Kapitel 24

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Ivy und ich essen zu ende. Wir räumen alles auf, aber dieses mal entscheiden wir uns, uns nicht aufs Sofa zu legen, sondern einen Spaziergang zu machen. Wir gehen in den Park, in dem unser erstes Treffen stattfand -also das erste offizielle. Irgendwie bin ich aufgeregt, keine Ahnung warum. Wir warten vor Ivys Haustür, an der Bushaltestelle, auf den Bus. Wir steigen ein und setzten uns auf einen 2er Sitz. Der Bus fährt los und mein Herz schlägt schneller. Liegt wahrscheinlich an meinem Gehirn, das sagt ich soll meinen Kopf auf Ivys Schulter legen und ihre Hand in meine nehmen. Also tue ich das.

Ivy bewegt sich nicht. Ich merke, wie ihre freie Hand anfängt zu zittern. Nur sehr leicht, aber sie zittert. Ich nehme mit meiner freien Hand ihre und halte sie fest. Das zittern wird erst schwächer und hört dann ganz auf. Ich hebe meinen Kopf an und blicke in ihre Augen. Diese dunkelbraunen warmen Augen. Sie wirken so warm, das mir auch immer warm wird, wenn ich sie angucke. Es fühlt sich an als wäre ich im tiefsten Wald, aber es ist ein schöner Wald, der irgendwie beruhigend wirkt.

Ich grinse kurz und lege meinen Kopf wieder auf Ivys Schulter ab.
Der Bus hält nach ein paar Minuten. Wir steigen zusammen aus -immer noch Hand in Hand.
Langsam betreten wir den leicht beleuchteten Park. Es wird langsam dunkel. Es sind nur noch sehr wenige Leute unterwegs. Ein paar Menschen, die mit ihren Hunden Gassi gehen, ein paar die Joggen und ein paar Jugendliche, die ihren Spaß haben. Ich blende sie aber alle aus, für mich zählt im Moment nur eins. Eine Person. Sie. Ich drücke ihre Hand ein wenig fester und versuche diese verdammte Nervosität zu unterdrücken. Ich bin sonst nie so nervös.

Wie steuern auf eine etwas abgelegene Bank zu und setzten uns. Wieder lege ich meinen Kopf auf Ivys Schulter ab. Ich fühl mich so scheiße wohl, das es fast schon unheimlich ist.
"Ist dir kalt?"
"Ein wenig."
Ich habe mir bei Ivy nur eine dünne Jacke übergezogen, ich dachte mir wird nicht kalt.
"Willst du meinen Pulli?"
Ich sehe sie an, ohne was zu sagen. Sie weiß genau, das ich immer ihre Pullis will.
Sie steht auf, zieht ihn aus und gibt ihn mir. Ich ziehe ihn mir über den Kopf und rieche direkt den Geruch von Vanille und Zimt, Ich liebe ihn. Jedes mal wenn ich diesen Geruch in die Nase bekomme, egal ob von außerhalb, oder wenn ich bei ihr bin, jedes mal überflutet ein Kribbeln meine Haut und ich fühle mich so wohl.

Ich setze die Kapuze auf und ziehe die etwas zu großen Ärmel, über meine kalten Hände.
"Wollen wir noch ein Stück gehen?"
Ich nicke und lege meine Hand in Ivys ausgestreckte Hand. Wir gehen weiter durch den Park und setzten uns irgendwann, in das trockene Gras. Langsam ist es echt dunkel geworden. Ich setzte mich auf ihren Schoß, mit den Beinen links und rechts.
Ich bewege meinen Kopf nach vorne zu ihr. Wir beide wissen, was ich vorhabe und sie will es auch. Ich sehe es ihr an. Jedes mal wenn ich kurz davor bin sie zu küssen, beißt sie sich auf die Unterlippe.

Ich lege meine Lippen sanft auf ihre und lege meine Hände an ihren Hals, sie legt ihre Hände an meine Hüfte und zieht mich, näher zu ihr. Ich merke wie Ivy langsam das Gleichgewicht verliert und wir nach hinten kippen. Ivy liegt auf der Wiese und ich liege auf ihr. Für einen kurzen Moment herrscht Stille, dann fangen wir beide an zu lachen. Wir lachen beide wie ein Wasserfall. Ich rolle von Ivy runter und liege auf dem Rücken neben ihr. Wie bescheuert sieht das eigentlich für einen Fremden aus?
Zwei Mädchen liegen, abends -im dunkeln- auf der Wiese eines Parks und gackern gerade, wie zwei bekloppte Hühner vor sich hin.

Gerade, als ich dachte ich könnte mich beruhigen sehe ich zu Ivy, die sich immer noch tot lacht und gar nicht mehr einkriegt. Ihr laufen schon mehrere Tränen über die Wangen. Darauf muss ich wieder anfangen zu lachen. Mein Bauch fängt schon an wehzutun. Ich weiß gar nicht, warum das so lustig ist.
Wäre das irgendeine andere Person, würde ich lange nicht so viel und laut lachen. Ich kann aus dem Augenwinkel ein älteres Paar erkennen, welches an uns vorbeiläuft und uns total komisch ansieht. Ivy sieht sie wohl auch, sie deutet auf das Paar und fängt an noch mehr zu lachen, als sie es schon
tut -wenn das überhaupt noch geht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir uns beide wieder beruhigt. Wir wischen uns beide die Tränen weg und schmunzeln immer noch ein wenig. Wir sehen uns beide an und lachen nochmal kurz auf.
Ich atme mehrmals tief durch, Ivy tut es mir gleich. Langsam richtet Ivy sich auf und hilft mir auch auf die Beine. Hand in Hand gehen wir zurück, zur Bushaltestelle. Nach ein paar Minuten kommt schon unser Bus und wir fahren nach Hause.

Ivy öffnet die Wohnungstür. Ich gehe in die Küche und nehme mir ein Glas Wasser. Meine Lachmuskeln tun immer noch weh. Ivy kommt vom Badezimmer und setzt sich zu mir an den Tisch.
Ich stelle ihr auch ein Glas Wasser hin, welches sie dankend annimmt. Ich gucke auf die Uhr und merke wie spät es schon geworden ist und wie müde ich eigentlich bin.
"Ich bin voll müde, du auch?"
"Schon ja."

Zusammen gehen wir ins Badezimmer und machen uns fertig. Ivy geht schon ins Schlafzimmer, während ich mir noch einen Dutt mache. Schlapp, müde und erschöpft lasse ich mich neben Ivy ins Bett fallen.
"Du bist echt müde hm?"
"Nene.", antworte ich so ehrlich, wie es nur geht. Ich schließe meine Augen und schlafe direkt ein -glaube ich. Keine Ahnung warum, aber ich bin so müde, wie schon lange nicht mehr.

Es ist mitten in der Nacht und ich bin wach. Ich sitze in der Küche, mit einem Glas Wasser, mal wieder.
Déjà vu. Ich schmunzle. Hier war ich doch schonmal. Genau an diesem Punkt. Und wieder schwirrt die gleiche Frage in meinem Kopf -obwohl es eher meine Kopfstimme ist, die mich anschreit.
Frag sie! Frag sie! Frag sie! Frag sie! Frag sie!
Ich will ja mit ihr zusammen sein und eigentlich weiß ich nicht, was dem im Weg steht, aber ich habe trotzdem Angst.

Ich liebe sie und sie mich auch -denke ich zumindest, ich meine sonst würde sich mich sich ja nicht mehrmals küssen lassen. Sie will es ja auch und ich verstehe, das sie zu viel Angst hat zu
fragen -unteranderem wegen ihrer Vergangenheit. Aber ich will mit ihr zusammen sein und ich werde sie fragen. Ja.

"Maeve?" Ivy.
Ich drehe mich um und sehe sie hinter mir.
"Hm?"
"Alles okay? Ich hab mir Sorgen gemacht?"
"Ja, alles gut. Gestern Nacht hast du dir keine Sorgen gemacht.", stelle ich fest.
"Da war ich im Halbschlaf und hab gar nicht gecheckt, das du überhaupt weg warst, als ich aufgestanden bin. Aber eben hab ich gemerkt, das du aufgestanden und weg gegangen bist, ich dachte du musst nur auf Toilette, aber du kamst nicht mehr wieder, da hab ich mir Sorgen gemacht."

Ich liebe sie.

My cutieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt