Kapitel 8

1.2K 46 0
                                    


Sorge darüber, wie ich Emily und allen voran Reaper unter die Augen trat, brauchte ich mir vorerst nicht machen.

Von der Frau mit den flammenden Haaren fehlte am nächsten Tag jegliche Spur. Mich bei jemandem nach ihr zu erkundigen, vermied ich jedoch um jeden Preis. Es wäre ein Eingeständnis, dass die Beziehung der beiden mein Interesse auf sich gezogen hatte. Es genügte, dass ich gezwungen war, es mir selbst einzugestehen.

Der Präs blieb im Chapter, dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mir aus dem Weg ging. Sein Tagesablauf änderte sich drastisch, eher glich es einem Nachtablauf. Wenn ich morgens im Badezimmer verschwand, hörte ich, wie er sich schlafen legte und kaum füllte sich die Bar in den Abendstunden, lockte ihn das aus seiner Höhle. Dann zeigte er für wenige Minuten seine autoritäre Präsenz unter den Anwesenden, um darauf mit etwas zu Essen im Büro zu verschwinden.

Mandy erklärte mir beiläufig, als ich einmal zu lange auf die verschlossene Holztür neben der Chapel starrte, dass es immer wieder Phasen gab, in denen sich Reaper gänzlich aus dem Clubleben zurückzog, weil er sich in Arbeit stürzte. Mein ungewollter, einfühlsamer Gesichtsausdruck, da ich es betrüblich fand, ihn in Aufgaben ertrinken zu sehen, hatte die Chefin des Cerberus Gate schmunzeln lassen.

»Er sucht sich die Arbeit freiwillig. Reap nimmt seinen Job ernster als jeder andere.«, waren ihre Worte.

Dass er sich diese Beschäftigung meinetwegen aufhalste, dessen war ich mir endgültig sicher, zu dem Zeitpunkt, als er meine Anwesenheit regelrecht ignorierte. Verlangte es ihn nach einer zweiten Portion, orderte er diesen nicht wie gewohnt bei uns an der Bar, sondern holte sie selbst in der Küche. Hatte er Durst, entschied er sich, das Bier bei Tiara oder einer anderen Kollegin zu bestellen, die vollständig ausgelastet waren, anstatt zu mir zu kommen, der Bedienung, die am Zapfhahn freie Kapazitäten hatte. Einmal sprach ich ihn an, mein Angebot berücksichtigte er aber mit keiner Silbe, machte sich nicht mal die Mühe zu zeigen, dass er es vernommen hatte, denn sein Blick war starr auf die anderen gerichtet.

Ab da präsentierte ich ihm eine gleichkühle Schulter.

Gleichwohl der Umgang mit Reaper unnahbarer und reservierter war, als bei meinem Eintreffen im Chapter, erwärmte sich die Beziehung zu einem anderen Mitglied des MC. Beau hatte seine Hilfestellung, mich beim Joggen vor den Coyoten und Berglöwen der Gegend zu beschützen, seit dem jeden Morgen umgesetzt. Er wurde zu einem festen Teil meiner täglichen Routine, eine Neuheit für mich, das Sportprogramm nicht allein zu absolvieren, die ich als positive Änderung ansah. Das Joggen wurde mit den Malen allerdings immer nebensächlicher, denn Beau zeigte mir das Chapter aus neuen Blickwinkeln.

Er war der Erste und Einzige, der mein Interesse an diesem Ort nicht im Keim erstickte und mir Erklärungen lieferte, zu denen ich nie Fragen geäußert hätte. Denn meine wissensdurstige Nase steckte ich nicht in Angelegenheiten, die zu einem Strick um meinen Hals werden konnten, wenn ich dieses temporäre Zuhause erst verließ.

Beau respektierte meine Diskretion bezüglich meiner Vergangenheit, dafür teilte er seine Geschichte mit mir. Ein junger Bursche aus Kalifornien, der vor einigen Jahren mit dem Motorrad in der Bar strandete und seit dem blieb, weil ihn nichts zurück in die Heimat zog. Weder Familie, ein Job oder eine Frau. Stattdessen fand er hier Anklang und zählte mich bereits dazu.

»Hier«, meinte er und drückte mir eine Trinkflasche voller Eiswürfel in die Hand.

Prüfend beäugte ich sie. »Danke, aber wem ist die?«

»Deine.«

»Ich habe keine.«, erklärte ich ihm.

Beau grinste. »Jetzt schon. Kleine Nettigkeit unter Freunden.«

Burn for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt