K A P I T E L 9

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N A T H A N

Noch nie in meinem Leben ist mir ein Mensch wie Athos Macri begegnet. Klug, wunderschön, gütig und liebevoll. Während jeder andere Mensch Anthony und diese Carly zum Teufel gewünscht hätte, umarmt Athos ihren betrügerischen Verlobten, und gibt ihrer angeblichen besten Freundin nur einen abgeneigten Blick.

Um ehrlich zu sein, dachte ich, dass Athos ausrasten und sie anschreien würde, aber stattdessen ist sie ganz ruhig geblieben. Es fasziniert mich. Obwohl sie verletzt war, ist sie mit stolzer Haltung aus dieser Kirche gelaufen. Pure Zufriedenheit durchströmt meinen Körper, als meine Faust in Anthonys Gesicht fliegt. Schon viel zu lange wollte ich das tun.

»Was soll das, Ramos?« keucht mich Anthony schmerzerfüllt an. »Das fragst du noch?« Kopfschüttelnd laufe ich zur Türe der Kirche. Doch bevor ich sie verlasse, drehe ich mich noch einmal um. Carly sitzt mittlerweile auf dem Boden und weint, während Anthony völlig verwirrt da steht. »Ich kenne Athos erst seit wenigen Tagen, aber ich weiß, dass sie viel zu gut für jemanden wie dich ist. Ich hätte sie niemals dazu bringen sollen, dich doch heiraten zu wollen.« Anthony zieht seine Augenbrauen zusammen, legt seinen Kopf schräg und fängt an noch verwirrter zu schauen, als vorher.

»Wie meinst du das?« Seufzend lege ich meinen Kopf in den Nacken, und fahre mir mit den Händen durch das Gesicht. »Ich meine es so, wie ich es sage« Damit drehe ich mich um, und verlasse die Kirche.

Im Auto angekommen sehe ich Athos und Aleja schlafend eingekuschelt auf der Rücksitzbank. Beide sehen verweint aus. Was ist passiert, während ich in der Kirche war? Seufzend starte ich den Motor, und fahre uns wieder zurück in mein Apartment.

***

Es war eine echte Herausforderung Aleja aus Athos Armen zu befreien, da sie sich so sehr an sie geklammert hat. Nachdem ich es geschafft habe, habe ich Aleja in ihr Bett gebracht, und Athos in das Gästezimmer. Ich finde, es ist am besten, wenn Athos erst einmal hierbleibt.

Außerdem habe ich Sousanna angerufen, und auf den neusten Stand gebracht. Allerdings habe ich ausgelassen, dass Athos beste Freundin ihren Verlobten in der Kirche gefickt hat. Ich finde, Athos soll selbst entscheiden, ob ihre Oma es wissen soll, oder nicht. »Ramos?« gehe ich an mein Handy, nachdem es geklingelt hat. »Hey, Nate.« Es gibt nur eine Person auf der Welt, der ich es erlaube mich "Nate" zu nennen.

»Wie geht es meinem Lieblingsbruder?« Meine kleine Schwester Lia ruft für gewöhnlich nur an, wenn es Ärger mit unserem Vater gibt. »Was ist passiert, Lia?« Auch wenn sie fröhlich klingt, weiß ich, dass etwas nicht stimmt. Das seufzen meiner Schwester bestätigt es mir nur. »Er will heute zum Essen zu dir kommen. Er will mit dir reden« Schnaufend schüttle ich den Kopf.

»Und dann kommt er nicht auf die Idee, sich selbst bei mir zu melden?« Mein Vater ist ein sehr schwieriger Mann. Schon seit sechs Generationen arbeiten die Männer der Familie als Ärzte. Als ich damals gesagt habe, ich will Jura studieren, ist mein Vater ausgerastet. Er meinte, es sei eine Schande, dass ich die Familientradition breche. Es war mir immer egal, was er von mir hält. Aber meine Schwester und besonders meine Mutter haben sehr unter dem Kontaktabbruch zu meinem Vater gelitten. Lange haben mich deshalb Schuldgefühle geplagt, aber meine Mutter und meine Schwester haben mich in meiner Entscheidung unterstützt.

»Du weißt doch wie er ist. Passt es dir, wenn wir heute um sechs zu dir kommen?« »Natürlich, allerdings habe ich zurzeit Besuch. Sie wohnt eine Weile bei mir« Aufgeregt höre ich meine Schwester am Ende der Leitung kreischen.

Secret desireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt