Seit meinem Zusammenbruch sind zwei Tage vergangen. Mittlerweile bin ich wieder zu Hause. Und Paddy. Er ist ebenfalls da. Er ist mir nicht eine Sekunde von der Seite gewichen, seitdem er mich so gefunden hatte.
Die Stimmung zwischen uns ist komisch. Irgendwie anziehend andererseits auch zum Zerreißen gespannt. Bislang haben wir nicht mehr über meine Nachricht und über uns geredet.
Immer wieder bemerke ich Paddy's Blick auf mir, dann kann ich Schmerz und Enttäuschung in seinen Augen sehen. Sein Verhalten ist jedoch anders. Er kuschelt sich mit mir auf die Couch, hält mich fest in seinen Armen und drückt mir immer wieder sanfte Küsse auf die Stirn.
Immer wieder erzählt er mir mehr aus seiner Vergangenheit, wie schlecht es ihm eine zeitlang ging und dass er letztlich eine Therapie gemacht hat, die ihm geholfen hat.
Aus dem Krankenhaus habe ich einige Broschüren mit Anlaufstellen erhalten, die seither unangetastet auf dem Wohnzimmertisch liegen. Ich habe unmissverständlich klar gemacht, dass ich daran kein Interesse habe.
Paddy ist da anderer Meinung und versucht, das Thema immer wieder anzusprechen. Doch jedesmal blocke ich sofort ab.
Ich frage mich die ganze Zeit, wie er das organisieren konnte, hier bei mir zu sein. Eigentlich müsste er in London im Studio sein bzw mittlerweile auf Promo-Tour. Wenn ich ihn dazu frage, blockt er ab.
Mir ist auch nicht entgangen, dass sein Handy permanent klingelt, er den Anrufer jedesmal weg drückt. Als es wieder klingelt, sage ich zu ihm, er soll den Anruf endlich annehmen. Zu meiner Verwunderung macht er das und verlässt das Wohnzimmer.
Dann höre ich, wie Paddy wütend wird, verstehe jedoch nicht, was er sagt. Also schleiche ich mich zum Schlafzimmer, um dem Gespräch zu lauschen.
"Pino nein! Ich habe gesagt, dass es mir egal ist, was die Presse verlangt oder Sony. Die Termine werden abgesagt und fertig...."
"Das geht euch nichts an, aus welchem Grund. Das ist privat und sollte dir als Antwort reichen..."
Da habe ich meine Antwort. Und ehrlicher, als ich hören wollte. Wegen mir hat Paddy Probleme. Er hat alle seine Termine abgesagt und deswegen Stress. Genau das ist es, was ich nie wollte.
"Auch das ist mir egal, dann zahle ich eben die Strafe. Meine Freundin braucht mich gerade und ich will ihr helfen, alles andere ist zweitrangig..."
"Ja, du hast richtig gehört. Ich bin bin in einer Beziehung. Mehr musst du nicht wissen und sage ich auch nicht. Und jetzt ist das Thema beendet. Die Termine werden abgesagt. Ich melde mich, wenn ich wieder Termine wahrnehmen kann. Tschüss!"
Ich kann nicht glauben, was ich gehört habe. Es ist gar nicht die Tatsache, dass sein Manager nun weiß, dass er in einer Beziehung ist, vielmehr die Tatsache, dass er mich nach wie vor als seine Freundin bezeichnet und ihm alles andere egal ist.
Eigentlich sollte ich schnell wieder zurück ins Wohnzimmer gehen, damit Paddy nicht merkt, dass ich gelauscht habe, doch ich bin wie erstarrt und kann mich nicht bewegen. Und dann öffnet Paddy die Tür und bemerkt mich.
"Merle, was machst du hier?" Sein Tonfall klingt verärgert und gleichzeitig besorgt.
"Du hast das Gespräch mitgehört." Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Im nächsten Moment spüre ich Paddy's Arme um meine Hüften und er zieht mich zur Couch zurück.
"Das Gespräch war nicht für deine Ohren gedacht. Warum hast du gelauscht?" - "Warum riskierst du den Ärger und sagst Termine ab wegen mir?" - "Du hast mir nicht geantwortet!" - "Du mir auch nicht. Also warum? Du kannst nicht wegen mir deine Karriere gefährden oder vernachlässigen." - "Merle ernsthaft? Du fragst nach dem 'warum'? Wie oft soll ich es dir noch sagen, was muss ich tun, damit du es endlich begreifst. Ich liebe dich und ich würde alles für dich tun. Und wenn das bedeutet, dass ich ein wenig Stress mit meinem Management oder der Plattenfirma habe, dann ist es mir egal, weil du mir wichtiger bist!" - "Du hast gesagt, dass ich deine Freundin bin aber..." - "Bist du das nicht? Nicht mehr? Hast du geglaubt, deine beschissene Nachricht beendet das zwischen uns? Einfach so. Glaubst du, ich würde all das tun, wenn du nicht mehr meine Freundin wärst?" Mittlerweile ist Paddy wirklich wütend und das lässt er mich spüren. Ja, was habe ich eigentlich gedacht?
"Ach verdammt, scheiße! Ich weiß nicht, was ich denke. Ich weiß nicht, was zwischen uns ist! Ich weiß nur, dass es mir beschissen geht und mir alles so Leid tut. Und ich weiß, dass ich nicht will, dass du meinetwegen Stress hast."
Paddy fährt sich mit der Hand durch die Haare und stützt seinen Kopf in die Hände. Er wirkt verzweifelt.
"Merle, nochmal. Ich liebe Dich! Und ich will dich, mit allem, was dazu gehört. Ich möchte mit dir zusammen sein. Dir Halt geben und dich durch schwere Zeiten begleiten. Genauso, wie die schönen Momente mit dir teilen. Du brauchst mich gerade und ich bin für dich da, alles andere ist zweitrangig. Aber ich kann dieses Hin und Her nicht mehr. In einem Moment sind wir glücklich und du vertraust mir und im nächsten Moment stößt du mich weg und ziehst dich von mir zurück, bist unerreichbar für mich. Das macht mich auf Dauer fertig. Ich verlange nichts von dir, ich zwinge dich zu nichts aber bitte entscheide dich entweder für mich, für uns oder gegen eine Beziehung, dann gehe ich. Wenn du dich für uns entscheidest, dann werden wir gemeinsam an unserer Beziehung arbeiten aber auch du musst an dir arbeiten und endlich mit deiner Vergangenheit abschließen."
Während Paddy diese Worte ausspricht, ist er aufgestanden und zur Tür gegangen. "Ich brauche etwas Abstand und muss raus. Warte nicht auf mich." Ehe ich noch etwas sagen kann, ist er verschwunden. Und ich sitze hier. Seine Worte hallen immer wieder in meinen Ohren und meine Gedanken rasen wild umher.
Mein Herz schreit nach Paddy. Meine Dämonen übertönen den Schrei und lassen mich wissen, dass sie niemals verschwinden werden.
Mit voller Wucht fege ich mit meinem Arm über den Wohnzimmertisch und alles verteilt sich im Raum, dann sinke ich mitten im Raum zu Boden und schreie alles aus mir raus. Meine Wut. Meine Verzweiflung. Meine Angst.
Eins ist klar, wenn ich Paddy jetzt ziehen lasse, dann ist es endgültig. Es gibt dann kein Zurück mehr. Andererseits müsste ich mich meiner Vergangenheit stellen, wenn ich Paddy halten will. Und eigentlich weiß ich die Antwort längst.
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Here to stay
FanfictionMerle hat eine schwierige Zeit hinter sich und fängt in Berlin ein neues Leben an, fernab von ihrer Heimat, Familie und Freunden. Bereits in den ersten Tagen stellt eine Begegnung mit einem Mann ihr neues Leben auf den Kopf. Begleitet Merle in ihrem...