Reise in die Vergangenheit

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„Verdammt, was geschieht hier?", rief ich, während das Licht, welches nach dem finalen Schlag von den Götter erschien und uns gleissend hell umfing. Ich konnte nichts mehr sehen und nichts anderes als dieses Licht wahrnehmen. Und dann verloren Yugi und ich den Boden unter unseren Füßen und wir fielen durch einen hellen Tunnel. ‚Was zum Henker passiert hier?', dachte ich, während wir immer weiter fielen.

Irgendwann wurde unser Sturz gebremst und wir hielten über etwas altertümlichen an. Wir schwebten förmlich darüber. „Eine antike Stadt.", stellte Yugi nüchtern fest. Ihn schien das alles nicht so zu verwirren, wie mich. „Sie ist vollkommen zerstört.", bemerkte ich, nachdem ich meinen Blick über die Ruinen hatte streifen lassen. „Aber wie können wir hier sein? Das ist einwandfrei das alte Ägypten, aber eben waren wir doch noch auf meinem Duellturm?", fragte ich, nachdem ich mich genauer umgesehen hatte. „Kaiba, ich glaube, die Wucht des Angriffs der beiden Götter hat uns an einen anderen Ort zu anderen Zeit teleportiert.", überlegte Yugi, dem nun auch doch der Schock ins Gesicht schrieben stand. „Das ist doch Schwachsinn.", wiegelte ich ab. Aber dann entdecke ich unter einer umgekehrten Pyramide, die ebenfalls am Himmel schwebte, zwei gewaltige Statuen. Yugi und ich flogen dorthin und erschraken. Wir sahen dort genaue Nachbildungen von Obelisk dem Peiniger und Slifer dem Himmelsdrachen. „Aber wie kann das sein?", fragte Yugi. Wir staunten über den Detailreichtum der Statuen, bis Yugi anmerkte: „Und was ist, wenn das gar keine Statuen sind? Sondern die Götter selbst? Nur zu Stein verwandelt?". „Aber was könnte so mächtig sein, zwei Götter so auf Eis zu legen? Und mal ganz so nebenbei. Die ganze Stadt sieht verlassen aus und es wirkt, als hätte hier niemand mehr gelebt. Und das schon seit mehreren Jahren.", stellte ich verwundert fest. „Eine uralte Katastrophe.", murmelte Yugi. Ein helles Licht erweckte unsere Aufmerksam. Es kam vom Fuße der Statuen. Langsam schwebten wir dorthin und dieses Mal verschlug es auch Yugi die Sprache. Auf dem Boden stand eine Glaspyramide, die augenscheinlich von den beiden Göttern geschützt wurde. Doch wieso? Als der Nebel, der die ganze Zeit den Boden umwarb, ein wenig verschwand, sahen wir das Innere der Pyramide. Doch es war keine Normale. Nein, sie war wie eine Art Schutzschild, für die darin befindliche Person. „Aber das ist doch...", begann Yugi, als er sie erkannte. „Meine Freundin.", beendete ich seinen Satz.

Lisa, gekleidet in der altmodischen Kriegertracht, kniete in der Pyramide und es sah aus als würde sie beten. Vor ihren Knien, auf denen ihre Hände ruhten, lag ein reichlich verziertes Schwert und ihr langer, blonder geflochtener Pferdeschwanz ruhte ruhig zwischen ihren Schultern. Wenn man jedoch genauer hinsah, erkannte man leichte Blessuren, die ihren ganzen Körper bedeckten und einige Haarsträhnen hatten sich aus dem Zopf gelöst.

„Meinst du die Götter haben Lisa beschützt?", fragte ich. „Es würde zumindest Sinn ergeben. Obelisk, sowie Slifer stehen in einer Verteidigungsposition um ihre Pyramide herum. Doch warum sie darin ist und weswegen die Pyramide leuchtet, kann auch ich dir nicht sagen.", sagte Yugi. Und wieder einmal fragte ich mich, warum meine Freundin einen Doppelgänger in der Vergangenheit hatte. „Vielleicht erfahren wir in der Pyramide dort etwas mehr?", schlug Yugi vor. Ich nickte ihm zu und gemeinsam verließen wir das Schlachtfeld und meine betende Freundin.

Doch je weiter wir uns von diesem Entfernten umso unsicherer wurde die Umgebung, bis ein anderes Licht uns umfing. Es transportierte uns in die besagte Pyramide, in die wir eigentlich wollten. Dort wurden wir Zeugen eines alten Duells. Auf der einen Seite ein Priester, der die volle Unterstützung seiner anderen Priester hatte. Er sah aus wie ich und hielt den Stab, der in der Zukunft Marik gehören sollte, in seiner Hand. Auf der anderen Seite stand der Pharao. Oder um es besser zu sagen: Yugi stand dort. Allein auf weiter Flur und führte gerade ein heftiges Gespräch mit dem Priester.

„Der mächtige Pharao, so ganz alleine? Das einst so prächtige Königreich ist unter Eurer Führung zerbrochen und dennoch wagt Ihr es, mit erhobenen Hauptes vor mir zu stehen. Dank eurem Nichtstun hat die Finsternis Einzug gehalten und alles vernichtet. Wie fühlt man sich so machtlos?", rief der Priester hämisch. Der Pharao ballte die Fäuste und konterte: „Wieso hast du die Seiten gewechselt, anstatt deinem Eid treu zu bleiben und unserem Land zu dienen?". Während wir auf die Antwort des Priesters warteten, erschrak Yugi neben mir. „Kommt dir das nicht bekannt vor, Kaiba? Das sind die beiden Figuren von der Steintafel im Museum? Sieh mal, mein Puzzle!", sagte er und deutete auf die Kette des Pharao. „Das ist doch albern.", wiegelte ich ab. Dennoch folgte ich mit größter Neugier dem Gespräch unter mir. So langsam begann ich zu verstehen, wieso meine Freundin die Vergangenheit liebte. Es war in der Tat spannend, das Leben vergangener Menschen zu sehen.

„Meine Priester und ich haben der Finsternis keinen Treueeid geleistet und folglich haben wir auch nicht die Seiten gewechselt. Ich habe lediglich für mich die Entscheidung gefällt, nicht mehr Euer Diener zu sein.", erklärte der Priester gelassen. „Und was würde Sie dazu sagen?", rief der Pharao. Das musste einen Nerv bei dem Priester getroffen haben. „Lasst Sie daraus!", rief er wütend und ballte die Fäuste. „Deine Geliebte gab ihr Leben dafür, unser Land vor der Finsternis zu retten. Noch immer betet sie da draußen im Schutz der Glaspyramide, die die Götter um sie herum erschufen. Nur dank ihrer Gebete hat die Finsternis uns noch nicht vollständig umfangen!", erklärte der Pharao. Das war zumindest die Erklärung, wieso sie draußen gefangen war. Aber was hatte der Pharao noch gesagt? Seine Geliebte? Waren unsere Doppelgänger etwa in der Vergangenheit ein Paar gewesen? War es unser Schicksal etwa, zusammen zu sein? Doch ich verbot mir schnell diesen Gedanken, denn so langsam aber sicher färbte das Geschwafel von Yugi und den Ishtar-Geschwistern ab. Lisa war meine Zukunft und garantiert nicht meine Vergangenheit!

„Die Finsternis wird sich zurückziehen, wenn Ihr eures Posten enthoben worden seid. Und dann wird Sie ebenfalls wieder frei sein. Ihr Opfer soll nicht umsonst gewesen sein! Mein Milleniumsstab und ich werden Euch beweisen, das wir mächtiger sind als Ihr.", rief der Priester und riss mich so aus meinen Gedanken. „Selbst in meinen dunkelsten Stunden wird es immer noch meine Macht sein, die die deine übertriff. Aber wenn du es auf diese Art geklärt haben willst, dann soll es so sein.", erklärte der Pharao gelassen. Beide hoben die Hände und begannen zu glühen. Hinter dem Pharao erschien der schwarze Magier, während hinter dem Priester mein weißer Drache mit eiskaltem Blick erschien. „Erzittert vor dem mächtigen Drachen!", rief der Priester. „Wir werden sehen, welcher treue Diener denn nun mächtiger ist."; erklärte der Pharao. Und mir wurde klar, dass wir hier tatsächlich die Vergangenheit sahen. Jene, die in Stein gemeißelt wurde. Als jedoch zwischen den Konkurrenten die alte Steintafel aus dem Museum erschien, war ich mir sicher, dass sich wieder jemand an meinen Gedanken zu schaffen machte. Das musste ein Hokuspokus von Marik gewesen sein. Er war immerhin Zeuge unseres Duells auf meinem Turm gewesen.

Die beiden Monster, der schwarze Magier und der weiße Drachen mit eiskaltem Blick griffen sich an und erzeugten eine erneute Welle aus Licht und Macht. Genau diese Kombination, die uns in diese merkwürdige Situation gebracht hatte, brachte uns auch wieder zurück.


Yugi und ich knieten jedoch auf dem Feld und atmeten schwer. Ich fühlte mich wie geschlaucht und konnte immer noch nicht richtig begreifen, was da eben gerade geschehen war. „Kaiba, alles in Ordnung?", fragte Yugi schwer atmend. „Ja, aber kannst du mir mal erklären, was das eben war?", fragte ich ebenso atemlos. „Wir haben den Ursprung unseres Schicksals gesehen.", erklärte Yugi. ‚Der immer mit seinem Schicksal.', dachte ich genervt. Doch es war Mokuba, der mich aus meinen wirren Gedanken holte. „Lisa? Alles in Ordnung mit dir? Sag doch was!", rief er. Ich sah aus dem Augenwinkel dahin und erschrak. Meine Freundin war ebenfalls auf die Knie gegangen und atmete schwer. Dazu hielt sie sich noch den Kopf mit einer Hand, während die andere auf ihren Knie lag. Und für einen kurzen Moment verschwamm das Bild vor meinen Augen. Ich sah nicht nur meine Freundin, sondern ihre Doppelgängerin. Zeitgleich. Doch als ich den Kopf schüttelte und blinzelte war das Doppelbild verschwunden und ich sah nur noch sie.
„Alles gut.", murmelte Lisa. „Von wegen! Du bist doch genauso fertig wie die beiden da oben. Du bist genau im selbem Moment auf die Knie gegangen, in dem die Götter verschwanden!", wetterte Mokuba. „Vielleicht hab ich dich auch einfach angelogen und die letzten Tage mehr abbekommen, als ich zugegeben habe.", schoss Lisa zurück. Jedoch in sanfteren Ton als Mokuba. „Wirklich?", fragte er nun besorgt nach. „Ja, ein wenig.", seufzte Lisa und stand dann, so gut es ihre zitternden Knie ging wieder auf.

Genauso wie Yugi und ich. Doch so einfach liess mich Yugi nicht vom Haken. „Glaubst du nun endlich an deine Verbindung zur Vergangenheit?", fragte er. Das ganze ging mir immer mehr auf die Nerven. Begonnen mit den Visionen, die Ishizu mir zeigte, bis hin zur den Hiroglyphen auf der Karte des geflügelten Drachen des Rah. So langsam begann ich ein klein wenig an meinem Verstand zu zweifeln.

Um mir nichts davon anmerken zu lassen, schaltete ich in den Angriffsmodus, wie ich es oft tat, und begann mich verbal darüber auszulassen, wie bekloppt ich sein ganzes Gerede darüber fand und das ich nur ein Ziel vor Augen hätte.

Nämlich endlich dieses Duell zu beenden. 

Das Herz des Seto Kaibas Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt