Mich irritierte immer noch der Anblick der großen Narbe auf meinem Bauch. „Wahrscheinlich hätte mich mein verlorenes Auge genau so mit nehmen sollen. Aber... Irgendwie erschreckt mich die Narbe mehr. Ganz komisch", fand ich und legte meinen Kopf schief. „Oder liegt es vielleicht daran, dass ich mehrere Tage geschlafen habe? Dass es das erste Mal war, dass ich so schlimm verwundet worden war, dass einer meiner Tränke nicht mehr ausgereicht hätte?" Ich wusste keine Antwort darauf. „Jedenfalls ist das Loch wieder richtig zu. Zum Glück." Während ich meine restlichen Klamotten auszog, grübelte ich noch etwas weiter, doch ich fand keine Antwort darauf. So griff ich nach einem Handtuch, was Mereo mir bereit gelegt hatte, und wickelte es mir um den Körper um ihr zu folgen.
Die hatte mich nach dem Essen durchs ganze Schloss bis zu ihren Räumen gezerrt. Ja, Viola lag goldrichtig – Mereoleona gehörte nicht nur zum Adel, sondern gleich zum Hochadel. Allein ihr Schlafzimmer war größer als meine Hütte im Dorf. Neben einem großen, gar nicht zu ihr passenden, pompösen Bett standen noch zwei ebenso aufwendig gearbeitete Sofas vor einem bodentiefen Fenster, was wohl bei Tag eine ganz nette Aussicht über die Hauptstadt bot. Neben dem Bett führte ein kurzer Flur zu ihrem begehbaren Kleiderschrank und von dort aus konnte man ihr eigenes Bad betreten. Erst hatte ich mich ja etwas eschauffiert, bis mir aufgefallen war, dass ich ja selbst ein eigenes Badezimmer hatte. Doch ich lebte allein und so war das kein großes Kunststück. Zumal mir dann einfiel, dass Mereoleona es ja liebte, im heißen Wasser zu entspannen. Egal ob in einem Tümpel im Wald, dem Fass, was ich Badewanne nannte oder in einer heißen Quelle. Hauptsache ihr geliebter Alkohol war dabei...
Und genau das tat sie nun auch, als die die Doppeltür zum Badezimmer öffnete - sie entspannteim heißen Wasser und nippte selig grinsend an ihrem Likör. Der warme Dampf des heißen Wassers schlug mir entgegen, als ich den Steinboden des Zimmers betrat.
Wobei es das Wort Halle besser traf. „Allein die Badewanne ist von ihren Abmaßen her mehr wie einem Becken...", dachte ich bei mir, als ich zu Mereo rüber tapste und mich an dessen Rand hockte. Ich tauchte meine Füße hinein. Es war angenehm heiß. Ein seliges Lächeln huschte mir über die Lippen und ich wollte mit dem Rest meines Körpers ins Wasser, als;
„Versteckst du dich vor mir, Fawn?" Fragend sah ich Mereo an, die mich eindringlich, immer noch den Becher Alkohol in ihrer Hand, anblickte. „Warum das Handtuch?" Wollte sie wissen.
Ich lief rosig an und wandte hecktisch meinen Blick ab. Schüttelte schnell den Kopf. Gerade als ich ihr erklären wollte, dass es wegen der Narbe auf meinem Bauch war, hatte sie sich schon über mich gebeugt. Ihre Hand, in der sie bis eben noch ihren Alkohol gehalten hatte, legte sie an mein Handtuch, um es mir langsam auszuziehen. Es glitt von meinem Körper und gab den Blick auf die große Narbe am Bauch wieder frei. Ich zuckte kurz und wollte mich tatsächlich verstecken, tiefer ins Wasser, um die Narbe nicht mehr zu sehen.
Mereoleona jedoch wisperte nur ein leises „Warte", als sie ihre rechte Hand auf meine Narbe am Bauch legte. Ihre Finger, glitten sanft darüber. Ich hielt die Luft an.„Das hat er hin bekommen", grummelte Mereo und sie strich mir meine langen Strähnen hinters Ohr. „Dein Auge nicht..."
Dann strich sie über mein Gesicht und beäugte die Narbenmale skeptisch. Auch meine Schultern, Unterarme und meinen Oberschenkel nahm sie genau in Augenschein. Inspizierte sämtlicher meiner Narben.
„Hast du... Hast du Owen deswegen einen Quacksalber genannt?", fragte ich sie vorsichtig. „Stört dich mein Anblick so sehr?"
Mit weit aufgerissenen Augen sah Mereo mich an.
„Nein... so ist sie nicht", sagte ich mir und schüttelteden Kopf, als wolle ich mir selbst eine Antwort auf diese gemeine Frage geben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie das so sehr störte oder gar gegen meinen Willen Owen nötigen würde, sämtliche meiner alten Wunden zu heilen. Das war nicht Mereos Art. Etwas beschämt wandte ich darum auch meinen Blick wieder ab.
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Faws Rising
FanfictionOC Fawn hat eigentlich genug damit zu tun, ihren Wald vor Wilderern zu verteidigen, die seit kurzem vermehrt für gutes Geld auf dem Schwarzmarkt Tiere töten. Vor allem Fleischfresser, wie Wölfe deren Fell in diesem Bereich des Waldes einen silbrigen...