K A P I T E L 5

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A T H O S

»Ich sagte doch schon, dass ich nur bei Nathan war, um auf seine Tochter aufzupassen!« Wütend und enttäuscht schaue ich meinen Verlobten an, der wie ein wild gewordenes Tier eine Vase nach der anderen an die Wand wirft. Böse fängt er an zu lachen, und dreht sich zu mir um. Mein Atem stockt, als ich die Wut und den Hass in seinen Augen sehe. Noch nie habe ich ihn so erlebt. Sonst war er immer liebevoll, freundlich und vor allem verständlich. Er war schon immer recht impulsiv und eifersüchtig. Doch noch nie habe ich ihn so außer Kontrolle erlebt.

»Du warst nur wegen seiner Tochter bei ihm?« fragt er mich mit leiser Stimme, während er mir bedrohlich auf mich zu kommt. »Oh Athos,« haucht er, sodass ich seinen Atem auf meiner Haut spüre, »Ich habe dir vertraut, Athos.« Meine Wangen glühen und ich habe das Gefühl, dass mein Puls Achterbahn fährt. Was meint er mit "ich habe dir vertraut?" Ich habe Anthony noch nie einen Grund gegeben mir nicht zu vertrauen, und es wird auch niemals einen geben. Ich liebe ihn viel zu sehr, als das ich zulassen würde, das sich etwas zwischen uns drängt.

Anthony steht mir so nahe, dass ich Angst habe er könnte meinen Herzschlag spüren. So ungerne ich das auch zugebe, aber jetzt gerade macht er mir Angst. Verdammt Angst. Ein Schauer läuft meinen Rücken runter, als er mir mit seinen kalten Fingern eine Haarsträhne hinter das Ohr schiebt. »Hast du ihn gefickt, Athos?« Meine Atmung stockt, und Tränen laufen mir die Wangen runter. Wie kann er sowas auch nur denken? Schnell schüttle ich meinen Kopf. »N-Nein, ich... Da ist nicht zwischen Nathan und mir. Wieso vertraust du mir denn nicht?« schluchze ich.

Kurze zische ich schmerzerfüllt auf, als er mir fest in den Nacken greift. »Weil du eine verdammte Hure bist!« brüllt er mich an, und instinktiv zucke ich zusammen. Unkontrolliert laufen die Tränen in meinem Gesicht herunter. Ich will meinen alten Anthony wieder. Der, der mich bei Regen nachhause getragen hat, der mir Blumen geschenkt und mich zum Lachen gebracht hat. Dieser Anthony ist jemand vollkommen anderes.

»Hör auf zu flennen, du blöde Schlampe. Das hast du dir selbst eingebrockt.« Schreit er. Im nächsten Moment ist alles, was ich spüren kann Schmerz. Betäubender Schmerz umgibt meinen Körper und vernebelt meinen Kopf. Ich liege am Boden. Mein Kopf schmerzt fürchterlich. Blut läuft zwischen meinen Fingern hindurch, als ich mir an den Kopf fasse. Er hat mich gestoßen. Er hat mich gestoßen, und ich habe mir den Kopf auf dem harten Boden aufgeschlagen.


Mein Herz rast, Adrenalin und Schmerz rauschen durch meine Adern, und Tränen verschleiern meine Sicht. Ich ziehe meine Knie fest an mich, und schlinge meine Arme darum. Wie konnte er das nur tun? Bilder von unserem ersten Treffen kommen mir in den Kopf. Wir haben uns im Gerichtsgebäude kennengelernt.

Ich kam gerade aus der Pathologie gelaufen, und als ich mir einen Kaffee aus dem Automaten holen wollte, hat mich Anthony angetippt, und mich angelächelt. Ich konnte seinem Lächeln vom ersten Moment an nicht widerstehen. Er hat gesagt, dass er mich beobachtet hat, als ich aus der Pathologie gekommen bin, und er nicht versteht, wie eine hübsche Frau wie ich ausgerechnet in der Pathologie arbeite. Er hat mich vom ersten Augenblick verzaubert.

Tief atme ich ein, und blicke zu ihm rauf. Groß schauen seine Augen in meine, und in seinen Augen sehe ich Reue und einen Schock stehen.

»Ich-ich wollte das nicht«, haucht er, bückt sich zu mir runter und will mit seiner Hand nach meiner greifen. Doch bevor er sie erreicht, zucke ich zusammen und schiebe mich weg von ihm. Er soll mich nicht anfassen. Das Recht dazu hat er in dem Moment, als er mich eine Schlampe genannt hat verloren. Vielleicht hätte ich ihm die Schimpfwörter verziehen, wenn er mich nicht geschlagen hätte.

Secret desireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt