Kapitel 33

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Melanies Abschied versetzte den Club zurück in einen harmonischen Zustand, den ich mir einbilden musste, weil eine einzelne Person nicht im Stande war einen derartigen Wandel zu bewirken, auch wenn die Blondine niemand willkommen hieß. Trotzdessen war eine allgemeine Erleichterung, ein Aufatmen, für alle spürbar. Das Verschwinden unseres plötzlichen, ungebetenen Gastes symbolisierte ein Ende der letzten angespannten, turbulenten Wochen und das einberufene Bonfire hob die Gemüter zusätzlich.

Dieser Abend im besinnlich schummrigen Flammenlicht hatte mich vom ersten Moment an verzaubert, erst jetzt wurde mir jedoch bewusst, dass ich voll freudiger Erwartung auf den nächsten gewartet hatte. Schon vom Clubhaus aus war die laute Musik zu vernehmen, Holzgeruch und Rauch lag in der Luft, ein Hauch süßlicher Wärme. Je näher man dem Schrottplatz über die sandigen Pfade kam, umso mehr Stimmen mischten sich in die Geräuschkulisse. Der Himmel tauchte sich in seine intensivsten Farben: schimmerndes Violett, vereinzelte Wolken wie Korallen im Ozean und goldenes Rot am Horizont, in der gegenüberliegenden Himmelsrichtung erwachten die ersten Sterne.

Es war offiziell Sommer.

Tagsüber glichen die Temperaturen dem Fegefeuer, dem man sich nicht zu lange aussetzen wollte, doch zu so später Stunde wurde es angenehm. Dank Ash wuchs mein Kleiderschrank in übermäßigem Tempo, aber viele der Sachen hatte ich bisher nicht einmal getragen. Ich hatte mich für eine lockere Jeans und ein kurz geschnittenes Top entschieden, doch auch wenn ich ähnliche schon früher angezogen hatte, bat ich Kyle unter dem Vorwand, eine weitere Ladung Cupcakes zu holen, mich zurück zum Clubhaus zu bringen. Die Gebäckstücke nahm ich mit, vordergründig tauschte ich das Outfit jedoch gegen einen kurzen Einteiler in sanftem Pistaziengrün, die dünnen Träger, verdeckt unter einer schwarzen Jeansjacke, kreuzten sich am Rücken in einer Schnürung, welche das Kleidungsstück fest am Körper hielt. Meinen Rumpf schützte es damit, dass Körperteil, für das ich mich aufgrund der offensichtlichen, unzählbaren Narben am meisten schämte.

»Frauen und ihre Klamotten«, kommentierte Kyle mit einem wissenden Schmunzeln.

»Über deine Kollektion an Lederarmbändern wollen wir gar nicht erst sprechen.«

Kyle trug an beiden Handgelenken Bänder, die jeden Tag zu wechseln schienen. Geflochten, gegerbt, mit Metallakzenten versehen oder in schlichtem Braun. Er besaß Unzählige davon.

Zurück am Feuer war die Stimmung innerhalb der letzten halben Stunde zunehmend heiterer geworden. Alkohol lockerte die Menschen. Der Nachschub an Erdbeer-Cupcakes schaffte es nicht einmal vollständig zum aufgetischten Buffet aus BBQ-Variationen, Salaten, gegrilltem Gemüse und Drinks, bevor Beau mir einen vom Tablett klaute.

»Hast du nicht schon fünf Stück verputzt?« Ungläubig beobachtete ich, wie er einen Biss nahm, als hätte er seit Stunden nichts gegessen.

Mit prallen Wangen, gierig wie ein Hamster, sah er mich an. Der Schalk in seinen Augen blitzte. »Ich esse auch nochmal fünf, wenn du immer wieder welche anbringst.« Seiner Stimme waren die verzehrten Drinks anzumerken. Daher wohl auch sein Appetit. »Du siehst toll aus.«, meinte er, kaum das er den Muffin verdrückt hatte.

Liebe Worte und Aufrichtigkeit war ich aus seinem Munde gewohnt, dieses Kompliment ließ meine Wangen dennoch rosig werden.

Erfreut über die Reaktion auf seine Worte entschied sich Beau, noch ein Bier zu holen, als er an mir vorbeiging, legte er eine Hand an meine Schulter. Sein Atem kitzelte mein Ohr. »Ich fordere nachher nochmal einen Tanz ein.«

Unser einziger Tanz mochte lange her sein, es war ein kurzer Moment, aber die Erinnerung währte endlos und belastend. Sie hatte zu einer der zahlreichen Spannungen zwischen Reaper und mir geführt, am schlimmsten war jedoch, dass er sich wegen mir verletzt hatte. Die durchbohrte Wunde war längst verheilt, lediglich ein winziger heller Fleck in dem gleichmäßigen Rosenmuster seines Handrückens zeugte davon. Es hatte mir Spaß gemacht zu tanzen, bis jemand zu Schaden kam.

Burn for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt