Family

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Nach dieser ungeplanten Befragungen und meinem überhasteten Geständnis durfte ich dann endlich gehen und Mereoleona wieder sehen.
Fuegoleon ließ mir meine normalen Alltagsklamotten bringen - das Nachthemdchen hätte mich zwar wenig gestört. Doch neben ihm sah ich tatsächlich darin wie eine Verrückte aus. Dieses Image musste ich nicht noch weiter ausschmücken...
„Oh", bemerkte ich, als ich nach dem Kleid griff. „Da wurde etwas geflickt?" Erst begriff ich nicht warum. Doch dann dämmerte es mir. „Da wurde wohl nicht nur ich, sondern auch mein Kleid durchbohrt. Vor lauter Blut gar nicht bemerkt, dass meine Klamotten auch kaputt gegangen sind..."
Als ich mein Kleid wieder angezogen, sowie meine Stiefel gebunden hatte, überlegte ich kurz, ob ich meine Strickjacke drüber ziehen sollte. Es war Spätsommer, aber immer noch angenehm warm. Besonders jetzt am Nachmittag. Darum nahm ich sie nur mit, zog sie aber nicht an.
So ging ich, an der Seite von Fuegoleon durch das Klink-Gebäude, der mich in das nicht weit entfernte Hauptquartier seines Ritterordens brachte, wo seine ältere Schwester mit ihren jüngsten Bruder trainieren sollte. Eine unangenehme Stille hing zwischen uns, was ich mit schlechtem Gewissen auf das überhastete Geständnis von mir schob.
„Ähm...", unsicher, ob ich überhaupt was sagen sollte, es nun aber schon getan hatte, durchbrach ich die Stille. „Danke für die Chance... dass wir zusammen arbeiten."
„Wir haben das gleiche Ziel. Die gleichen Gegner - auch wenn sich diese wohl mehr gegen dich persönlich richten." Er machte eine kurze Pause, um mich zu mustern. Doch ich blickte traurig den Boden an. Musste wohl wie ein Häufchen Elend gewirkt haben, was aber nicht verwunderlich war...

Er fuhr fort. „Nicht, dass das deine Tat rechtfertigt oder herunter setzt; Doch wenn jemand mit der Intention jemanden Schaden zu wollen, das Haus verlässt und andere ohne Vorwarnung angreift, der muss sich auch darauf einstellen, dass er Gegenwind erfährt. Im schlimmsten Fall auch, dass er derjenige ist, der sein Leben lässt."
Ich seufzte tief bei dieser Aussage. „Aber dennoch - es ist wie du sagst - rechtfertigt das nicht mein Handeln. Ich hatte das anders lösen sollen. Das kann man drehen und wenden - aber nicht schön reden. Jemand anderen das Leben zu nehmen ist unentschuldbar. Auch wenn dieser jemand das Gleiche vorhatte. Am Ende war ich es, die den Pfeil geschossen hatte.... Aber", ich blickte auf und zu Fuegoleon rüber, „das, was du gesagt hast, hört sich sehr nach deiner Schwester an. Na ja, zumindest glaube ich das. Als ich ihr das damals erzählt habe, hatte sie meine Beweggründe nicht nachvollziehen können. Dass ich wegen Tieren so einen Aufstand betreibe. Dass die Leute mich verletzt hatten, interessierte mich dagegen nicht unbedingt."
Als ich von Fuegoleons Seite ein leises Kichern hörte, sah ich ihn irritiert an. Wollte wissen, was es da zu Lachen gäbe.
„Du wirkst viel zu warmherzig und fürsorglich. Vor allem dass du dir in deinem Zustand noch Sorgen um meine Schwester gemacht hast."
„Obwohl ich das nicht müsste – ich weiß", seufzte ich. „Das sagt sie zumindest immer wieder. Aber... Sie ist mir nun mal wichtig. Genauso sind mir auch der Wald und mein Dorf wichtig. Die Leute, die dort leben... Solange es ihnen gut geht, ist mir alles andere egal. Darum bin ich auch bereit, jede Strafe auf mich zu nehmen, wenn ich das alles in Sicherheit weiß."
„Aber... Hättest du nichts gesagt, niemand hätte dich danach gefragt..."
Ich musste mir einen zynischen Kommentar verkneifen. Von wegen es wäre wohl, weil es nur zwei Parteien aus der Unterschicht gewesen wären, die Streit hatten. Stattdessen meinte ich schulterzuckend: „Mich frisst das einfach nur mehr auf.... Das ist alles. Ich wollte es los werden..."

Fuegoleon brachte mich, als wir das HQ erreicht hatten zum Trainingsgelände hinter dem edlen Anwesen. Als wir das Gelände vom Haus aus betraten, konnten wir vom oberen Treppenabsatz aus Mereoleona sehen. Sie trainierte gerade mit einem Jungen, etwa im Teenager-Alter, der ebenso eine rote Mähne wie seine Geschwister hatte. Keiner der beiden bemerkte uns, so waren sie in das Training vertieft. Oder besser Mereoleona ihren jüngsten Bruder zu verprügeln.
„Und du willst ein Ordensritter sein?", schrie sie ihn in einer Lautstärke an, dass sogar Fuegoleon und ich zusammen zuckten. „Kannst ja nicht einmal diesem einfachen Angriffe ausweichen..."Eine Flammenfaust flog durch die Luft und traf den armen Jungen direkt im Gesicht. Der wackelte zurück und plumpste auf seinen Hintern.

Faws RisingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt