Kapitel 19

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Darauf warten wir doch alle! Viel Spaß 

Die letzten Wochen war ich auf meiner Joggingrunde stets in Begleitung gewesen, unseren unausgesprochenen Ritus schien Beau hingegen vergessen zu haben.

Seit dem Bonfire, und Reapers Ankündigung, dass er ab sofort mein Trainingspartner sei, hatte er sich zurückgezogen. Einerseits traurig darüber, weil ich die unbeschwerte Zeit mit ihm vermisste, war ich jedoch ebenso erleichtert. Weniger Nähe zu mir bedeutete weniger Stress zwischen ihm und dem Präs. Zwar war ich weiterhin eine Verfechterin des neu erlangten Willens, meine freundschaftlichen Beziehungen nicht von einem Mann diktieren zu lassen, aber es war erholsam nicht ständig in die Auseinandersetzungen der beiden zu geraten.

Trotz Beaus Fehlens wiegte die Vermissung nach einem muskulös gebauten, nach rauchigen Bäumen und erdigem Moos riechenden Präs schwerer. Wir waren einmal zusammen laufen gegangen, doch dieser eine Morgen lag mir mehr am Herzen wie all die Tage zuvor.

Reapers gestriges Versprechen, mich heute wieder zu begleiten, war nicht ernst gemeint. Ausgesprochen im alkoholischen Rausch, in seiner schläfrigen Trunkenheit, hatte ich nicht angenommen, dass er es halten, geschweige denn sich am nächsten Morgen daran erinnern würde.

Den leeren Parkplatz vorzufinden, ließ mein Herz dennoch in die Kniekehle rutschen.

Seinen Rausch schlief Reaper aus, ähnlich wie das übrige Chapter, dass nach der langen Party in einem friedlichen Koma zu schlummern schien. Früh jemanden anzutreffen, war eine Seltenheit, heute waren jedoch alle Anwohner, selbst die Hunde, die inzwischen nicht mehr bellten, sondern lediglich den Kopf hoben, wenn ich ihr Territorium passierte, zu träge.

Meine übliche Runde über die schmalen Wüstenpfade glich der Tour durch eine ausgestorbene Geisterstadt.

Der Frühling kam mit schnellen Schritten, die Sonne strahlte hell und kräftig am Firmament, was mich bewegte, auf dem Rückweg eine kleine Pause im Hain des Friedhofes einzulegen. Die Wüstenweiden boten ausreichend Schatten und das leichte Lüftchen kühlte meine erhitzte Haut.

Die Hitze schob ich auf die sportliche Ertüchtigung, doch ihr Ursprung war tiefer. Primitiver.

Seit einiger Zeit driftete mein Geist immer wieder in Vorstellungen und Träume ab, die ich früher in einem Keuschheitsgürtel gebannt hätte. Ich hätte mich dafür gestraft, jetzt ließ ich diese Gedanken zu, akzeptierte ihr gelegentliches Aufflammen. Doch die verbotene Verlockung nagte an mir. Und wenn ich begann, über einen Mann nachzudenken, schroff und ungezähmt und mit elektrisierenden Augen, die Eis schmelzen ließen und Händen, die mich schmelzen konnten, würde ich auf einem Pfad enden, der in die Verdammnis führte.

In Gedanken verstrickt, entschied ich, den restlichen Weg durch die Bauwägensiedlung und an der Werkstatt vorbei, zu spazieren. Die stille Atmosphäre wurde nach einigen Metern von Musik durchschnitten, die schallender wurde, je näher ich der Werkstatt kam. Verblüfft darüber, dass doch jemand auf den Beinen war, näherte ich mich dem großen Garagenkomplex am Eingang des Schrottplatzes neugierig. Vielleicht wäre es Beau oder einer der anderen Mechaniker, die ihre Arbeit begannen.

Zu dem harten rockigen Klang mischte sich Gesang. Ich trat näher an das Gestrüpp, dass den kleinen Hof vor den Garagen säumte, darauf gefasst jemanden an einem Motorrad schrauben oder unter einem Auto liegen zu sehen. Arbeiten, die ich nicht verstand, aber die ich zu gern verfolgte, weil ich an allem Neuen interessiert war.

Eine alte Harley stand im offenen Rolltor, zerlegt in ihre Einzelteile und daneben – ein entblößter, tätowierter Männerhintern. Die Arme einer Frau, zierlich und mit pink lackierten Fingernägeln, schlangen sich um den Oberkörper, ein nacktes Bein wickelte sich um die Hüfte.

Burn for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt