Kapitel 23

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Ich fühlte mich, als hätte man meine Sehnen gegen starre Metallstangen ausgetauscht und Säcke mit Felsbrocken beladen an die Glieder geschnürt, die meinen Körper hinab zogen, nachdem er bereits in Erschöpfung ertrank. Wie eine rostige Maschine, die zu Höchstleistungen getrieben wurde, obwohl man sie weder ölte noch warm laufen ließ.

»Arbeite an deiner Beinarbeit. Dann hälst du das nächste Mal vielleicht zehn Sekunden durch, bevor ich dich Schach-Matt setze.«, brummte Rage. Bisher saß ich bereits nach sieben Sekunden in der Patsche, ohne jegliche Aussicht auf einen Ausweg.

Der Sicherheitschef, dessen Wesen von der rauen, schneebedeckten Landschaft des eisigen Sibiriens zeugte, schnappte sich ein Handtuch aus dem Regal neben der Tür und verschwand. Carlos folgte ihm, womit Reaper und ich wieder allein waren.

»Er findet Gefallen an dir.«

Mein Blick glitt von der leeren Tür zum Präs. »Weil er mir Tipps gibt?«

»Nein«, seine Tattoos schimmerten nicht mehr vor Schweiß, welcher in der letzten Stunde verschwunden war, in der er mich genau beobachtet hatte, »weil er sich zurückhält.«

»Ich bin eine Frau und könnte nie die Kraft aufbringen, wie einer deiner Männer.«

Seine Antwort kam schneidend, wie eine präzise geschliffene Klinge: »Rage verschont niemanden, wenn es darauf ankommt. Das ist seine Aufgabe.«

Der Sergeant at Arms war zuständig für die Sicherheit des Clubs, sowohl innerhalb, wie außerhalb. Rage überwachte die Einhaltung der Clubregeln, damit jeder Tag seinen gesitteten Bahnen folgte, gleichzeitig unterlag ihm das Prospect-Projekt. Alle Neuzugänge liefen durch seine Hände, er überwachte die Ausbildung aller Anwärter und trug ein erhebliches Stimmrecht bei der Ernennung vollwertiger Mitglieder. Doch neben all dem war er vordergründig eines: der persönliche Bodyguard des Präsidenten. Reaper war durchaus in der Lage sich in einer Auseinandersetzung zu behaupten, doch sollte er Verstärkung brauchen, wäre Rage der Erste in der Schusslinie. Sein menschliches Schutzschild.

Und dafür machte er vor niemandem Halt - ungeachtet des Geschlechts oder Alters.

Mir kam ein anderer Gedanke für Rages Zurückhaltung. »Er versteht meine Geschichte, und das Erlebte.«, mutmaßte ich.

Reaper nickte, seine blauen Augen blickten auf mich hinab. »Ihr seid euch ähnlicher, als es den Anschein hat.«

Eine Bestätigung meiner Annahme von vorhin, jedoch gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass das was in Rage's stummer Seele schlummerte, barbarisch und grauenvoll war. Er hatte leiden müssen und mir war unklar in welchem Ausmaß. Doch mein Leben hier hatte erst begonnen. Mir blieb mein Restliches zu ergründen, was für Geschichten Rage zu erzählen hatte.

»Bereit für eine Dusche?« Reaper schnappte sich seine Wasserflasche.

Ungeachtet meiner müden Knochen, die keine weitere Minute Strapaze überstanden hätten, war das Training bis zu diesem Augenblick nicht offiziell beendet gewesen.

Mein erleichtertes Seufzen ertönte. »Ich habe mich noch nie mehr auf Wasser gefreut.«

Das blaue Shirt hatte weniger trockene als nasse Stellen, es klebte an meinem Körper wie eine zweite Haut. Ebenso wie die Haare, die sich bei all den raschen Bewegungen schnell aus meinem Zopf gelöst hatten. Ein prüfender Blick in die Spiegelwand an der hinteren Wand des Raums verriet, dass mein blonder Schopf einem Vogelnest glitt. Eine ausgiebige Dusche war nicht nur erwünscht, sondern nötig.

Anders als Reaper hatte ich keine Sporttasche mitgebracht, lediglich die schwarze Leggings mit den gleichfarbigen Schuhen am Leib und die Flasche, die ich auf dem Weg in den Flur in den Mülleimer neben der Tür warf. Bevor ich das kleine Fitnessstudio verlassen konnte, umschlang ein Arm meine Hüfte und wirbelte mich herum. Reapers Mund nahm Beschlag von meinem, seine Hand an meinem unterren Rücken drückte mich fest an ihn.

Burn for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt