings ist das nicht dasselbe, wie eigene Kinder zu haben. Eine Schwangerschaft zu erleben. »Denk nicht so viel nach. Du wirst eines Tages Mutter.«

Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. »Athos, kuscheln«, sagt Aleja ein wenig trotzig, und bringt mich und Nate zum Lachen. »Schlaf noch ein bisschen, micros.« Ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn, und sehe zu, wie sie mit ihrem kleinen Körper auf mich krabbelt, und ihr Köpfchen auf meine Brust legt. Mein Herz schlägt schneller und Endorphine strömen durch mich hindurch.

Diesen Moment möchte ich niemals vergessen. »Du hast Tränen in den Augen.« Nate ist näher an mich herangerutscht, und hat seinen Arm um uns geschlungen. »Danke«, bringe ich mit zitternder Stimme hervor. »Wofür bedankst du dich?« »Dass du mich in euer Leben gelassen hast. Du warst vielleicht kurzzeitig ein Idiot«, »Idiot ist ein böses Wort!« Aleja schaut mich schockiert an. Lachend läuft mir eine Träne über das Gesicht.

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