39. Petze

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˗ˏˋ Matteo ˎˊ˗

Gretes Augen füllten sich mit Entsetzen und sie schlug sich ihre Hand vor den Mund, als sie realisierte, was gerade passiert war. Man sah ihr an, dass sie sich schuldig fühlte und mein schlechtes Gewissen meldete sich. Ich könnte mich ohrfeigen dafür, sie in dem Glauben gelassen zu haben, meine Verlobung mit Ignazie sei mehr als das Schauspiel, das sie war.

„Grete!", rief ich ihr hinterher, als sie losrannte.

„Wie kannst du nur?", fuhr Ignazie mich an.

Ich drehte mich zu ihr und warf ihr einen verwirrten Blick zu.

„Was ist dein Problem?", fragte ich sie.

Ignazie hatte sich bereiterklärt, mit mir diese fake Verlobung einzugehen. Ich hatte ihr klar gemacht, dass sie nur offiziell die Frau an meiner Seite sein würde, ich privat aber nichts von ihr wollte. Sie hatte bereitwillig zugestimmt und mir explizit gesagt, es gehe ihr bei dieser Verlobung nur um die hohe Position in der Famiglia, die ihr an meiner Seite zufiel.

„Du kannst nicht einfach so mit ihr rummachen!", rief sie.

„Ich kann machen, was ich will. Das war der Deal.", erinnerte ich sie.

Ich reckte den Kopf in die Richtung, in die Grete verschwunden war, doch sie war bereits über alle Berge.

„Ich habe nichts dagegen, wenn du etwas mit anderen Frauen tust, Matteo. Ich kenne unseren Deal. Aber sie? Sie ist deine verdammte Ex. Das geht einfach nicht."

Ich zog eine Grimasse und fuhr mir angespannt mit der Hand übers Gesicht, um trotz ihres Gelabers meine Gedanken ordnen zu können. Mir war klar, was ich zu tun hatte. Ich spürte Grete noch auf meinen Lippen und unter meinen Händen nach und ich wusste, ich konnte sie nicht noch einmal verlieren.

„Das spielt eh keine Rolle mehr.", erklärte ich an Ignazie gewandt, „Diese Verlobung ist Geschichte. Ich löse sie hiermit auf."

Betreten beobachtete ich, wie ihre Lippen anfingen zu beben, während sie mich entsetzt anstarrte.

„Es tut mir leid.", schob ich hinterher, „Es tut mir leid, dass ich diesen Deal nicht einhalten kann, aber mir sind leider Gefühle dazwischengekommen. Und sein wir ehrlich", ich sah ihr fest in die Augen, „wir wissen, dass wir beide etwas Besseres verdient haben als diese Show."

Sie schüttelte ihren Kopf und hob einen manikürten Finger, wie, um mir Einhalt zu gebieten.

„Matteo!", rief sie todernst, „Rede nicht so einen Blödsinn. Natürlich wirst du die Verlobung nicht auflösen. Wir beide gehören zusammen. Unsere Verbindung ist ideal."

Sie versuchte sich an einem Lächeln, was statt positiv, nur verzweifelt rüberkam. Ich seufzte.

„Es gibt nichts zu diskutieren, Iganzie.", stellte ich mit harter Stimme klar.

Ich lief an ihr vorbei zurück zum Festsaal und quetschte mich durch die feiernde Menge zum Ausgang des Hotels. Nachdem ich mir mein Auto hatte bringen lassen, senkte ich meinen Fußballen sanft auf das Gaspedal und lauschte dem angenehmen Brummen des Motors. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Lehne, während ich durch die nächtliche Stadt steuerte. Mir war gar nicht aufgefallen, dass diese Verlobung mich so gestresst hatte. Aber jetzt, wo ich sie aufgelöst hatte, spürte ich, wie die Anspannung von mir fiel und ich mich entspannte.

Es war geradezu absurd. Ich hatte so angestrengt versucht, das Beste für Grete zu tun und nicht egoistisch zu handeln. Dabei hatte ich Grete so gekonnt ausgeblendet und stur durchgezogen, was meiner Ansicht nach das Richtige gewesen war, dass ich fast unser beider Leben erfolgreich vermiest hatte. Aber jetzt wo ich wusste, dass sie mich immer noch wollte, war mir klar geworden, dass ich einfach nur tun musste, was ich am besten konnte. Ich würde mir nehmen, was ich wollte. Koste es, was es wolle. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Manchmal konnte das Leben so einfach sein.

Als ich am nächsten Tag auf mein Büro im 43. Stock zulief, kam mir meine Assistentin mit bleichem Gesicht entgegen.

„Videocall vom Don.", hauchte sie.

Ich runzelte die Stirn.

„Er klang sehr wütend und meinte, er müsse wegen einer aufgelösten Verlobung mit dir reden.", fügte Leia verunsichert hinzu.

Mir entfuhr ein Seufzen, während ich meine Nackenmuskulatur dehnte, in Vorbereitung auf die geballte Standpauke, die gleich über mich hinwegfegen würde. Die kleine Schlange Ignazie war also unverzüglich zur nächsthöheren Instanz gekrochen, um sich über mich auszukotzen, dachte ich verärgert.

„Danke, Leia.", murmelte ich.

Damit trat ich in mein Büro und schmiss mein Jackett auf das Ledersofa in der Sitzecke. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und navigierte zum Videocall mit Luciano.

Der Don sah aus wie immer. Schwarzes Hemd, unbewegte Miene, kalter Blick. Es gab nur einen Unterschied zu seinem sonstigen Auftreten. Sein Haar war leicht zerwühlt. Ein Anzeichen von Betroffenheit, das ihm normalerweise nicht unterkam. Er musste sehr außer sich sein, dachte ich zerknirscht.

„Matteo," knurrte Luciano, „Du hast bereits auf meinen Befehl hin gekämpft, gelitten und getötet. Was zur Hölle ist so schwer daran, die hübsche Tochter eines Capo zu heiraten? Ist das jetzt plötzlich zu viel verlangt?"

„Wenn es so einfach ist, warum hast du es dann noch nicht getan?", gab ich zurück, was zugegebenermaßen etwas lebensmüde war. Es war kein Geheimnis, dass die gesamte Unterwelt gespannt darauf wartete, dass sich der Don verlobte. Doch er machte keine Anstalten in der Hinsicht.

Seine Miene verdüsterte sich und er beugte sich nach vorne, um mich noch besser mit seinen schwarzen Augen durch die Kamera anvisieren zu können.

„Du hast so verdammtes Glück, dass du mein Bruder bist.", presste er durch seine Zähne.

„Ernsthaft, Matteo, warum muss es ein Mädchen von außen sein?", fuhr er fort.

„Don," begann ich mit todernster Stimme, „Ich tue fast alles für dich und die Famiglia, das weißt du. Aber ich brauche diese eine Freiheit, meinem Herzen folgen zu können. Und das hat Grete nun mal in ihre Tasche gesteckt. Man könnte sogar sagen, dass sie es geklaut hat in Anbetracht dessen, dass ich eigentlich nie vorhatte, es herzugeben. Aber letztendlich hätte es nicht besser laufen können. Du hast sie kennengelernt. Du weißt, dass sie gut ist."

Luciano unterließ es, darauf zu antworten und lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück.

„Was, wenn sie irgendwann keine Lust mehr hat auf dich und dein kriminelles Leben? Wenn sie dich verlässt und entscheidet, zur Polizei zu gehen? Es steht nicht jeder Bulle auf unserer Gehaltsliste. Wenn sie den Richtigen erwischt, bekommst du Probleme.", warf er ein.

„Ich werde ihr ganz einfach keine Selfies schicken, während ich gerade einen Container Kokain kontrolliere. Woher soll sie die Beweise bekommen?", entgegnete ich, während ich versuchte, nicht genervt zu klingen.

„Und wenn ihr doch Beweise gegen dich in die Finger fallen und sie dich erpresst, hm?"

Ich lachte auf. Der Versuch, mir Grete mit der kriminellen Energie vorzustellen, abzutauchen und eine Erpressung zu arrangieren war geradezu surreal.

„Erstens vertraue ich ihr. Und zweitens ist es mir scheißegal, wenn sie sich irgendwann mit meinem Geld auf die Bahamas absetzt. Aber solange sie etwas für mich empfindet, will ich sie bei mir haben.", erklärte ich schulterzuckend.

Er starrte mich einen Moment an. Dabei sah er aus, als würde er gerne ein Genick brechen. Präferiert meines. Dann schnalzte er mit der Zunge.

„Wenn eines der Szenarien eintrifft, vor denen ich dich gewarnt habe, dann hole ich dich nach New York und du wirst hier hinter einem Schreibtisch versauern. Du wirst keine einzige Entscheidung mehr treffen in dieser Organisation und bis zu deinem Lebensende den langweiligsten Papierkram erledigen, den du dir nur vorstellen kannst. Hast du mich verstanden?"

„Das habe ich, Don.", bestätigte ich.

Mafia 101 - MatteoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt