Im Anschluss an das Dinner verteilten sich die Gäste im angrenzenden Salon und unterhielten sich. Die Leute schienen recht erpicht darauf zu sein, mit Matteo zu reden. Matteo allerdings schien dagegen keine Lust darauf zu haben. Nachdem er sich ein paar belanglose Unterhaltungen und schmeichelhafte Vorträge angetan hatte, schnappte er sich kurzerhand meine Hand und meinte: „Lass uns frische Luft schnappen gehen."
Irritiert von seinem warmen Griff nickte ich und ließ mich von ihm auf die nächtliche Terrasse ziehen.
„Manchmal gehen mir Leute einfach nur auf die Nerven.", knurrte Matteo.
Erstaunt blickte ich ihn an.
„Alle außer ich?", fragte ich, schließlich hatte er mich mit sich genommen.
Er sah mich an.
„Alle außer du."
Mein Herz schwoll an vor Stolz. Wir stiegen die breiten Steinstufen hinab in den fürstlichen Garten. Ich musterte den englischen Rasen, der sich zwischen den Wegen erstreckte und die geometrischen Formen der Buchsbäume, die von großen verschnörkelten Laternen beleuchtet wurden. Nirgendwo wuchs auch nur ein Blatt dort, wo es nicht sollte. Matteos Mutter musste eine Horde von Gärtnern angestellt haben.
Nachdem wir eine Weile in die Nacht hineingelaufen waren, fiel Matteo plötzlich auf, dass er immer noch meine Hand hielt. Er ließ sie los und wir liefen schweigend nebeneinander weiter.
„Findest du, ich bin eine gute unechte Freundin?", fragte ich plötzlich ins Blaue hinein.
Etwas verdutzt warf er mir einen Seitenblick zu. Dann lachte er.
„Ja, du bist eine gute unechte Freundin. Du bist überhaupt die tollste Freundin, die ich je hatte."
„Das ist kein besonderes Kompliment, wenn man bedenkt, dass du noch nie eine Freundin hattest.", lachte ich.
Er drehte sich zu mir. Seine blauen Augen trafen mich unvorbereitet und ich verhedderte mich in seinem Blick. Hier, in der Dunkelheit, im Schutz der Büsche, nur mit ihm, wirkten seine stechenden Augen wie Gelierzucker auf meinen Körper. Meine Arme und Beine wurden weich und wackelig und ich hatte das seltsame Bedürfnis, mich an ihm festzuhalten, um nicht umzukippen. Ich wollte mich einfach in sein Hemd reinkrallen und mich an ihn ran ziehen.
„Grete.", holte er meine Aufmerksamkeit ein, „Du weißt, dass das hier nur auf Zeit ist. Dass du bei mir wohnst, dass wir uns kennen, das wird irgendwann enden, damit du endlich wieder ein normales Leben führen kannst."
Ich beobachtete wie in Trance, wie jedes seiner Worte über seine schönen geschwungenen Lippen ging. Mein Herz wurde schwer, als er aussprach, was meinem Kopf von Anfang an klar gewesen war. Ich nickte mit betretenem Blick.
„Ja.", hauchte ich.
„Möchtest du mich trotzdem küssen?", fragte er.
Mein Herz setzte kurz aus, bevor es begann, wie verrückt zu pumpen.
Küssen...Matteo...ja, war der einzige Standpunkt, den mein Kopf fähig war, einzunehmen.
„Ja.", hauchte ich darum wie automatisch.
„Dann komm her.", forderte Matteo mich mit rauer Stimme auf.
Hitze stieg in meine Wangen. Zaghaft machte ich einen Schritt auf einen halben Meter an ihn heran. Er musterte mich von oben bis unten.
„Näher.", bestimmte er.
Die Hitze, die in meine Wangen gestiegen war, machte sich in meinem ganzen Körper breit. Ohne ihn direkt anzusehen, machte ich ein weiteres schüchternes Schrittchen auf einen Viertelmeter an ihn heran. Plötzlich packte er mich und zog mich eng an sich. Ich entließ einen erschreckten Laut, der von seinen Lippen erstickt wurde, als sie auf meine trafen. Warm und fest begannen sie, sich auf meinem Mund zu bewegen. Ich lag in seinen Armen und spürte einfach nur, wie mein Körper von den Empfindungen begann zu vibrieren. Wenn seine Hand nicht fest auf meiner Hüfte gelegen hätte, hätte ich vermutlich angefangen zu schweben wie ein Heliumballon. Als sich seine Zunge fordernd zwischen meine Lippen schob, öffnete ich meine zaghaft. Ich gab ein kehliges Geräusch von mir, als seine Zunge in meinen Mund vorstieß. Dann erwachte ich aus meiner Zurückhaltung und ich begann, ihn wild zurück zu küssen. Mit beiden Händen krallte ich mich in sein Hemd, um ihn näher zu mir zu ziehen. Wir waren nun dicht aneinandergepresst. In Anbetracht dessen, wie erhitzt wir waren, war es ein Wunder, dass wir nicht verschmolzen. Wir lösten unseren Kuss und blickten uns schwer atmend an. Es dauerte keine Sekunde, bis unsere Münder wieder zusammenfanden.
Als wir uns wieder voneinander lösten, murmelte Matteo in mein Haar: „Lass uns nach Hause fahren."
Ich stimmte ihm zu. Meinetwegen konnten wir auch an den Nordpol fahren, solange wir uns dort weiterküssen konnten. Wir verabschiedeten uns eilig von den Gästen und das Grinsen seiner Mutter zeigte deutlich, dass sie unsere Atemlosigkeit bemerkte.
In seinem Auto lehnte ich mich auf dem Beifahrersitz zurück und lächelte Matteo an. Ohne die Augen von der Straße zu nehmen, drückte er mit einer Hand sanft meinen Oberschenkel und löste damit einen Funkenflug in mir aus.
„Was ist eigentlich ein Capo?", fragte ich und lehnte meinen Kopf gemütlich gegen die Kopfstütze. Nur, um ihn kurz darauf wieder zu heben, als ich registrierte, dass meine Worte ihn zum Erstarren gebracht hatten. Seine Miene verdüsterte sich, bis sein Gesicht so hart wurde, dass es undenkbar war, dass er mich gerade eben leidenschaftlich geküsst hatte.
„Das hat dich nicht zu interessieren, Grete.", erklärte er mit leiser schneidender Stimme.
Ich schluckte und blinzelte verdattert.
„Aber-", begann ich.
„Keine Fragen mehr zu dem Abend. Das Thema ist erledigt.", zischte er.
Ich schloss den Mund wieder und sank etwas zusammen. Ich hatte das Gefühl, die Temperatur im Auto war um einige Grad gesunken. In was für ein Fettnäpfchen ich da auch immer gerade getreten war, es war wohl eher ein Fettmeer gewesen.
Schweigend kamen wir im Penthouse an. Er schloss auf und lief, ohne mich anzusehen, die Treppe empor und verschwand in seinem Büro. Ich stand verdattert im Eingang, zu erschlagen, um mich zu bewegen. Tränen sammelten sich hinter meinen Augen. Wie hatte dieser Abend vom aufregendsten Abend den ich je hatte zu so einem Fiasko werden können? Und bei alledem wusste ich nicht einmal warum ich etwas falsch gemacht hatte. Langsam setzte ich mich in Bewegung und schlich die Treppe empor. Niedergeschlagen ließ ich mich auf mein großes weiches Bett fallen. Dann zückte ich mein Handy. Bevor ich ‚Capo' vollständig in die Suchzeile eingegeben hatte, klopfte es an meinem Zimmer. Mein Herz blieb fast stehen. Ich lief eilig zur Tür und öffnete sie. Matteos Augen waren aufgewühlt wie die stürmische See.
Er deutete in mein Zimmer.
„Darf ich?"
„Klar.", erklärte ich und ließ ihn eintreten. Er ließ sich auf einem Sessel gegenüber vom Bett nieder. Ich hockte mich aufs Bett, umschlang meine Beine mit den Armen und blickte ihn gespannt an.
Er seufzte.
„Also, bevor du es googelst, Capo ist ein Rang in der Mafia."
![](https://img.wattpad.com/cover/319892000-288-k966553.jpg)
DU LIEST GERADE
Mafia 101 - Matteo
RomanceAusversehen einen Kratzer in ein fremdes Auto zu machen bringt Ärger mit sich. Aber dass es ihr Leben ins komplette Chaos stürzen würde, damit hatte Grete nicht gerechnet... Grete - eine zurückhaltende dauerpleite Couchpotatoe, die Kunstgeschichte s...