Autumn-Vibes - II

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„Nein... Das darf nicht wahr sein. Nein... Warum nur?" Meine Unterlippe begann zu zittern, als ich die aufgebrochene Tür zu meiner Hütte sah. Noch mehr als ich das Chaos im Inneren bemerkte. Sämtliche Zutaten, die ich hier gelagert hatte, waren aus dem Regal geworfen worden und die Gefäße am Boden zerschellt. Glassplitter lagen überall, auch auf der als Bett genutzten Bank.
„Dreck", schimpfte ich. „Wer tut denn so was?" Wieder schossen mir Violas Worte in den Kopf. Doch ich musste die Gedanken und Lösungsansätze dazu aufschieben. Die Zeit hatte ich nicht.

Ohne zu zögern fegte ich mit meiner Hand sämtliche Splitter von der Bank und legte das kleine Wildschwein darauf.
Es hatte die Augen geschlossen, wirkte leblos. „Wenn es sein Näschen nicht so unregelmäßig bewegen würde, könnte man fast meinen, es sei..." Ich schüttelte den Gedanken von mir. Das wollte ich mir gar nicht ausmalen.
Da ich mal wieder kein Feuerholz hatte, wickelte ich das Kleine noch extra in meinen Schal ein, bevor ich nach draußen eilte, um geschwind ein paar Äste zusammen zu sammeln. Ich klaubte alles zusammen, was ich tragen konnte, schickte mich zurück in die Hütte und beeilte mich mit dem Feuermachen. Auch wenn ich wegen dem Einbruch ein mulmiges Gefühl hatte - es ging nicht anders.


Als ich dann, als das Feuer im Ofen brannte, unter dem Bett nach der Notfallkiste für Tierbabys suchte , dass ich dem Kleinen was zu fressen geben konnte, bemerkte ich, dass auch hier etliche Kisten fehlten. Alle, die damals noch meiner Omi gehörten. Doch der Verbandskasten und die Schachtel mit der Nahrung für Tierbabys waren unangerührt.
„Komisch", fand ich, als ich einen kleinen Gegenstand bemerkte, der da nichts zu suchen hatte.
„Ein Knopf? Was hat der den hier zu suchen?" Der Knopf gehörte nicht zu mir. Auch Omi Amanda konnte ich ihn nicht zuordnen. Ich sah ihn genauer an und erstarrte für einen Moment, dann kramte ich in meiner Gürteltasche herum. „Das ist das gleiche Emblem wie auf dem, den ich im Wald gefunden habe. Aber was...? Hängt dieser Einbruch mit dem getöteten Wildschwein zusammen? Waren es die gleichen Leute?" Ich hatte keine Antwort dafür. Nicht auf Anhieb. Denn ich hatte im Moment Wichtigeres zu tun, weshalb ich beide Knöpfe in meiner Tasche verstaute.

Während das Feuer im Kamin knisterte versuchte ich dem Kleinen etwas zu Fressen zu geben. Doch es wollte nichts. Auch immer noch fühlte es sich, trotz der Wärme und dem Umhang, in den es eingewickelt war, eisig kalt an. Es war, als wollte es sich kein bisschen aufwärmen.

Schnell wusste ich, dass da was nicht stimmen konnte. Doch da äußerlich keine Verletzungen zu sehen waren, musste es was Innerliches sein. So bemühte ich meine Magie, um seine Signal-Wellen zu prüfen.
Meine Magie konnte bisher nur die Hirnströme messen, so viel hatte ich heraus gefunden. Mehr nicht. Sie gab im Ganzen wenig Aufschluss über alles und war doch nutzloser als gedacht.

Dennoch, als die Signale des Kleinen scannte und als sichtbare Sinuskurve in der Luft ihre Linien zog erkannte ich, dass da etwas nicht stimmte. Die Ausschläge waren klein und unregelmäßig. Kamen nur zaghaft und impulsartig. Waren holprig...

„Verdammt. Da stimmt etwas überhaupt nicht... Ob es eine Gehirnerschütterung hat?" In meinem Kopf spielten sich augenblicklich die brutalsten Szenen ab. Möglich, dass das Kleine mit ansehen musste, wie die Mutter starb. Weinend bei ihr war und dann wohl von den Wilderern den Hang hinab getreten wurde. Weil es nutzlos war. Es hatte noch keine Stoßzähne, die man ihm hätte rauben können und war zu dürr für den Kochtopf.
Ich schluckte bei dem Gedanken und meine Augen füllten sich mit Tränen.
„Verdammt, verdammt, verdammt...", Schimpfte ich. „Das Arme Kleine musste so viel durch machen und nun das auch noch. Wenn ich nur besser wüsste, was es hat. Aber diese blöden Gehirnwellen helfen mir nichts..."
Ich versuchte die Tränen zu unterdrücken

„Wenn mir das doch besser Aufschluss geben würde. Mir sagen würde, was los ist. Aber ich nichts tun. Kann die Signalströme messen... doch nicht wirklich lesen. So bringt das doch alles nichts. Die ganze Drecksmagie ist genauso nutzlos wie ich."

Ich presste meine Lippen zusammen. „Kann ich denn wirklich nichts tun?" fragte ich mich.

Zögerlich legte ich meine Finger, um den Puls den Puls des Schweinchens zu fühlen, auf die Innenseite seines Oberschenkels.

„Keine zwanzig Schläge", murmelte ich. „Das sieht nicht gut aus.... Auch seine Atmung ist immer noch ungleichmäßig. Dreck – nicht einmal ein Thermometer hab ich hier. Aber das würde mir wohl auch nur anzeigen, dass es Untertemperatur hätte... "

Meine Unterlippe begann zu zittern. „Warum nur bin ich immer wieder so hilflos und kann nichts tun? Hätte es doch nur äußere Verletzungen, dann könnte ich ihm helfen. Warum nur?" Die erste Träne lief mir nun die Wange herab. „Ich weiß doch nicht einmal, was es hat. Es will sich nicht aufwärmen. Scheint eine Gehirnerschütterung oder so etwas zu haben. Aber... Ich hab doch keine Ahnung." Als mich die Verzweiflung übermannte, brach ich in Tränen aus. Es musste doch einen Weg geben, dem Kleinen helfen zu können. Nur wie?

Einmal wollte ich es noch versuchen.
Erneut legte ich meine Magie um das Kleine. Versuchte seine Signal-Wellen sichtbar zu machen. Doch diese Mal legte ich mit mehr Konzentration mehr Mana hinein. Stellte mir vor, wie es sämtliche Gefäße des Tieres umschloss, um die so dringend nötigen Infos zu bekommen.
Es klappte tatsächlich und die Sinuswelle, die eine Kopie der Körpersignale darstellte, teilte sich. Mehrere Anzeigen gaben mir nun Auskunft über Blutdruck, Temperatur, Herzfrequenz und die Atmung.
Ich schluckte. „Da verbessere ich schon meine Magie und dann sowas..."

Innerlich schrie ich auf vor Enttäuschung und Wut. Die Vitalwerte, die ich auch so noch irgendwie hätte rausfinden können, wurden mir nun angezeigt. Mehr nicht.

Und alle waren im Keller. Das wusste ich auch ohne meine Magie... Vor lauter Wut über mich selbst und meine unbeholfene Magie wollte ich schon aufgeben, als mir noch etwas auffiel. Neben diesen Anzeigen, bildete mein Zauber eine dreidimensionale Abbildung des Schweinchens und zeigte Störfelder an. Nicht nur im Gehirn.

„Sind das die Bereiche, wo der Signalfluss unterbrochen ist? Das sind ja mehrere. Nicht nur im Gehirn, aber genau da häufen sie sich. Dreck... das sieht überhaupt nicht gut aus. Möglich, dass das Kleine innere Blutungen hat. Aber..."
Ich zögerte...


„Das ist keine Heilungsmagie, Fawn. Das, was du treibst, ist Manipulation und im höchsten Maße gefährlich, wenn du nicht genau weißt was du da tust." Die Worte meiner Oma Eugenia, der Giftmagierin, hallten in meinem Unterbewusstsein wieder.

„Dochwenn ich nichts tue, dann..."
Ich hockte mich entschlossen zu dem Kleinen ins Bett und setzte es auf meinenSchoß. Etwas musste ich tun. Abwarten brachte nichts.
An meine Magie gekoppelt, um sämtliche Vitalwerte und Signalströme zuüberwachen, lenkte ich einen Teil meiner Kraft an die Stellen in seinem Körper,die Störungen zeigten. Ich wusste nicht, ob es wirklich etwas bringen würde. Inden Momenten, in denen ich den kleinen Stromschlag abgab, verbesserten sich dieWerte minimal. Der Frischling zuckte immer wieder kurz. Doch nur wenige Momentespäter, verschlechterten sich die Werte wieder und die Störungen in seinemkleinen Körper waren immer noch da. Doch nicht nur das. Die Werte gingen trotztder Stromschläge immer weiter in den Keller.
Das Gefühl der Machtlosigkeit kam zurück.
„Was tu ich hier eigentlich? Ich hab doch keine Ahnung von innerer Medizin...Oder weiß, was das Kleine genau hat. Möglich, dass es schon zu spät ist... Eshat wohl einfach zu lange da gelegen ohne Hilfe..." Die Verzweiflung übermanntemich erneut und heftiger als vorher, da ich merkte, wie langsam das Leben ausdem kleinen Tier entwich. „Es behandelt die Symptome vielleicht, aber nicht dieUrsachen. Es ist, wie Oma es gesagt hat... Keine Heilungsmagie." Das musste ichmir schmerzlich eingestehen.
Weinend saß ich da mit dem kleinen Ferkel auf dem Schoß. Ich weiß nichtwirklich, sie lange. Doch als ich wieder hoch blickte, war es draußen dunkelgeworden. Und ich war allein...
Die Vitalwerte des Kleinen zeigten, dass es nicht mehr atmete. Sein kleinesHerz hatte aufgehört zu schlagen...
„Nein... Nein", murmelte ich fassungslos. „Das... Das...Es tut mir so leid."Ich weinte bitterliche Tränen.


Faws RisingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt