7. Penthouse

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Ich seufzte, völlig erschlagen, während er den kleinen Transporter durch die nächtlichen Straßen steuerte. Während meine Anspannung nachließ, sickerte ein neues unschönes Gefühl in mein Bewusstsein. Ich war jetzt kriminell. Ich war eine Räuberin, eine Diebin. Meine weiße Weste hatte heute Abend einen dicken Fleck bekommen. Und gerade als Kunstwissenschaftlerin hatte ich Schande auf mich geladen, indem ich ein Gemälde entwendet hatte. Ein Gemälde, das für alle Augen bestimmt war. Betreten zupfte ich an meinem blauen Putzkittel. Es war unfassbar, wie sich mein Leben an nur einem Abend um 180 Grad hatte drehen können. Bisher war ich der Inbegriff von brav gewesen. Nicht weil ich es darauf angelegt hatte, sondern einfach, weil ich eine introvertierte Couchpotatoe war. Ich ging einfach nie aus und darum passierte es nie, dass ich Typen in einer Bar aufgabelte, mit Freunden über Zäune kletterte, wo man gar nicht durfte, oder was auch immer man halt tat, wenn man nicht brav war. Und jetzt war ich auf einen Schlag die vermutlich kriminellste Person in meinem ganzen Freundes- und Bekanntenkreis geworden.

Wir hielten wieder in der Lieferhalle. Diesmal hielten sich dort an die zehn Leute auf. Einige der in schwarz gekleideten Männer und Frauen standen wache, andere kamen auf uns zu und begannen wortlos, den Transporter auszuräumen. Einer der Leute unterhielt sich mit Matteo.

„Ihr fahrt nach Plan fort. Morgen ist das Gemälde beim Baron.", wies Matteo ihn knapp an und der Mann nickte.

Wir wechselten in unsere normalen Klamotten und Matteo entfernte seinen Zuhälter- Bart. Erleichtert zog ich die Perücke vom Kopf und schüttelte meine Haare aus. Dann stiegen wir in Matteos schwarzen Schlitten um.

„Sag mal, warum hast du das Gemälde eigentlich selbst geklaut, anstatt deine Leute zu schicken?", fragte ich ihn.

So wie die Personen in der Lagerhalle auf ihn gehört hatten, nahm ich an, dass er hier eine Art Chef war oder zumindest einiges zu Sagen hatte. Warum also setzte er sich selbst dem Risiko aus und brach in das Museum ein?

Er zuckte mit den Schultern.

„Es gab einige Komplikationen mit dem Gemälde. Es sollte bereits geklaut worden sein, aber die, die ich dafür angeheuert hatte, haben versagt.", erzählte er, „Und wenn deine Leute versagen, musst du halt selbst ran."

Ich nickte, als könne ich seinen Punkt nachvollziehen. Aber das konnte ich nicht. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen wie es war, ‚Leute zu haben'.

Er warf mir einen Blick zu und trat aufs Gas. Elegant glitt das Auto über die Bundesstraße in die Stadt hinein.

Wir fuhren durch die Nachtschatten der Wolkenkratzer, bis wir zu einem schicken Hochhaus kamen. Matteo lenkte das Auto in eine Untergrundgarage.

„Ähhhm", machte ich auf mich aufmerksam, „das hier ist nicht mein Zuhause.", wies ich ihn höflich darauf hin.

„Nein, es ist meins." Er parkte sein Auto zwischen anderen protzigen Wagen.

„Du musst mich nach Hause fahren.", erklärte ich ihm nachdrücklich.

Er stieg einfach aus dem Auto aus. Das konnte doch wohl nicht wahr sein!

„Soll ich jetzt etwa noch den Bus nehmen nach dieser beschissenen Aktion?", rief ich und knallte die Autotür hinter mir zu.

„Natürlich nicht. Ich werde dich fahren. Aber erst gehen wir feiern.", meinte er kurzangebunden und lief Richtung Aufzug.

„Bitte?", fragte ich völlig entgeistert und hechtete hinter ihm her.

„Ehm, bitte was?", wiederholte ich und starrte ihn von der Seite an.

„Wir gehen feiern. Party machen."

„Du willst allen Ernstes feiern gehen, nachdem wir gerade ein-", zeterte ich los, um ihm klar zu machen, dass mir alles andere als nach Feiern zumute war. Schnurstracks hatte er mich gegen die Tür des Fahrstuhls gedrückt und die Hand über meinen Mund gelegt. Mein Herzschlag setzte kurz aus.

Mafia 101 - MatteoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt