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Dumpf nehme ich das klingeln meines Weckers war. Erst ganz leise, dann immer deutlicher höre ich Paddy's Stimme, die gefühlvoll seinen Song 'Blurry Eyes' zum Besten gibt. Ich brauche ein paar Minuten, um richtig wach zu werden und zu realisieren, wo ich bin. Nachdem Paddy gestern gegangen ist, bin ich heulend auf dem Wohnzimmerboden zusammen gesackt. Dort scheine ich irgendwann eingeschlafen zu sein. Beim aufrichten spüre ich jeden Knochen und Muskel in mir.

Paddy's Stimme dringt immernoch in mein Ohr und sofort kommen die Erinnerungen an gestern zurück. Und damit auch meine Tränen.

Schnell suche ich mein Handy, um den Wecker endlich auszustellen. Beim Blick auf mein Display bleibt mir die Luft weg. Einige Anrufe von Paddy und etliche Nachrichten. Mit zitternden Händen lege ich mein Handy weg. Ich schaffe es nicht, die Nachrichten zu lesen. Schließlich habe ich Paddy gestern verletzt, das war offensichtlich.

Kurz entschlossen öffne ich den Chat mit Katja und sehe, dass auch sie mir geschrieben hat. Auch mehrmals. Es sind etliche Bitten, mich zu melden. Dann dringende Bitten, mich zu melden. Dann hat sie mich gefragt, ob bei mir alles okay ist. Ohne auf ihre Nachrichten zu antworten schreibe ich ihr, dass ich mich für heute krank melde. Das gleiche teile ich auch meinem Chef mit.

Danach lege ich mein Handy wieder weg und lege mich in mein Bett. Noch immer kann ich nicht aufhören zu weinen. Dabei bin ich selber Schuld an der Situation. Ich hätte Paddy zumindest die Chance einer Erklärung seiner Sicht geben müssen. Stattdessen habe ich gleich von vorn herein alles blockiert. Was wäre gewesen, wenn er mir gesagt hätte, dass er mich nur als gute Freundin mag? Wobei, das hätte für mich an der Situation auch nichts geändert.

Obwohl ich so müde bin, kann ich nicht schlafen. Immer wenn ich die Augen schließe, sehe ich Paddy vor mir, wie er auf dem Sofa sitzt und weint. Wegen mir! Und jedesmal bricht es mir mein Herz in noch kleinere Stücke. Das hier ist definitiv der Vorhof zur Hölle. Meiner persönlichen Hölle. Dabei dachte ich, habe ich die schon einmal kennen gelernt aber diese Situation tut mehr weh als alles andere meiner Vergangenheit.

Nachdem ich mich noch eine zeitlang von links nach rechts gewälzt habe, bin ich wie ferngesteuert zum Kühlschrank gelaufen und habe mir den Jägermeister geholt. Noch auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer nehme ich den ersten großen Schluck aus der Flasche. Sofort muss ich mich schütteln doch setzte die Flasche dann wieder an. Dieses Spiel wiederholt sich noch einige Male.

Irgendwann ist die Flasche leer und ich bin scheinbar doch noch eingeschlafen.

Durch ein Rütteln und lautes Rufen meines Namens werde ich wach. "Na endlich erwachst du aus deinem Koma." Diese Stimme gehört definitiv Katja. Was macht sie in meiner Wohnung und wie ist sie hier rein gekommen? "Los Merle erheb deinen Arsch und ab unter die Dusche mit dir. Du stinkst tierisch nach Alkohol". Völlig benebelt und betrunken versuche ich aufzustehen. Katja greift mir unter die Arme. Dabei sehe ich sie aus den Augenwinkel an. Sie scheint irgendwie sauer zu sein. Was läuft hier für ein Film. Ich traue mich nicht, auch nur einen Ton zu sagen. Fast wortwörtlich zerrt Katja mich unter die Dusche und stellt das Wasser eiskalt an. "Boah Katja spinnst du? Was soll der scheiß?" " Sieh zu, dass du wieder unter die lebenden kommst, dann reden wir!" Also stehe ich immernoch völlig planlos und vor allem zeitlos unter der Dusche und versuche irgendwie wieder wach und nüchtern zu werden. Mein Kopf schmerzt tierisch und mir ist schlecht. Ich schaffe es gerade noch so, die Kloschüssel zu umarmen.

Nachdem mein Magen leer ist und ich fertig geduscht bin, gehe ich zurück ins Schlafzimmer, um mir frische Klamotten zu holen. Beiläufig schaue ich auf mein Handy, um wenigstens die Uhrzeit zu erfahren. 18:39 Uhr.

Mit einem unguten Gefühl gehe ich in die Küche, wo Katja auf mich zu warten scheint. Sie hat mir ein Glas Wasser und eine Kopfschmerztablette hingestellt. Dankbar nehme ich die Tablette und das Wasser. Gleich dürften zumindest die Kopfschmerzen erträglich werden.

Here to stayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt