Kapitel 16

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„Mom! Mom, bitte!“ panisch sah ich Mom an, aber sie reagierte überhaupt nicht auf mich, sondern sah starr nach vorne. Immer wieder sah ich zwischen ihr und der Strasse hin und her, bis ich die Frau sah. Sie stand mit dem Rücken zu uns und wartete darauf über die Strasse gehen zu können.

„Mom, halt an!“ nur knapp kam ein Wagen zum stehen, als wir mit vollem Tempo über die Kreuzung fuhren. Durch das Hupen der Autos wurde die Frau auf uns aufmerksam und drehte sich zu uns um. „Mom!“ schnell löste ich meinen Sicherheitsgurt und riss das Lenkrad nach links, doch es war bereits zu spät. Die vordere rechte Seite unseres Wagens traf die Frau und schleuderte sie zur Seite.

„Mom!“ ein Schrei entwich mir, als wir die Strasse überquerten und auf das Brückengeländer zufuhren. Ich hatte erwartet, dass der Stahl uns ausbremsen würde und uns zum stehen brachte, aber stattdessen durchbrachen wir das Geländer ohne Probleme und fielen in die Tiefe.

Wieder entwich mir ein Schrei, als wir auf dem Wasser aufkamen und ich durch den harten Aufprall gegen die Windschutzscheibe flog, die auch gleich nachgab und mich aus dem Wagen schleuderte. Innerhalb einer Sekunde wurde ich von eiskaltem Wasser umgeben, welches mir sämtliche Luft aus den Lungen zog.

Ich wusste, dass ich hier raus musste um Hilfe für Mom zu holen, aber ich hatte einfach keine Kraft. Mein gesamter Rücken brannte und mein Kopf schmerzte von dem Aufprall gegen die Windschutzscheibe. Das war es also. So würde ich sterben.

Kurz bevor mein Körper völlig kapitulierte, packte etwas meine Hand und zog mich nach oben. Nach Luft ringend liess ich mich zu Flussufer ziehen, wo ich mich gleich auf den Boden setzte. „Nein, nicht hinlegen.“ schwer atmend sah ich denn Mann vor mir an, der mir gerade das Leben gerettet hatte.

Einmal mehr raubte es mir den Atem. Noch nie hatte ich so einen attraktiven Mann gesehen.

Erschrocken riss ich meine Augen auf und setzte mich hin. Ich hätte gerne gesagt, dass das nur ein Traum war, aber leider war das die pure Realität. Ich wäre bei dem Unfall vor zwei Jahren gestorben, hätte er mich nicht aus dem Wasser gezogen. Dieses eine Detail hatte ich zwei Jahre verdrängt, weil ich mir oft gewünscht hatte, dass er mich nicht gerettet hätte. Jetzt hatte ich aber das erste Mal davon geträumt und ich wusste auch genau wieso.

Tief durchatmend versuchte ich meinen Puls wieder runter zu bekommen und stand langsam auf. Ich hatte keine Ahnung wie spät es war und wie lange ich geschlafen hatte, aber das war auch völlig egal. Gerade war ich einfach nur froh, dass sich die Kopfschmerzen in Grenzen hielten.

„Ist alles in Ordnung?“ beim Durchgang zum Wohnzimmer blieb ich stehen und sah zu Robin und Kaden, die wie immer auf der Couch sassen. Nur sahen sie mich dieses Mal noch besorgter an als sonst. „Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“ ja, Robin. Das hatte ich auch.

„Du warst das.“ krampfhaft versuchte ich die Tränen zurück zu halten, die sich in meinen Augen bildeten. Hätte ich dieses eine Detail nicht zwei Jahre lang verdrängt, dann hätte ich früher begriffen, dass ich seit sieben Monaten jeden Tag dem Mann gegenüberstand, der mir das Leben gerettet hatte.

„Was meinst du?“ fragte mich Kaden verwirrt und stand auf. „Du hast mich aus dem Wasser gezogen. Ich konnte nicht verhindern, dass wir deine Schwester angefahren haben und doch hast du mir das Leben gerettet.“ kurz weiteten sich Kadens Augen, ehe er um die Couch lief und zu mir kam. „Du hast mich da raus geholt.“ wortlos legte er seine Arme um mich und zog mich an seine Brust.

„Ich gehe mal eine Runde um den Block.“ nur nebenbei bekam ich mit, wie Robin an uns vorbei lief und meine Wohnung verliess. „Wieso hast du mir nie etwas gesagt?“ „Weil es mir nicht wichtig erschien.“ sofort löste ich mich von Kaden und sah zu ihm hoch. „Für mich war es aber wichtig. Ich habe dieses Ereignis zwei Jahre verdrängt, weil ich nie wieder darüber nachdenken wollte. Hättest du mir aber gesagt, dass du es warst, der mich aus dem Wasser geholt hat, dann hätte ich mich bei dir bedankt.“ schwach lächelnd strich er die Haare aus meinem Gesicht.

Kayla - Freunde und FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt