K A P I T EL 29

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A T H O S

Mit zitternden Händen greife ich nach dem ersten Test. Doch kurz davor stoppe ich und ziehe meine Hand zurück. »Kannst du bitte nachsehen?« Nate lächelt leicht und gibt mir einen sanften Kuss auf die Lippen. »Wir werden alles gemeinsam durchstehen«, Nates Anwesenheit beruhigt mich so sehr. Ich weis, dass er noch Kinder haben möchte – ja, auch ich will Kinder – aber es ist noch viel zu früh für uns. Unsere Geschichte hat gerade erst angefangen.

Nate atmet durch und dreht den ersten Test um. »Und?« »Negativ.« Tief atme ich durch. Sollte ich darüber glücklich oder enttäuscht sein? Danach greift er nach dem zweiten und ohne es bemerkt zu haben, halte ich die Luft an. »Negativ«, er greift nach dem dritten und letzten Test, »und positiv?« Mit zusammengezogenen Augenbrauen sieht er auf den Test. Hat er gerade positiv gesagt? »Zwei Striche bedeuten doch positiv, oder?« Mit großen Augen schaut er mich an. Wie benommen nicke ich.

In meinem Kopf herrscht gerade leere. »Aber, bin ich jetzt schwanger oder nicht?« »Ich habe keine Ahnung.« Wie von einer Biene gestochen stehe ich auf und fange an, im Zimmer auf und abzulaufen. Wie ist das möglich? «Hey, beruhige dich.« Nate greift nach meinem Arm und zwingt mich stehen zu bleiben. »Wie zum Teufel soll ich mich denn jetzt beruhigen?« zische ich. »Weil du dir keine Sorgen machen musst«, liebevoll nimmt er mein Gesicht in die Hände, »Wir schaffen alles gemeinsam. Du brauchst schnellstmöglich einen Termin beim Frauenarzt.« Da kommt es mir.

Schnell laufe ich zu meinem Handy auf dem Nachttisch und suche nach der Nummer meiner Kollegin Emily. Sie arbeitet in einer Frauenklinik. »Hey! Lange nichts mehr von dir gehört!« »Hey, Em«, Nate schaut mich fragend an, »Hast du Nachtschicht?« »Ja, natürlich. Wie immer. Warum?« »Könnte ich schnell vorbeikommen? Ich-ich bin vielleicht schwanger.«

»Was?« »Ich habe grade drei Schwangerschaftstest gemacht und einer davon ist positiv. Emily, ich muss wissen, ob ich schwanger bin.« Meine Stimme klingt verzweifelt und ich weis, dass Emily mir helfen wird. »Ja, klar. Komm vorbei. Es ist nichts los.« »Danke, Em.« »Immer doch.« Nachdem ich aufgelegt habe, atme ich durch und drehe mich wieder zu Nate um. »Eine Kollegin, mit der ich mich gut verstehe, arbeitet in der Frauenklinik. Sie hat gesagt, dass ich jetzt vorbeikommen kann«, erzähle ich und fange an mir eine Leggins und ein Top anzuziehen, »Willst du mit?« Seine Augenbrauen schießen in die Höhe. »Ist das ein Scherz? Natürlich komme ich mit!« »Und Aleja?« »Ich nehme das Babyfon mit und wenn etwas ist, fahre ich her. Bist du fertig?« »Ja.« »Dann los, ich will wissen, ob ich ein Baby in dich gepumpt habe.« Augenrollend schlage ich ihm leicht in den Nacken, um sein blödes Grinsen aus dem Gesicht zu bekommen. Idiot.

***

»Okay, dann schauen wir mal.« Wir waren innerhalb von zehn Minuten in der Klinik. Jetzt sitze ich hier, auf den Unbequemsten Stuhl, den es auf der Welt gibt und sehe Emily dabei zu, wie sie das Ultraschallgerät vorbereitet. Ich hasse Kontrolltermine beim Frauenarzt, und das ist nicht besser. Als würde man mit dem Ding, in mir herumstochern. Vorsichtig führt sie mir das Gerät ein. Währenddessen halte ich Nates zitternde Hand. Er ist genauso aufgeregt, wie ich. Emily fängt an den Stab zu drehen, und ich fühle mich wie ein Drehspieß. Schmerz durchzuckte meinen Körper, als sie den Stab dreht. »Hattest du in letzter Zeit Schmerzen im Unterleib?« »Ja, aber mit Tabletten sind die Schmerzen weggegangen.« »Sonstige Beschwerden? Übelkeit oder Erbrechen?« »Nur erbrechen. Du denkst doch nicht etwa an eine Tubargravidität?« Ich spüre Nates brennenden Blick auf mir. Ich sage extra diese Wort, damit er nicht versteht was ich meine. Meine größte Angst würde sich erfüllen, wenn ich wirklich eine Eileiterschwangerschaft hätte.

»Man kann ganz deutlich eine Zyste sehen, aber sie ist geplatzt.« Sie entfernt den Stab und fängt an, meinen Bauch abzutasten. »Tut das weh?« »Ja, sehr.« Gequält schließe ich meine Augen. Ich höre Emily schwer ausatmen. »Tut mir leid, aber es ist nur eine Zyste. Schwangerschaftstests sind nicht immer zu hundert Prozent sicher. Du hast Flüssigkeit im Bauchraum. Die Zyste ist geplatzt und daher kommt die Flüssigkeit und die Bauchschmerzen. Hattest du Blutungen?« Ich höre Nate tief durchatmen und ich denke, dass er enttäuscht ist.

Ich bin froh, dass wir noch gemeinsam Zeit verbringen können, bevor wir über Kinder nachdenken. Aber auf der anderen Seite, sehe ich Nate und Aleja am Frühstückstisch sitzen, während sie beide versuchen einen kleinen Jungen mit Brei zu füttern. Ich sehe Nate und mich diskutieren, weil ich möchte das unser kleiner mal Arzt wird und Nate, dass er Anwalt wird. Ich sehe uns vier glücklich. Ich sehe Nate und mich bei Sonnenuntergang auf einer Hollywoodschaukel auf der Veranda sitzen, während unsere Enkel im Garten spiel. Ein Leben voller Glück und Freude.

Ich sehe all das, was ich mir schon immer gewünscht habe. Mit ihm an meiner Seite. »Athos?« Emily sieht mich mitfühlend an. »Hattest du Blutungen?« Ich schüttle den Kopf. »Nein.« »Okay. Wie du weist, sind Zysten meistens mit Blut oder anderen Flüssigkeiten gefüllt. Um mögliche Infektionen auszuschließen, würde ich vorschlagen, dass wir dir die Zyste entfernen. Dasselbe mit der Flüssigkeit. Damit sollten die Bauchschmerzen weg sein.« »Zwei Fragen«, meldet sich Nate, „Erstens, was ist eine Tubargravidität und zweitens, wie wird die Zyste entfernt?« Emily lächelt. »Eine Tubargravidität ist eine Eileiterschwangerschaft. Es war gut, dass du Athos gezwungen hast, den Test zu machen, denn wenn es wirklich eine Eileiterschwangerschaft gewesen wäre, könnte das tödliche Folgen haben. Und die Zyste wird mit einem kleinen operativen Eingriff entfernt. Das ist heutzutage keine große Sache mehr.«

»Wann könntest du die Operation machen? Die Schmerzen sind wirklich nicht angenehm.« Ein weiter Krampf zieht durch meinen Unterleib. »Gleich morgen früh. Ich schreibe dich gleich in den OP-Plan.« Nate drückt meine Hand und lächelt. Vielleicht ist es ein ‚Alles-ist-Gut' Lächeln oder ein ‚Es-ist-wirklich-alles-gut Lächeln'. Ich bin ihm so dankbar, dass er hier ist. Trotzdem fühle ich mich nicht gut. Ich seufzte, stehe auf und ziehe mir wieder die Hose an. Ich habe wirklich gehofft, ich wäre schwanger. Vielleicht ein anderes mal.

N A T H A N 

»Wie geht es ihr?« Meine Mutter trägt einen ihrer liebsten Kimonos und schlürft an ihrem Ingwer Tee. Seit neustem folgt sie einem Lebensguru auf Instagram und möchte sich selbst besser kennenlernen. Dad hat mich angerufen und gefragt, ob er die Scheidung einreichen könnte. Als erstes ist mir fast das Herz in die Hose gerutscht, aber dann hat er mir erklärt, dass Mum das gesamte Haus mit Räucherstäbchen ausgestattet hat und Schnickschnack aus Nepal für über sechs Tausend Dollar bestehlt hat und er keine nerven mehr übrig hat. Er liebt meine Mutter. Selbst nach all den Jahren, zwei Kindern und einem Tumor. Niemals würde er sich scheiden lassen. Nur manchmal schlägt meine Mutter ein wenig über die Strenge, und kostet meinen Vater all seine Beherrschung.

»Es geht schon wieder. Sie ist tapfer und hatte eine gute Ärtztin.« Sie ist sofort gekommen, nachdem sie von unserem nächtlichen Ausflug in das Krankenhaus gehört hat. Wir sind mittlerweile wieder zuhause. Athos schläft viel, was normal nach so einer Operation sein soll. »Wie geht es dir?« »Es geht mir gut.« Meine Mutter schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Ich habe dich nicht großgezogen, damit du mich anlügst.« Schwer seufzte ich. »Was meinst du?« Tue ich auf unwissend. »Ich meine, dass Athos vielleicht keine Kinder bekommen kann.« Ich weis, dass meine Eltern unbedingt noch mehr Enkel wollen. Lia studiert noch und hat keinen Freund, also ist es bei ihr unwahrscheinlich. »Es ist mir egal«, fest schlucke ich mein schlechtes Gewissen runter, »Solange sie und Aleja gesund sind, ist mir alles egal.«

Und es stimmt. Das, was zählt, sind nur die beiden. Ich habe eine wunderbare Tochter, eine tolle Frau an meiner Seite und Kinder sind nicht ausgeschlossen – nur schwerer zu bekommen. Aber alles Gute im Leben ist schwierig zu erreichen. Bei Alejas Geburt hatte sich die Nabelschnur um ihren Hals gewickelt, und beinahe hätte sie es nicht überlebt. Es war eine schwere Geburt und eine noch schwierigere Schwangerschaft. Aber es hat sich gelohnt.

»Ich kenne dich, Nate. Du warst schon immer zielstrebig. Du hast immer bekommen, was du wolltest, weil du nie lockergelassen hast. Du wolltest Anwalt werden, und hast deinen Kopf durchgesetzt. Du wolltest Amanda und ein Kind und hast auch das bekommen, wobei du mit Amanda ziemlich danebengegriffen hast. Du wolltest Athos, und hast sie bekommen, aber jetzt«, Sie steht auf und richtet ihre Klamotten, bevor sie ihre Hände an meinen Kopf legt, »Jetzt willst du Kinder mit Athos. Es ist nicht falsch eine Familie zu wollen, aber ich kenne dich. Du wirst nicht zufrieden sein, wenn du nicht bekommst, was du willst. Du wirst dann zu einem anderen Menschen. Zu einem furchtbar egoistischen Mann. Ich will nicht, dass Athos jemals diese Seite an dir zu spüren bekommt. Also bitte mein Sohn«, Tränen schimmern in ihren Augen, »Setze dem Ganzen ein Ende, bevor du sie zerstörst.«

***
I'm back
Tut mir leid, dass so lange nichts mehr gekommen ist. Ich hatte irgendwie eine schreibblockade. Lasst mir bitte mal ein Feedback da, ob euch die Geschichte gefällt und vergesst das Voten nicht✨
-VM

Secret desireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt