!!Tw: Depressionen!!
Es ist immer noch alles nass.
206 Tage sind vergangen, seitdem ich den Brief gefunden, aufgemacht, gelesen und alles nass wurde.
Wir schreiben den 17. Februar, also die Welt schreibt ihn. Ich bin immer noch beim 26. Juli vom letzten Jahr. Der tag an dem ich den Brief fand, oder auch, der schlimmste Tag meines Lebens.Seit diesem Tag ist eigentlich jeder Tag, der schlimmste meines Lebens.
Täglich fühle ich mir leer, als wäre nichts in mir.
Keine Gefühle, Emotionen, Endorphine, Euphorie, oder Empathie. Nicht einmal Traurigkeit.
Doch irgendwie schafft mein Körper es jeden Tag aufs neue sich noch leerer zu fühlen. Irgendwie schafft es die Welt mir von Tag zu Tag immer mehr die Lebensenergie zu rauben. Dabei gehe ich ja nicht einmal raus, geschweige denn sehe jemanden.Ich verlass das Haus nur zu den nötigsten Zwecken.
Ich wohne nicht mehr über Mary sondern bin in eine kleinere Wohnung in der Nähe gezogen. Die 'große' Wohnung war mir zu groß. Zu viele Erinnerungen. Zu viel Raum. Zu viel Platz. Zu viel von ihr.
Ich brauchte einfach was, um mich zu verschanzen und dafür ist das hier eigentlich ganz gut.
Jason kommt 2-3 mal pro Woche vorbei, um nach mir zu sehen. Mary kommt eher selten, seitdem ich hier eingezogen bin. Als ich noch über ihr gewohnt habe, kam sie öfter.Ich liege auf der Matratze und starre an die Decke.
Die Lacken habe ich nicht gewechselt, seit ich hier wohne."Willst du hier vielleicht mal aufräumen?"
"Wieso? Du bist der einzige der hierherkommt und auch der einzige, den es stört."
"Schon klar, aber ich meine eher für dich. Das du für dich aufräumst nicht für mich."
"Nö."Jason stellt die Verpackung mit Marys Lasagne neben eine Beine und fängt an, zwei Gabeln zu spülen.
"Du musst endlich was machen Ivy. So kann das nicht weitergehen. Du musst hier raus."
Das sagt er jedes Mal, wenn er hier ist und jedes Mal antworte ich, "wie läufts in der Uni?".
Jason hat nach seinem Abschluss angefangen an der 'New York University' Film zu studieren. Er will irgendwann Regisseur werden und seine eigenen Filme produzieren.
"Es ist ein wenig stressig, aber ich krieg alles hin."
"Wie geht's Mary?", frage ich und stochere in der Lasagne rum.
"Ganz gut, sie muss viel arbeiten, aber sonst gut."Ich lasse Jason den Großteil der Lasagne essen und werfe die Gabeln dann wieder in die Spüle zurück.
"Und wie läuft es mit Marie?"
"Gut, seit ich meine Prüfungen, seit letzter Woche alle hinter mir habe, für dieses Semester sehen wir uns wieder öfter."
Bedrückt sehe ich auf meine Füße, über die Strümpfe mit etlichen Löchern gezogen sind.
"Sie hat nichts gehört."
"Hm? Ich weiß.", ich sehe kurz zu ihm auf und dann wieder runter "Ich weiß."
"Vielleicht geht sie ran, wenn du sie anrufst."
"Niemals!"
"Niemals sie geht nicht ran, oder niemals du rufst sie nicht an?"Da er sowieso weiß, welches niemals ich meine, gebe ich ihm keine Antwort.
"Ich werd wieder gehen, ich guck vielleicht morgen nochmal bei dir vorbei. Bis dann Kleine."
Er drückt mir einen Kuss, auf meinen Ansatz, wuschelt mir kurz durch die Haare und zieht dann die Haustür hinter sich zu.Nachdem Jason gegangen ist sehe ich mich in meiner Wohnung um. Es ist echt ein Saustall, so wie Jason es immer sagt -wenn auch nicht so schroff. Aber er hat recht, ich muss hier mal wieder raus.
Ich laufe zum Kleiderschrank - der eigentlich nur aus zwei Schubladen besteht - und krame nach meinen Klamotten. Lustig, da liegt mehr Müll und unnötiges Zeug, als Klamotten.
Ich suche nach meinen Klamotten und merke, das wenn ich drei Schritte weiter gehe, ich darüber stolpere.Der Wäschehaufen - der irgendwie mein Kleiderschrank ist - kommt schon aus dem Bad, als lebe er. Mich würde es ehrlich gesagt nicht wunder, wenn da wirklich gleich ein Lebenswesen rauskommt - oder sogar mehrere. Ich glaube über die Zeit, bin ich einfach so Blind geworden. Blind vor Traurigkeit.
Wenn ich mal darüber nachdenke, ich habe Mary seit langem schon nicht mehr gesehen, Jason ist der einzige den ich sehe, ich sehe nicht, dass meine Wäsche schon aus meinem Badezimmer kommt, ich sehe nicht, dass Jason immer dieselben zwei Gabeln spült, wenn er kommt und ich sie immer und immer wieder in die Spüle zurücklege. Ich hab so lange in Traurigkeit, Elend, Hass und armselig gelebt, dass ich blind geworden bin. Mir wurde es egal, ich sah es ja nicht mehr.
Oh man...Ich hebe die Klamotten vom Boden auf und sortiere sie, um sie dann zu waschen.
Das ganze Geschirr aus der Spüle räume ich raus und lasse warmes rein, um gleich zu spülen.
Alles, was auf dem Boden rumliegt, werfe ich auf mein Bett, um gleich zu staubsaugen.
Ich suche nach meinem Handy und meinem IPad, um die beiden Sachen aufzuladen.Nach einer Ewigkeit sieht es schon ein bisschen mehr danach aus, wie als ich hier eingezogen bin.
Erschöpft und müde werfe ich mich auf mein Bett. Es ist 4:28. Ich habe gegen 20 Uhr angefangen. Ich habe insgesamt 8 1/2 Stunden geputzt - mit 5 Pausen -, aber ich hab es endlich geschafft.
Ich hab es geschafft! Und ich hab mein lang vermisstes Kuscheltier wiedergefunden.Am nächsten Morgen, weckt mich die Sonne. Das hat sie hier noch nie getan. Ich hab die Vorhänge direkt beim Einzug zugezogen, wegen meinem Kater und dann nie wieder aufgemacht.
Es tut gut wieder mit der Sonne im Gesicht aufzuwachen.
Ich setze mich auf und gucke mich um. Es ist immer noch etwas unordentlich, aber sagen wir mal so, ich könnte Gäste einladen, wenn ich wollte, was ich aber nicht tue.Wenn Jason heute wirklich noch kommt, wird er stolz auf das sein, was er hier findet. Vielleicht frage ich auch Mary, ob sie vorbeikommen mag. Ich denke, das würde sie sehr freuen und ich wäre froh, sie endlich wiederzusehen.
Wo ich gerade an Mary denke, fällt mir auf, dass ich ihre Kette gar nicht trage und auch nicht weiß wann und wo ich sie das letzte mal gesehen habe. Ich schaue als erstes im Bad nach und finde sie dort auch unter etlichen Taschentüchern, Wattepads und anderem Müll.
Ich wasche sie kurz im Badezimmerwaschbecken und trockne sie ab, um sie dann in meinem Nacken zu verschließen.
Ich wusste doch, irgendwas hat gefehlt. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, diese Kette überhaupt in diese Wohnung mitgenommen zu haben.Doch jetzt schaue ich mich im dreckigen Spiegel an und sehe wieder ein bisschen aus, wie ich. Ich glaube, ich bin nicht mehr so blind, wie gestern noch gedacht.
Da fällt mir ein, das wenn ich will, das Mary heute kommt ich vielleicht die Tequila Flaschen von meinem Sofa räumen sollte und das Sofa am besten direkt mit entsorgen sollte, wenn ich genug darüber nachdenke. Eigentlich, sollte ich alles aus dieser Wohnung entfernen, erst dann würde Mary sich hier wahrscheinlich irgendwie, ansatzweise wohlfühlen.
Ich bin irgendwie stolz auf mich selbst.
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My cutie
RomanceIvy Johnson wohnt in einer Wohnung über ihres besten Freundes, dessen Mutter ihre Adoptivmutter ist, die sie im Alter von 12 Jahren aufgenommen hat. An ihrem 16. Geburtstag begegnet sie auf einer Party einem Mädchen die noch einiges in ihrem Leben ä...