Kapitel 12

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Friedliche Nächte wie diese hatte ich selten, aber noch weniger wachte ich mit Benommenheit und hämmernden Kopfschmerzen auf. Bei dem Schlafmangel in meiner Ehe kamen diese oft erst tagsüber, wenn ich sicher war, dass Elijah einige Zeit beschäftigt sein würde und ich damit zur Ruhe kam. Seit meinem Leben im Chapter bekam ich regelmäßigen, ausreichenden Schlaf, gleichzeitig sorgte die körperliche Ertüchtigung für ein Verblassen der Alpträume. Die Dämonen waren immer präsent, lauerten im Hinterhalt meines Bewusstseins auf einen Trigger, der sie entfesselte, aber diesen gab es seltener.

Jetzt wurde der Druck in meinem Schädel mit jeder Sekunde größer, sodass ich die Augen zusammenkniff, um mich vor der grellen Sonne im Zimmer zu schützen. Doch weder das, noch eine Massage meiner Schläfen half. Vielleicht bedarf es einer kühlen Dusche oder frischer Luft – Hilfsmittel, zu denen ich sonst griff.

Das Fenster zu öffnen, schien mir eine gute Idee, meinen Körper zu bewegen, aber weniger. Als ich saß, weitete sich der Schwindel auf meinen Magen aus, der nun ebenso kreiste. Eine Hand auf dem Mund beugte ich mich über die Bettkante, doch obwohl ich würgte, blieb mir ein Erbrechen erspart. Stattdessen röchelte ich und versuchte meine Übelkeit, mit einigen gezielten Atemzügen unter Kontrolle zu bekommen.

Ein Klopfen hallte in meinen Ohren wider, meine Beklommenheit verhinderte, dass ich einschätzen konnte, woher es kam. Ob aus meinem Kopf oder der Umgebung. Die öffnende Tür war Antwort genug, als Ashleys Kopf im Spalt erschien. Ein erleichterter Ausdruck im Gesicht.

»Sie ist wach.« Ash sah zurück in den Flur und schien mit jemandem zu sprechen, bevor sie mein Zimmer betrat. »Guten Morgen, Schnapsdrossel.«

Ihr folgte ein Mann, der die Tür gleich hinter sich schloss. Auf den ersten Blick hätte ich ihn für einen entfernten Cousin von Carlos gehalten mit dem warmen Hautton aus Mandeln, der eindeutig angeboren und nicht von der Sonne gebräunt war, aber beim genaueren Hinsehen wirkte er geradliniger, ja schon disziplinierter als der Vize. Vielleicht kam das auch durch das Alter, das ich bei ihm, aufgrund des kurzen, äußerst gepflegten Bartes, der nahtlos in einen vollen Schopf von abstufend geschnittenen, schwarzen Haaren überging, um einige Jahre höher einschätzte. Augenblicklich fragte ich mich, wie er aussehen würde, wenn ein Windstoß die Strähnen umherwirbelte.

»Das ist Pyros, unser Doc. Er will dich nochmal durchchecken.«

Nochmal? Hatte er das im Schlaf schon getan?

»Hallo, Adina.«

»Sie sind Arzt?« Seine samtige Stimme mit dem freundlichen Lächeln hatte ich ignoriert, stattdessen wanderte mein prüfender Blick über seine ausgewaschenen blauen Jeans und das hellbraune Hemd, das er mit einem Gürtel in seiner Hose verankerte.

Pyros lachte amüsiert und hockte sich vor mich, die Ärmel fein säuberlich über seine Unterarme gefaltet. »Erwarte nicht, dass du mich im weißen Kittel und mit Klemmbrett antriffst. Das ist nicht mein Stil.«

Ich hätte nie geglaubt, dass Berufsbekleidung sich dem Modegeschmack beugen würde. Zumindest hatte es das nie bei den Ärzten, denen ich bisher begegnet war. Dieser hier hatte mich bereits behandelt, die Platzwunde meiner Schläfe war inzwischen vollständig verheilt, lediglich ein feiner weißer Strich zeugte von der Verletzung, aber gesehen hatte ich den Doc bis jetzt nie. Auch nicht in der Bar oder dem Chapter.

Er öffnete seine Ledertasche und zog einen kleinen grauen Stift hervor, der sich als Taschenlampe entpuppte.

»Wie fühlst du dich? Hast du Schmerzen? Übelkeit oder Taubheit?«

Das grelle Licht, mit dem er mir in die Augen leuchtete, brannte regelrecht und ich brummte kaum hörbar auf seine Fragen. »Mir ist schlecht und mein Kopf dröhnt.«

Burn for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt